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Audio: Antenne Brandenburg | 28.03.2024 | Matthias Gindorf | Quelle: rbb/P.Rother

Blumenkübel statt Parkplätze

Potsdam testet in erster Straße die autoarme Innenstadt

Mehr Platz, weniger Autos: In einem Modellversuch soll die Potsdamer Dortustraße verkehrsberuhigt werden. Das sorgt nicht bei allen Menschen für Freude. Vor Ort sorgen sich vor allem die Geschäftsleute. Von Philipp Rother

Bislang standen die parkenden Autos in der Potsdamer Dortustraße Spiegel an Spiegel - wurde eine Stellfläche frei, blieb sie nicht lange unbesetzt. Nun soll der rund 400 Meter lange Abschnitt zwischen Brandenburger Straße und Hegelallee mit vielen Bars, Restaurants und kleineren Geschäften zum verkehrsberuhigten Bereich werden.

Seit ungefähr zwei Wochen laufen in der Potsdamer Innenstadt die Arbeiten. Nun bestimmen Pflanzenkübel das Bild. Auf den Flächen, die bisher als Parkplätze dienten, wurden Sitzgelegenheiten, Beete und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder errichtet. So sollen die Gehwege entlastet und auch mehr Freiräume für Restaurants geschaffen werden. Zudem wurden auf der Straße neue Behindertenstellplätze und Kurzzeitparkplätze markiert.

Straßenabschnitt soll "neu und einladend" gestaltet werden

"Zusammen mit den Anwohnenden, Gewerbetreibenden und Gastronomen soll ausprobiert werden, wie der Straßenraum in dem Straßenabschnitt neu und einladend gestaltet werden kann", teilte die Stadt mit. Geplant ist eine einjährige Erprobungsphase, die am Donnerstag offiziell beginnt.

Danach will die Stadt mit den Anrainern gemeinsam entscheiden, wie die neue Gestaltung der Straße "in einen dauerhaften Zustand überführt" werden kann.

Grundlage für den Modellversuch ist das Konzept für eine autoärmere Innenstadt, das die Stadtverordneten im Mai 2023 beschlossen hatten. Im Rahmen dessen sollten Pläne für einzelne Straßenabschnitte erstellt werden, die dafür sorgen, dass sich der Autoverkehr und die Parkflächen reduzieren.

Sitzgelegenheiten und Pflanzenkübel wurden aufgestellt. | Quelle: rbb

In der Dortustraße müssen nun die Besucherparkplätze weichen, die Bewohnerparkmöglichkeiten werden weitgehend in die Hegelallee verlagert. Insgesamt werden mehr als 100 Stellplätze gestrichen.

Darüber hinaus gelten auf dem Straßenabschnitt laut Stadt künftig folgende Grundsätze:

• Autos dürfen nur Schrittgeschwindigkeit fahren

• geparkt werden darf nur innerhalb gekennzeichneter Flächen

• Autos dürfen Fußgänger nicht gefährden oder behindern

• Wenn nötig, muss der Fahrzeugverkehr warten

• Fußgänger dürfen den Autoverkehr nicht unnötig behindern

• Menschen dürfen die ganze Straße nutzen, spielende Kinder sind überall erlaubt

Konzept soll Attraktivität deutlich steigern

"Die Lebensräume sind für die Menschen da und nicht für die Autos", sagt Sarah Zalfen (SPD), Mitglied der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Das neue Konzept müsse jetzt ausprobiert werden. So sieht es auch Bernd Rubelt (parteilos): "Wir können, glaube ich, mit diesem Konzept die Attraktivität deutlich steigern. Und die Menschen können sich frei bewegen." Dennoch will er kritisch bleiben: "Wenn die Qualitätsziele nicht erreicht werden, müssen wir mit den Stadtverordneten darüber reden, ob man was verändern kann", sagt der Beigeordnete für Stadtentwicklung und Umwelt. "Wir sind da ein Stück beweglich und werden das in den nächsten Monaten beobachten."

"Ich weiß, dass meine Kinder hier nicht spielen können, weil ein SUV nach dem anderen hier parkt", äußert der Stadtverordnete Sascha Krämer (Linke): "Ich möchte, dass sich die Menschen hier wohlfühlen, dass sie ihre Kinder hier spielen lassen können und sich selber auf die Bank setzen können."

Schilder stehen schon, sind aber noch verdeckt | Quelle: rbb

Große Skepsis herrscht dagegen bei den Gewerbetreibenden. Die Händler beklagen, die Stadt habe sie nicht in die Planungen mit einbezogen, Mails dazu seien nie beantwortet worden. Sie fürchten herbe Umsatzeinbußen. Sie glauben, dass Kunden lange Fußwege mit schweren Einkäufen scheuen. "Ich finde dieses ganze Thema unheimlich schwierig. Warum macht man eine Situation kaputt, die sich über Jahre entwickelt hat?", fragt Ladenbesitzer Jens Wiedeck. Es sei in den vergangenen 35 Jahren schon viel Geld investiert worden. "Städte sind gegründet worden, um Handel zu treiben, um Dienstleistungen zu erbringen", so Wiedeck weiter: "Nicht, um auf der Straße zu sitzen und mit seinen Kindern zu spielen."

Einzelhändler Jens Freiberg äußerte sich schon frühzeitig unglücklich: Er sieht Einschränkungen und seine Existenz gefährdet: "Wir hatten das Gefühl, uns wurde etwas präsentiert und Punkt", so der Ladenbesitzer: "Friss oder stirb!"

Der Beigeordnete für Stadtentwicklung und Umwelt erwartet dagegen deutlich mehr Laufkundschaft in den Läden der Gewerbetreibenden und eine "Win-win-Situation" für alle. Das Rathaus verweist darüber hinaus auf zwei Workshops und eine anschließende Informationsveranstaltung. Es sei auch eine Umfrage unter allen Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Gewerbetreibenden der Dortustraße durchgeführt worden.

Quelle: rbb

Innenstadt wird weiter umgestaltet

Die Stadt Potsdam versucht unterdessen immer stärker, die Autos aus der Innenstadt zu verbannen. Rund um Potsdam gibt es mittlerweile sieben Park and Ride-Anlagen. Darüber hinaus gibt es viele weitere kostenlose Parkplätze an Bahnhöfen im Umland. Wie voll sie sind, können Autofahrerinnen und Autofahrer jederzeit live im Internet erfahren [mobil-potsdam.de].

Und auch die Innenstadt wird weiter umgestaltet: Die Dortustraße soll in einem zweiten Schritt auch zwischen Brandenburger Straße und Charlottenstraße zu einem verkehrsberuhigten Bereich werden, ebenso die parallele Lindenstraße zwischen Hegelallee und Charlottenstraße und die Gutenbergstraße zwischen Friedrich-Ebert- und Lindenstraße. Darüber hinaus soll die Mittelstraße im Holländischen Viertel teils zur Fußgängerzone werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 28.03.2024, 9:30 Uhr


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Beitrag von Philipp Rother

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