Schwere Verletzungen bei Tieren
Auf einem Hof bei Finsterwalde geht die Angst vor Kolkraben um. Weil die Vögel immer wieder Tiere angreifen, müssen trächtige Kühe umziehen, die Gänsemast wird eingestellt. Der Hof kann nichts gegen die Vögel unternehmen.
Die Weide bietet den etwa 100 Milchkühen eigentlich beste Bedingungen: viel Platz, saftiges Gras, die nötige Ruhe. Wären da nur nicht das Problem mit den Raben.
Kolkraben machen den Massener Höfen in der Nähe von Finsterwalde (Landkreis Elbe-Elster) Sorgen. Seit Jahrzehnten werden in dem Landwirtschaftsbetrieb Gänse gemästet. Nach mehreren Kolkrabenangriffen zuletzt ist damit nun Schluss. Und auch die Kühe leiden unter den aggressiven Vögeln. Die Kolkraben stürzen sich auf sie, vor allem auf junge Kälber und hacken den Tieren die Augen und Gedärme aus, wie einer der Geschäftsführer, Bernd Große, erzählt.
"Es werden immer mehr Kolkraben", so Große. "Die lernen voneinander", wie er sagt. So würden die Raben mittlerweile auf Geburten von Kälbern warten. Noch während die Kuh presse, so Große, würden die Raben gezielt die Augen des Kalbs heraushacken. Danach würden sie sich After und Nabel vornehmen, weiche Stellen, an die sie gut herankämen.
Unternehmen können die Bauern hier nichts gegen die Vögel. Kolkraben sind streng geschützt, dürfen dementsprechend nicht bejagt werden. Alle Versuche, sie einfach zu verscheuchen, sind fehlgeschlagen. Offenbar stellten die Gänse und Kühe ein zu lukratives Ziel für die Vögel dar.
"Wir haben eine Schussanlage gekauft, eine gasbetriebene, die intervallartig angeschaltet war, auch wieder verstellt wurde, damit sich die Kolkraben nicht daran gewöhnen", sagt die zweite Geschäftsführerin, Kerstin Petzda. Außerdem sei ein Lautsprecher installiert worden, der abweisende Geräusche ausgegeben habe. Auch daran hätten sich die Raben schnell gewöhnt. "Die sind ja schlau, die lernen ja", sagt Petzda.
Petzda wendet sich an verschiedene Ämter und bittet um Hilfe. Die bekommt sie nicht, stattdessen sei ihr sogar mit der Schließung des Betriebes gedroht worden, wie sie sagt. "Wenn Sie nicht in der Lage sind, Ihre Tiere artgerecht zu halten, können wir die Anlage auch schließen", sei ihr am Telefon gesagt worden. Sie habe lediglich um Hilfe gebeten, dieser Satz sei Petzda im Gedächtnis geblieben, sagt sie.
Schuld an dem großen Bestand von Kolkraben soll ein Müllagerplatz in der Nähe sein. Die Massener Höfe suchen nun eine andere Lösung. Die Haltung der Gänse musste eingestellt werden, die trächtigen Kühe sollen wiederum an einen sicheren Ort gebracht werden. Die Tiere werden dafür verladen und auf eine zehn Kilometer entfernte Weide gebracht.
Aus Sicht des Landkreises Elbe-Elster ist das Problem nicht so gravierend, wie es der Landwirtschaftsbetrieb darstellt. Auf rbb-Nachfrage erklärt ein Pressesprecher, dass der Landkreis den Betrieb auch unterstützt habe. So sei die besagte Schussanlage, ein Knallschussgerät zur Vergrämung, wie es vom Landkreis heißt, durch die Untere Naturschützbehörde vermittelt worden.
Außerdem sei empfohlen worden, die Tiere durch Netze zu schützen, was der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt habe. Für die Freilandhaltung der Gänse schlug die Behörde nach eigenen Angaben Sonnensegel vor, unter denen sich die Gänse hätten verstecken können, zudem solle der Betrieb die nächtliche Flutlichtanlage ausschalten. Kolkraben seien im Dunkeln nicht aktiv.
Die Behörde habe auf der anderen Seite, anders als vereinbart, keine Daten zu den genauen Verlusten im Betrieb erhalten.
Die Anzahl der Kolkraben habe sich wiederum nicht vergrößert. Vielmehr handele es sich um einen sogenannten "Junggesellentrupp", also nicht brütende Kolkraben, die sich zeitweise in großen Trupps zusammenschließen und gemeinsam jagen.
Der Landkreis bestätigt, dass Kolkraben streng geschützt sind. Vereinzelte Abschüsse, um die Vögel zu vertreiben, seien nur nach begründeter Ausnahmegenehmigung möglich. Einen Antrag auf solch eine Ausnahmegenehmigung sei bislang vom Betrieb aber nicht gestellt worden.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 15.03.2024, 19:30 Uhr
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