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Quelle: Picture Alliance/Sulupress/Marc Vorwerk

Berlin

Kammergericht bestätigt erstmals Nötigungs-Urteil wegen Blockade

In Berlin ist ein Urteil gegen einen Klimaaktivisten wegen einer Straßenblockade erstmals auf höchster richterlicher Ebene als Nötigung eingestuft und bestätigt worden. Entsprechend habe das Berliner Kammergericht bereits am 31. Januar entschieden, wie eine Gerichtssprecherin dem rbb am Dienstag mitteilte. Das höchste Berliner Strafgericht habe damit die Entscheidungen der beiden Vorinstanzen bestätigt. Damit ist die Verurteilung eines 62-Jährigen zu einer Geldstrafe von 600 Euro rechtskräftig, betonte die Gerichtssprecherin weiter.

Das Mitglied der Klimagruppe "Letzte Generation" hatte sich am 11. Februar 2022 an einer Straßenblockade in Berlin-Spandau beteiligt. Einige Teilnehmer hatten sich dabei an der Straße festgeklebt, der inzwischen 62-Jährige jedoch nicht. Gleichwohl wurde der Mann wegen seiner Beteiligung an der rund 20-minütigen Blockade verurteilt - zu Recht, wie das Gericht in dritter Instanz entschied. (Az.: 3 ORs 69/23)

Zugleich habe der Senat betont, dass es bei den Fällen keinerlei pauschale Bewertungen geben dürfe, teilte die Gerichtssprecherin mit. Bei der Beurteilung der Straßenblockaden müssten jeweils die konkreten Umstände berücksichtigt werden - beispielsweise Dauer und Ausmaß sowie die Motive der jeweiligen Angeklagten.

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Angeklagter ging zwei Mal in Berufung

Der 62-Jährige hatte sich an der Aktion der Klimaaktivisten auf dem Siemensdamm beteiligt. Laut Kammergericht konnten wegen der Blockade mindestens 50 Fahrzeuge nicht ausweichen und steckten fest. Zunächst hatte das Amtsgericht Tiergarten den Angeklagten am 19. Januar 2023 der Nötigung für schuldig befunden und eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,- Euro verhängt. Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Berufung eingelegt; er strebte einen Freispruch an.

Am 7. Juli 2023 änderte das Landgericht Berlin das angefochtene Urteil ab und reduzierte die Anzahl der Tagessätze auf 20. An der Verurteilung wegen Nötigung hielt das Landgericht allerdings fest. Dagegen legte der 62-Jährige erneut Berufung ein, letztlich ohne Erfolg, wie das Kammergericht nun entschied.

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Bislang eine Haftstrafe wegen Straßenblockade

Bei der Berliner Staatsanwaltschaft haben die Aktivitäten der Klimagruppe in den vergangenen zwei Jahren bislang zu knapp 3.940 Verfahren (Stand 13.2.) geführt, wie ein Behördensprecher am Dienstag auf Anfrage sagte. Nach einer Abfrage der vom Deutschen Richterbund herausgegebenen "Deutschen Richterzeitung" bei exemplarischen Städten ist Berlin die Großstadt mit der höchsten Zahl von Strafverfahren gegen Klimaaktivisten.

Das Amtsgericht Tiergarten hat nach Angaben der Gerichtssprecherin inzwischen Hunderte Strafbefehle gegen Mitglieder der Klimagruppe Letzte Generation erlassen, die von der Staatsanwaltschaft beantragt wurden. In der Regel geht es um Nötigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Meist wurden die Klima-Aktivisten zu Geldstrafen verurteilt. Im September vergangenen Jahres wurde aber auch eine Haftstrafe ausgesprochen: Eine Klima-Aktivistin bekam u.a. wegen Nötigung acht Monate Gefängnis ohne Bewährung. Die 41-Jährige hatte im Zeitraum vom 10. Oktober bis 19. Oktober 2022 an mehreren Straßenblockaden der "Letzten Generation" teilgenommen.

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"Letzte Generation" rückt von Klebe-Aktionen ab

Ende Januar hat die Klimaschutz-Organisation "Letzte Generation" eine Abkehr von ihren Klebe-Aktionen hin zu anderen Protestformen angekündigt. "Das Festkleben war wichtig, um nicht direkt von der Straße gezogen zu werden und somit unignorierbar protestieren zu können. (…) Von nun an werden wir in anderer Form protestieren - unignorierbar wird es aber bleiben", heißt es in einer Mitteilung vom Montag.

Ab März werde man zu "ungehorsamen Versammlungen im ganzen Land" aufrufen. Anstelle von Straßenblockaden werde man sich dort treffen, "wo wir nicht ignoriert werden können", kündigen die Aktivisten an. Zudem wolle man künftig Politiker und Entscheider "öffentlich und vor laufenden Kameras zur Rede stellen" sowie verstärkt Orte wie Öl-Pipelines, Flughäfen und Betriebsgelände von Energieerzeugern wie RWE aufsuchen und dort protestieren.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.02.2024, 17:45 Uhr

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