Interview | Aufstieg zum Kilimandscharo
Hanno Kramer aus Seddin (Potsdam-Mittelmark) hat mit seiner Frau den Kilimandscharo bestiegen - ohne bergsteigerische Fähigkeiten. Die sind auch gar nicht notwendig, wie er berichtet. Der Aufstieg ist dennoch eine Tortur für Körper und Geist.
rbb|24: Hanno Kramer, Sie haben rund um Ihren 57. Geburtstag den Kilimandscharo bestiegen. Mit 5.895 Metern ist er der höchste Berg Afrikas. Ohne Ausrüstung, ohne wirkliche Vorkenntnisse - sind Sie verrückt?
Hanno Kramer: Ich war mit meiner Frau Christine unterwegs, Berge sind unser Ding. Zum 50. Geburtstag haben Freunde vom Kilimandscharo angerufen und gratuliert. Damals ist die Idee entstanden, jetzt haben wir es gemacht. Es ist aber gar nicht so verrückt, wie man denkt und auch nicht mit der Besteigung des Mount Everest zum Beispiel vergleichbar. Es ist keine alpine Ausrüstung nötig, es ist eher eine ambitionierte Bergwanderung. Die letzten 1.000 Meter haben es sich aber in sich.
Das schafft also jeder?
Auf keinen Fall, uns sind viele Menschen entgegengekommen, die den Aufstieg abbrechen mussten: Kopfschmerzen, Übelkeit, Kreislaufprobleme. Es geht auf fast 6.000 Meter hoch, das ist gewaltig. Der Körper braucht Zeit, muss sich akklimatisieren. Wir sind deshalb erst vier Tage zum Mount Meru, ein Vulkan in Tansania, aufgestiegen und dann erst zum Gipfel des Kilimandscharo aufgebrochen.
Gestartet sind wir bei 30 Grad im Regenwald, oben waren minus 10 Grad. Es weht permanent ein eisiger Wind, das ist hart. Da ist eine Mondlandschaft, eine Vulkanwüste. Der Wind pfeift ohne Erbarmen. Es ist richtig kalt. Da muss man schauen, dass man immer wieder den Kreislauf in Schwung bringt. Aber man sieht den Gipfel immer, man hat das Ziel immer im Blick. Der Gipfeltag war schon harte Arbeit. Beim Abstieg hatte ich starke Kopfschmerzen, brauchte den ganzen Fokus, mental und körperlich. Da darf man nicht nachdenken, muss sich durchbeißen.
Wie lief der Gipfelsturm?
Der letzte Aufstieg begann um 0:00 Uhr. Sieben Stunden lang sind wir im Schneetreiben geradewegs nach oben gewandert. Es waren widrigste Bedingungen, der Guide musste den Weg im Schnee suchen. Es sind 20 Zentimeter Neuschnee gefallen. Das war richtig Arbeit, ich war fix und fertig. Im Idealfall kann man vom Gipfel aus den Sonnenaufgang sehen. Wir hatten Pech: Schneetreiben, Nebel und Wind. Wir konnten keine zehn Meter schauen. Danach sind wir noch 2.300 Höhenmeter runter.
Wie haben Sie sich vorbereitet?
Ich bin einigermaßen trainiert, meine Frau auch. Wir wandern, laufen und joggen viel rund um Seddin. Die Vorbereitung hätte aber besser sein können. Wir wollten in den Alpen trainieren – das musste aber ausfallen. Daher waren wir noch ein Wochenende im Harz und sind den Brocken innerhalb von 36 Stunden zweimal hochgelaufen, immerhin 20 Kilometer und rund 700 Höhenmeter pro Tour. Aber, der Aufstieg zum Gipfel des Kilimandscharo war schon echt ein Ding: 10 bis 14 Kilometer pro Tag – es geht fast nur bergauf. Rund 1.000 Höhenmeter pro Tag sind zu bewältigen. Gerade die letzten 1.000 Meter sind brutal steil, du guckst eine dunkle Wand an. Eine Tortur.
Wie muss man sich das vorstellen? Rucksack auf und los?
Es muss eine geführte Tour sein – mit Guide und Helfer, die die Rucksäcke tragen. Allein darf man den Kilimandscharo-Nationalpark gar nicht betreten. Wir sind in Moshi am Südhang des Kilimandscharo gestartet und haben die Marangu-Route gewählt. Der Aufstieg dauert sechs Tage, man wandert von Hütte zu Hütte. Also das sind keine Hütten, wie wir sie kennen, sondern eher spartanische Holzkonstruktionen. In denen haben wir geschlafen.
Gibt es schon Pläne für eine nächste Tour?
Wie wollen den Ararat, den höchsten Berg der Türkei, besteigen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Philipp Rother, rbb|24
Artikel im mobilen Angebot lesen