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Audio: Fritz | 14.03.2024 | Aljoscha Huber | Quelle: imago images/chromorange

Social-Media-Phänomen "Cash Catches"

Wenn das Geld auf der Straße liegt

20 Euro im Gebüsch, ein Fuffi in der Mauerritze: In sozialen Netzwerken sorgen sogenannte "Cash Catches" für Wirbel. Kurze Clips geben Hinweise auf Geldverstecke, anschließend beginnt die Jagd. Aber wer verteilt das Geld und wieso? Von Aljoscha Huber

Es ist ein kurioser Anblick: Junge Menschen kommen aus allen Richtungen in den Neuköllner Körnerpark gerannt, blicken prüfend auf ihr Handy und suchen dann hektisch das Gebüsch ab.

Dahinter steckt ein Internet-Phänomen, das derzeit viral geht: Sogenannte "Cash Catches" oder auch "Treasure Hunts". Das Prinzip ist simpel: Eine Person filmt sich dabei, wie sie zehn bis 50 Euro Bargeld an einem öffentlichen Ort versteckt, dreht anschließend ein kurzes Video der Umgebung und postet es dann in Sozialen Netzwerken. Die Follower versuchen den Ort so schnell wie möglich zu erraten und machen sich auf die Suche. Wer als Erster am Versteck ist, kann das Geld behalten.

Wer steckt hinter den "Cash Catch"-Seiten?

Die drei BWL-Studenten Heiner, Marvin (beide 25 Jahre alt) und Esken (20) betreiben seit Anfang Januar den Kanal @geocash_berlin auf Instagram. Es ist die größte derartige Seite auf der Plattform für Berlin. Offenbar erfreut sie sich wachsender Beliebtheit. Mehr als 30.000 Follower verzeichnet die Seite inzwischen. Täglichen kommen rund 500 Follower hinzu, wie Marvin stolz erzählt.

Die drei verraten nur ihre Vornamen, sie möchten anonym bleiben. Auch in den Videos sind sie nie zu sehen. Sie befürchten, mit ihrem Hobby könnte es vorbei sein, wenn Follower ihre Gesichter kennen.

Vorbild für solche Seiten, die gerade in allen deutschen Großstädten aus dem Boden zu schießen scheinen, ist ein niederländischer Account, dem mehr als 200.000 Menschen folgen. "Mir wurden die Videos in die Timeline gespült und ich habe direkt geschaut, ob es das in Berlin gibt, weil ich selbst auf die Jagd gehen wollte", sagt Marvin. Gab es noch nicht - und so wurden die drei Freunde selbst aktiv. Mittlerweile ist @geocash_berlin nicht mehr die einzige Seite, die auf diese Art Geld versteckt: Inzwischen gibt es in Berlin mehrere davon.

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Täuschung oder harmlose Schnitzeljagd?

Ein häufiger Vorwurf in den Kommentaren lautet, das Geld werde nur für die Videos deponiert und könne gar nicht gefunden werden. Die drei Köpfe hinter @geocash_berlin fordern deshalb die Finder:innen auf, ein Bild mit dem Geld zu schicken, das sie dann als Beweis auf ihrer Seite teilen können.

Doch warum verschenkt man einfach so Geld? "Wir finden es schön, Menschen eine Freude zu machen", sagt Esken. Oft warten sie in der Nähe, beobachten, wie die glücklichen Sucher:innen sich freuen und sprechen sie dann an. "Es ist auch einfach cool, Zeit an der frischen Luft zu verbringen und wir entdecken dadurch selbst auch viele Orte, die wir noch nicht kannten", so Marvin.

Finanziert durch Bafög und Nebenjobs

Jeden Tag verstecken sie zehn bis 50 Euro, sagen sie. Das geht ins Geld: "Wir müssen jeden Tag zum Geldautomaten", erzählt Esken. Bisher hätten sie zusammen rund 700 Euro ausgegeben. "Wir haben alle Nebenjobs und bekommen Bafög", erklärt Marvin. Ein Teil davon lande dann im Gebüsch.

Ein teures Hobby, das sich irgendwann lohnen soll. Neben der Freude am Schenken machen sie kein Hehl aus ihrem Geschäftsinteresse: Langfristig wollen sie ihre Social-Media-Reichweite zu Geld machen. Zum Beispiel durch Kooperationen, bei denen Läden und Marken Produkte sponsern, die dann versteckt werden. Einmal habe er 30 Minuten im Regen gewartet, bis sich ein unbeobachteter Moment zum Verstecken geboten habe, sagt Marvin. "Wer Erfolg haben will, muss leiden."

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Innerhalb weniger Minuten weg

Es ist kurz vor 12 Uhr mittags, über Neukölln scheint die Sonne. Gemütlich spazieren die drei drauf los, um das nächste Versteck zu finden. Am nördlichen Rand des Körnerparks fallen ihnen sechs Büsche auf und sie beginnen über die Vor- und Nachteile der einzelnen Gewächse zu fachsimpeln. Durch die tägliche Suche nach einem guten Versteck hätten sie nebenbei jede Menge Wissen über Grünflächen und Pflanzen erlangt.

Lachend vergleichen sie die Sträucher. Bei welchem wachsen die Verzweigungen am dichtesten? Wo wirken sie tragfähiger? Schließlich werden 20 Euro im Grün versteckt - versehen mit einer Visitenkarte. Auf ihr ist ein QR-Code, der zur Instagram-Seite der drei führt. Im Prenzlauer Berg sei vor Kurzem ein Versteck nach nur zwei Minuten gefunden worden, sagt Esken. Doch der Schein in den Büschen sei etwas schwerer zu finden. "Heute dauert es zehn bis 15 Minuten, schätze ich."

Zum Schluss legen sie ihre digitale Fährte aus. Der Schwenk, der die Umgebung zeigt, ist nur sechs Sekunden kurz. Doch schon nach zwei Minuten hat jemand den richtigen Ort in den Kommentaren erraten. Die drei positionieren sich so, dass sie das Versteck gut im Blick haben. Nach gut zehn Minuten kommen plötzlich fast zeitgleich mehrere junge Leute aus verschiedenen Richtungen in den Park gerannt und fangen an zu suchen. "Einer ist schon ziemlich heiß am Busch", sagt Heiner. "Der hat es gleich." Nach 13 Minuten ist die Schnitzeljagd vorbei und der glückliche Gewinner hält die 20 Euro in den Händen.

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Vielen geht es um die Schnitzeljagd

30 Minuten nachdem der Post abgesetzt wurde, kommen immer noch Leute in den Park, um den Geldschein aufzuspüren. Warum begeistert dieses Versteckspiel so viele, obwohl es um relativ kleine Geldbeträge geht und die Aussicht auf Erfolg relativ gering ist? Vielen Teilnehmenden scheint es eher um die Jagd zu gehen als ums Geld.

"Mir macht das Rätseln Spaß", sagt eine der Suchenden. "Wenn ich zufällig in der Nähe bin, versuche ich so schnell wie möglich da zu sein", sagt eine andere. Sie habe ihre Mittagspause für die Schnitzeljagd geopfert, sagt sie. Diesmal war sie zu spät. "Aber mir geht es nicht um das Geld."

Esken und Marvin haben noch eine andere Erklärung, warum die "Cash Catches" so gut ankommen: Ein Großteil der Follower seien Schüler:innen und für die seien 20 Euro eben doch eine Menge Geld.

Sendung: Fritz, 14.03.2024, 17:20 Uhr

Beitrag von Aljoscha Huber

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