Hubschraubereinsätze
Zehn Starts und Landungen pro Tag: Ein neuer Hubschrauber-Landeplatz an einem Klinikum im Berliner Nordosten sorgt in der benachbarten Gemeinde Panketal für Ärger. Viele Anwohner beklagen den zusätzlichen Lärm – manche wollen schon wegziehen.
Es ist laut in Panketal im Brandenburger Landkreis Barnim: Viele Bewohner beklagen den zugenommenen Lärm. Der stammt von einem Anfang Januar in Betrieb genommenen, neuen Bodenlandeplatz für Hubschrauber in einem nahliegenden Berliner Krankenhaus, direkt an der Grenze zu Brandenburg. Nur rund 150 Meter Luftlinie und ein kleiner Wald trennt die Häuser in Panketal und den neuen Landeplatz des Helios-Klinikums Berlin-Buch.
"Wir haben große Probleme damit, dass hier die untere Luftfahrtbehörde völlig an den Anwohnern vorbei die Genehmigung erteilt hat", beklagt Panketals Bürgermeister Maximilian Wonke (SPD). Auf ihre Forderungen und Einwände sei nicht eingegangen worden, es finde kein aktiver oder passiver Schallschutz statt, so Wonke. Dadurch hätten die Anwohner während des Flugbetriebs erhebliche Einschränkungen.
Auf dem Dach des Klinikums existierte bereits ein Landeplatz, der laut Daten der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg etwa 230 Mal im Jahr benutzt wird. Die Behörde rechnet für den neuen Bodenlandeplatz anfangs mit 3.000 An- und Abflügen pro Jahr.
Das bedeutet eine Zunahme des Flugbetriebs um das Vierzehnfache. Damit "können wir dann wirklich nicht mehr leben“, sagt Liane Reinecke, eine Anwohnerin. Andere Panketaler berichten, dass bereits jetzt ungefähr zehnmal am Tag ein Helikopter am Klinikum startet oder landet.
Der neue Landeplatz war 2019 vom Land Berlin ausgeschrieben geworden, weil es in der Hauptstadt bei steigender Zahl von Rettungseinsätzen nur zwei sogenannte Luftrettungsstationen gab - Orte, an denen Hubschrauber dauerhaft für die Luftrettung stationiert sind - eine in Marzahn, eine in Steglitz. Ein dritter Standort wurde gesucht und schließlich in Buch gefunden.
Seit der Inbetriebnahme soll es sehr laut sein, beklagen die Anwohner in Panketal. Berlins zuständige Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt teilte dem rbb mit, dass die am stärksten von Fluglärm belasteten Grundstücke in der Goethestraße in Panketal liegen. "Der berechnete äquivalente Dauerschallpegel beträgt dort bis zu 59 Dezibel", heißt es.
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Lärm ab 60 Dezibel gesundheitsschädlich. Doch Messungen von Anwohnern mit entsprechenden normierten Geräten weisen höhere Werte auf. "Die Werte, die wir festgestellt haben, liegen zwischen 70 und 81 Dezibel", sagt ein Anwohner dem rbb.
Die Luftfahrtbehörde und das Klinikum haben im Genehmigungsverfahren vereinbart, dass die Abflüge über Berliner Gebiet zu erfolgen haben. "Überflüge über die Wohnbebauung der Gemeinde Panketal sind möglichst zu vermeiden", steht in den Genehmigungsdokumenten. Allerdings sind Ausnahmen zulässig, zum Beispiel bei ungünstigen Windverhältnissen oder wenn es besonders schnell gehen muss. Doch die Anwohner berichten, dass immer wieder über Panketal geflogen wird.
Die Anwohner und Bürgermeister Wonke betonen, niemand hätte etwas gegen lebensrettende Hubschraubereinsätze. Aber viele Flüge könnten auch außerhalb des Wohngebietes erfolgen. Denn in Panketal wird bezweifelt, dass alle Flüge tatsächlich notwendig sind.
"Was wir im Ort beobachten, sind oft Flüge, wo nur ein Notarzt zum Ort hingebracht wird, weil der Rettungssanitäter nicht dazu in der Lage ist und nicht befugt ist, einfache Medikamente wie Schmerzmittel oder Ähnliches zu verabreichen", sagt Bürgermeister Wonke. In solchen Fällen handele es sich eher um einen "Notarzt-Taxi" und keinen Rettungsflieger.
Der rbb hat die Berliner Feuerwehr nach der angeblichen Flug-Praxis gefragt und bis Donnerstagabend keine Antwort erhalten.
In zwei Jahren will die Luftfahrtbehörde den Genehmigungsunterlagen zufolge den Lärm in der Panketaler Goethestraße messen und die Daten auswerten. Solange werden die Anwohner mit dem Fluglärm leben müssen.
"Ich habe Beschwerden, schon seit eineinhalb Jahren, starke Bauchschmerzen, seitdem ich weiß, dass das hier wirklich genehmigt und installiert, wird", sagt Anwohnerin Reinecke. Sie fühle sich aufgrund des neuen Hubschrauber-Landeplatzes "etwas vertrieben" und habe deswegen für sich schon einen Entschluss gefasst: "Ich werde Panketal verlassen und wegziehen."
Mit Material von Cenan Köhler, Stefan Kunze und Juan F. Álvarez Moreno
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.02.2024, 16:40 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen