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Audio: rbb 88,8 | 05.02.2024 | Im Interview: Thelma Buabeng | Quelle: dpa

Interview | Schauspielerin Thelma Buabeng über Rassismus

"Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich tatsächlich Angst habe."

Thelma Buabeng ist Schauspielerin und stößt im Alltag immer wieder auf Rassismus. Sie will angstfrei leben, doch die aktuelle Lage mit dem Erstarken der AfD findet sie erschreckend. Sie sieht vor allem die Politik in der Pflicht, Lösungen zu finden.

rbb: Frau Buabeng, in dem Buch "People of Deutschland" haben Sie einen Gastbeitrag zum Thema Alltagsrassismus geschrieben. Wie ist Ihr Alltag?

Thelma Buabeng: Was uns Migrant:innen miteinander verbindet, ist, dass wir leider alle dieselben oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Dass wir leider immer mit Alltagsrassismus, sei es im Beruf, im Privatleben, mit irgendwelchen random Leuten auf der Straße konfrontiert werden.

Deswegen gibt es dieses Buch, um nochmal zu zeigen: Wir sind da. Wir sind Teil der Gesellschaft, aber irgendwie scheinen wir doch nicht so richtig dazu zu gehören, weil man uns immer wieder darauf hinweist, dass wir nicht dazugehören.

Es ist bitter, muss ich sagen, und es ist total traurig nach all der Zeit und auch mit dem Wandel der Zeit jetzt, dass man das Gefühl hat, es wird nicht besser.

Interview | "Black History Month"

Warum Berlin im Februar schwarze Geschichte und Kultur feiert

Mit dem "Black History Month" gedenken schwarze Menschen im Februar weltweit ihrer Geschichte und feiern ihre Kultur. Das sei nötig, sagt der Aktivist Tahir Della, weil vielfach noch immer nicht angekommen sei, dass schwarze Menschen hier ihren Beitrag leisteten.

Zeichnen Sie mal so ein Bild, was passiert Ihnen?

Als ich damals ganz frisch nach Berlin gezogen bin, habe ich am Ostkreuz, als dort noch alles Baustelle war, einen Jungen nach dem Weg gefragt. Plötzlich standen fünf von seinen Kumpels um mich herum, haben mich umzingelt, angespuckt, geschlagen, beschimpft und sind dann in die nächste Bahn gestiegen und abgehauen.

Diese ganze Interaktion ging vielleicht nur 30 Sekunden lang, aber das hat mich natürlich geprägt. Das Schlimme war natürlich, dass mir keiner geholfen hat. Ganz im Gegenteil, die Leute haben mich angeguckt, als wäre ich diejenige, die irgendwas verbrochen hat.

Wie gehen Sie damit um?

Ich bin keine ängstliche Person, aber es war tatsächlich so, dass es bestimmt ein halbes Jahr gedauert hat, bis ich wieder komplett klargekommen bin. Wenn ich rausgegangen bin und es sind Männergruppen auf mich zugekommen, war ich erschrocken oder habe die Straßenseite gewechselt. Ich habe mich auch abends nicht mehr raus getraut oder habe mich von Freunden begleiten lassen. Gott sei Dank hat sich das jetzt gelegt und ich laufe angstfrei durch die Gegend.

In ihren Rollen waren sie anfangs festgelegt auf Putzfrauen, Prostituierte, Dienstmädchen, Sklaven. Das ist sicher auch interessant, das mal zu spielen, aber Sie wollten ja ein bisschen mehr, was auch geklappt hat.

Als Schauspielerin will man sich natürlich in allen Rollen entfalten. Das ist keine Frage. Natürlich möchte ich alles spielen und auch in allem gut sein. Aber ich bin hier aufgewachsen, die Sprache, die ich am besten spreche, ist tatsächlich Deutsch, ich spreche Kölsch. Also man kann sich nicht noch besser integrieren, als ich es getan habe. Beziehungsweise muss ich mich ja gar nicht integrieren, ich bin hier aufgewachsen. Und trotzdem hatten die Filmschaffenden damals ein komplett anderes Bild von mir, oder von schwarzen Menschen skizzieren wollen, wenn es um das deutsche Fernsehen ging. Und das hat sich aber Gott sei Dank jetzt auch so langsam, zumindest in meinem Fall, geändert oder verbessert.

Zur Person

Wir sind derzeit in einer Spaltungsphase, in dem jetzt manche sagen, Menschen wie Sie sollen ganz raus aus Deutschland. Dann haben wir viele AfD-Anhänger, die das Gefühl haben, vergessen worden zu sein. Und wir haben Leute, die dagegen auf die Straße gehen. Wie empfinden Sie die Lage aktuell?

Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich tatsächlich Angst habe. Und ich kann das, glaube ich, auch über meine Mitmenschen und Freunde sagen. Ich habe einen deutschen Pass. Aber ich habe auch Freunde, die wie ich lange hier leben und keinen deutschen Pass haben. Und die wirklich auch Angst haben und denken, was ist denn, wenn das jetzt tatsächlich passiert? Sie erinnern sich noch an die Zeit, wo es hieß: Wir schaffen das. Da gab es noch eine Zeit, da war die AfD eine Minderheit. Man hat mit dem Finger auf die gezeigt und hat das zum Teil auch ein bisschen belächelt.

Jetzt haben die so viel an Macht und Größe gewonnen, in so vielen Teilen. Das geht ja durch alle Schichten hindurch. Und das ist das Erschreckende. Also, ich sage ganz im Ernst, ich habe wirklich Angst.

Wir bemängeln ja oft, wir sind alle oder viele von uns in so Blasen gefangen. Wie ist es bei Ihnen? Kann es da Kommunikation geben? Jetzt wird die AfD Sie nicht einladen und Sie gehen wahrscheinlich auch nicht zum Parteitreffen. Kann man noch miteinander reden?

Ich glaube nicht, dass das die Aufgabe von mir oder uns der Bevölkerung ist oder von mir auch als Betroffener. Ich finde, die Politiker:innen müssen sich mit denen an den Tisch setzen. Ich glaube, das ist auch nicht der richtige Weg, das haben wir jetzt gesehen, mit dem Finger auf die zu zeigen und sich gegenseitig fertig zu machen. Genauso wie Sie es gesagt haben, dass nicht miteinander gesprochen wird, sondern man muss Lösungen finden. Ich finde, es geht auf jeden Fall nicht so weiter, dass man das Gefühl hat, das ist jetzt ein Kampf und einer muss gewinnen. Wir müssen irgendwie ein Zueinander finden.

Und die Menschen, die die AfD wählen, weil sie das Gefühl haben, sie wurden von den anderen Parteien und von den Politiker:innen vergessen, denen muss man, glaube ich, einfach die Chance geben, ihre Wünsche zu äußern. Also, in welche Richtung muss das denn gehen, dass es nicht so radikal wird, dass die einzige Lösung die AfD ist.

Interview | Protest gegen Rechtsextremismus

"Wir sind hoffnungsvoller"

Wenn das Bündnis #unteilbar Spremberg in der Kleinstadt gegen Rechtsextremismus und für Demokratie demonstriert, sind Anfeindungen keine Seltenheit. In den letzten Wochen ist aber auf einmal vieles anders, sagt Mitbegründerin Bianca Broda. Der rbb sendet 20:15 Uhr ein rbb24 spezial über Proteste gegen die Bedrohung der Demokratie: Die Mutbürger  

Wir haben zu Beginn des Interviews über Alltagsrassismus gesprochen. Wenn das ein paar Mal die Woche passiert, ich kann mir das gar nicht vorstellen, wie man damit umgeht.

Ich glaube, ehrlich gesagt, ich habe witzigerweise erst mit einer Freundin darüber geredet, auch in unserer Kindheit, dass wir viele Dinge auch gar nicht mehr so richtig wissen oder auch weggeschoben haben. Ich glaube, man hat von Anfang an irgendwie als Migrant:innenkind einen Schutzpanzer auf. Ich glaube, Gott sei Dank, wird vieles von alleine so abgefiltert, weil ganz im Ernst, wenn ich alles, was um mich herum passiert, auch meinen Mitmenschen passiert, immer an mich ranlassen würde in der ganzen Wucht, dann könnte das keiner überleben.

Das wäre viel zu viel. Man schottet sich dann eh ab und versucht sich einfach mit Menschen zu connecten, die einem auch auf Augenhöhe begegnen.

Aber man ist natürlich nicht davor gefeit. Vor ein paar Monaten hat mir, ich weiß natürlich nicht, ob es daran liegt, dass ich schwarz bin, aber ich bin die Straße lang gegangen und mir wurde eine Safttüte aus dem fahrenden Auto entgegengeschmissen. Natürlich kommt bei mir der Gedanke auf, das sind vielleicht Rechte, die ein Problem damit haben, dass ich hier rumlaufe.

I don't know.

Das sind Dinge, die passieren, mit denen ich immer mal wieder rechnen muss. Von meinen Mitmigrant:innen hier weiß ich, dass man in bestimmte Stadtteile nicht geht, dass man nicht so weit in den Osten fährt, dass man bestimmte Strecken meidet und so. Das ist schon traurig.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Thelma Buabeng führte Ingo Hoppe, rbb 88,8. Der Text ist eine gekürzte und redigierte Fassung.

Sendung: rbb 88,8, 05.02.2024, 18:45 Uhr

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