Ruhegeld, Gehalt, Abfindung
Zwei von der damaligen Intendantin Patricia Schlesinger ausgetauschte rbb-Direktoren kassierten nach ihrer Amtszeit doppelt und dreifach. Jetzt hat der Sender in einem Fall die monatlichen Ruhegeldzahlungen eingestellt. Von Gabi Probst
Mit Beginn ihrer Amtszeit 2016 kehrt Patricia Schlesinger im rbb aus. Die damalige Intendantin setzt ihr vertraute Personen auf wichtige Posten. Andere sollen gehen. Der Abschied wird ihnen mit einem goldenen Handschlag offenbar leicht gemacht. So verlassen zum Beispiel der damalige Juristische Direktor und die Programmdirektorin Ende 2016 den Sender.
Der Jurist erhält danach neue Jobs in der ARD. Die Programmdirektorin wird Professorin für Journalismus.
Es dauert nur drei Monate nach Schlesingers Amtsantritt als Intendantin, dann ist die 18 Jahre dauernde Beschäftigung des damaligen Juristischen Direktors des rbb offiziell abgewickelt. Insider sagen, Schlesinger hätte das geschickt eingefädelt, um ihre Kandidatin zu installieren.
Der Justiziar schreibt dazu, sein Wechsel hätte einzig und allein mit der Berufung auf einen völlig neuen Posten in der ARD zu tun gehabt. Er sei dafür auserwählt worden. Schlesinger hätte den Vorschlag lediglich unterstützt.
Jedenfalls wird der damals 61-Jährige Anfang 2017 "Steuermann" einer geplanten ARD-Strukturreform. Der Jurist bekommt auf dem Mediencampus in Potsdam ein Büro und eine Assistentin zugewiesen. Fachlich ist er "der und dem ARD-Vorsitzenden zugeordnet", heißt es in seinem Dienstvertrag, der mit neun Rundfunkanstalten abgeschlossen wird. Den ARD-Vorsitz hat damals der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR).
Unterschrieben ist der Vertrag jedoch von rbb-Intendantin Patrica Schlesinger. Sein Jahresgehalt soll nach Informationen von rbb24 Recherche mehr als 200.000 Euro jährlich, eine monatliche Aufwandsentschädigung von 250 Euro, plus 350 Euro Kfz-Pauschale betragen haben, überwiesen vom rbb. Die anderen acht Rundfunkanstalten erstatten dem Sender anteilig die Kosten. Der Jurist selbst will sich auf Anfrage nicht zu seinem Gehalt äußern.
Nach zwei Jahren wird sein Vertrag nicht verlängert. Es soll Kritik innerhalb der ARD gegeben haben. Er selbst schreibt dazu: "Gewiss gab es Personen, die sich mehr von mir erwartet haben." Und er weist noch darauf hin, dass es nach seiner Auffassung "eine kleine, aber sehr einflussreiche Gruppierung" gegeben haben soll, die seine "Position in vielfältigster Weise unterminiert" habe. Einen Teil seiner Aufgaben übernehmen nach Vertragsende Mitarbeiter des MDR.
Doch für ihn geht es weiter. Anfang 2019 übernimmt er für vier Jahre wieder einen neu geschaffenen Posten. Er wird Rundfunkdatenschutzbeauftragter für fünf öffentlich-rechtliche Anstalten: den Bayrischen Rundfunk (BR), den Saarländischen Rundfunk (SR), den Westdeutschen Rundfunk (WDR), das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) sowie das Deutschlandradio (DR). Bis zum 31.12.2020 erhält der Jurist sein außertarifliches Gehalt von rund 18.700 Euro im Monat weiter vom rbb, die anderen Anstalten erstatten dem Sender ihren Anteil. Ende 2020 endet der Vertrag.
Ab den 1. Januar 2021 bezieht der nunmehr 64-Jährige sein vertraglich zugesichertes Ruhegeld in Höhe von rund 12.000 Euro monatlich. Dass er Ruhegeld von dem Tag an beziehen kann, an dem er nicht mehr für den rbb tätig ist, steht in seinem Vertrag, den er als Juristischer Direktor schon mit der damaligen Intendantin Dagmar Reim - der Vorgängerin von Patricia Schlesinger - abschloss.
Dort ist auch geregelt, dass er zusätzlich zum Ruhegeld "Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbständiger Tätigkeit oder/und anderer Versorgungsleistungen bis zu 90 Prozent des Nettobetrages aus der zuletzt vereinbarten Gesamtvergütung" beziehen kann. Und genau das passiert: Denn er arbeitet weiter als Datenschutzbeauftragter für die fünf Rundfunkanstalten. Jetzt aber auf Honorarbasis, abgerechnet über den BR.
Dessen Pressesprecher teilt dazu mit: "Die Honorierung erfolgte umlagefinanziert zwischen BR, Deutschlandradio, SR, WDR und ZDF." Die genaue Summe will der BR-Sprecher nicht nennen. Auch der Jurist nicht. Doch er bestätigt auf Anfrage: "In den beiden letzten Jahren meiner Tätigkeit bestand mein 'Gehalt' aus dem Ruhegeld und einem Honorar. Zahlenangaben kommentiere ich generell nicht." Auch habe er den BR über die Ruhegeldzahlung durch den rbb informiert. Der BR hat das bislang nicht bestätigt.
Nach Einschätzung von Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin, könnte diese Vertragsgestaltung sittenwidrig sein. "In einem ARD-Verbund sollten Verdienste gegengerechnet werden. Diese Verträge sollte der rbb überprüfen lassen." Das genau macht der rbb gerade. Man prüfe die Ruhegeld-Verträge generell, heißt es auf Anfrage aus der Presseabteilung.
Im Fall der ehemaligen Programmdirektorin gibt es nun erste Konsequenzen. Nach Informationen von rbb24 Recherche wurde ihre monatliche Ruhegeldzahlung von zuletzt rund 8.200 Euro im Dezember 2023 eingestellt. Die Pressestelle des Senders teilte zu den Recherchen lediglich mit, dass der rbb "zu einzelvertraglichen Regelungen und Vorgängen leider keine Auskunft geben" könne.
Schlesinger und die damals 53-Jährige unterschreiben 2016 einen Aufhebungsvertrag. Doch sie verlässt den Sender schon vor dem vertraglichen vereinbarten Ende ihrer Tätigkeit, erhält jedoch weiter ihr Monatsgehalt von 15.600 Euro, so steht es im Aufhebungsvertrag. Danach bekommt sie nach Informationen von rbb24 Recherche ihr vertraglich zugesichertes Ruhegeld [tagesschau.de].
Doch nach neuesten Recherchen gesteht Schlesinger der heutigen Professorin bei ihrem Abgang zusätzlich zu ihrem Ruhegeld auch noch eine Abfindung im sechsstelligen Bereich zu: Vertraglich zugesichert sind 240.000 Euro. Diese erhält sie "als Entschädigung für die vorzeitige Beendigung ihrer Amtszeit und den Verlust ihrer Anstellung". So steht es im Aufhebungsvertrag, der die Unterschrift von Schlesinger trägt.
240.000 Euro Abfindung für die ehemalige Programmdirektorin. Noch im gleichen Jahr stellt die rbb-Geschäftsleitung unter anderem das regionale Politikmagazin "Klartext" ein.
Auf Anfrage erklärt die ehemalige Direktorin, dass sie beim "Weggang vom rbb Verschwiegenheit vereinbart" habe. "Daran halte ich mich", schreibt sie weiter. Auf die Frage, ob sie wegen der Einstellung der ihr vertraglich zugesicherten Ruhegeldzahlungen gegen den rbb vorgehen wird, will sie sich "nicht äußern". Anfragen an den Anwalt von Patricia Schlesinger bleiben unbeantwortet.
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.02.2024 , 8:00 Uhr
Beitrag von Gabi Probst
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