rbb24
  1. rbb|24
  2. Panorama
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 12.03.2024 | Christoph Hölscher | Quelle: dpa/F.Hammerschmidt

Mit 99,5 Prozent wiedergewählt

Wendorff bleibt Brandenburger Landesbauernpräsident

Henrik Wendorff wurde auf dem 14. Landesbauerntag als Präsident wiedergewählt. Die Unruhen der letzten zwei Monate und seine Strategie der Deeskalation einen den Verband. Der Kampfgeist der Landwirte für ihre Forderungen ist dennoch groß. Von Katrin Neumann

Die Erleichterung ist ihm anzumerken, auch wenn er es im Interview nicht zugibt. Dass Henrik Wendorff am Dienstag auf dem Brandenburger Landesbauerntag mit einem noch besseren Ergebnis als vor vier Jahren, also mit 99,5 Prozent, von den Delegierten erneut zum Präsidenten gewählt wird, war vorab nicht gesetzt. Zu groß war der Unmut der Bauern gegenüber der Politik.

Aber auch innerhalb der Bauernschaft lagen die Vorstellungen darüber, wie auf Kürzungen bei Agrarsubventionen zu reagieren sei, sehr unterschiedlich. Während Wendorff einen zunehmend moderaten Kurs fährt, der auf Kompromiss und Dialog setzt, entschieden sich einige Bauern für radikale Formen des Protests.

Zahlen und Fakten zur Landwirtschaft

Schrot und Zorn

Strengere Auflagen zu Tier- und Naturschutz, harter Wettbewerb: Obwohl die wirtschaftliche Lage zuletzt recht positiv war, bleiben die Rahmenbedingungen für Landwirte anspruchsvoll. Um die Agrardiesel-Steuer geht es bei den Protesten nur am Rande. Von Sebastian Schneider

Distanzierung von Misthaufen auf B5

Schnell distanzierte sich Henrik Wendorff von einer Aktion, bei der Bauern Anfang März Misthaufen und Gülle auf der B5 im Havelland im Dunkeln verteilten. Bei mehreren Unfällen kamen Menschen und Fahrzeuge zu Schaden, es hätte noch schlimmer ausgehen können.

Auch der Bundesvorsitzende des Bauernverbandes, Joachim Rukwied, macht in seiner Rede am Dienstag deutlich, dass solche Formen des Protests abzulehnen seien. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) glaubt sogar, dass der Misthaufen-Protest dem "Berufsstand immens geschadet" habe.

Gut möglich, dass sich eine Gruppe von Landwirten auf dem Landesbauerntag gegen Wendorff und seine Strategie des Redens hätte stellen können. Sein Wahlergebnis spricht jedoch gegen eine innere Spaltung im Landesbauernverband. Auch Wendorffs Stellvertreter Christoph Plass, stellvertretender Vorsitzender Kreisbauernverband Oberhavel, und Heiko Terno, Vorstandmitglied im Bauernverband Südbrandenburg, wurden mit großer Mehrheit gewählt beziehungsweise wiedergewählt.

Trotz persönlicher Stärkung im Landesverband durch seine Wahl spürt Wendorff Druck, der von den Bauern kommt: "Es gibt eine Unruhe im Berufsstand der Bauern und viele Fragen an den Verband. Zum Beispiel: Sind wir umsonst auf die Straße gegangen?"

Landesweite Protestwelle

Bauernverband signalisiert Kompromissbereitschaft im Agrardiesel-Streit

Seit Monaten demonstrieren Landwirte gegen Auflagen, Bürokratie und vor allem den Wegfall von Subventionen, unter anderem beim Agrardiesel. Nun zeigt sich der Bauernverband gesprächsbereit - auch weil die Proteste radikaler werden.

"Subventionen erst abschaffen, wenn es Alternativen gibt"

Seine nun dritte Amtszeit beginnt Wendorff damit, die Maximalforderung der vollständigen Rücknahme der Agrardiesel-Subvention durchzusetzen. Man sei zwar zu Kompromissen bereit. Bislang gäbe es aber seitens der Bundespolitik keinen Vorschlag, auf den man aufbauen könne: "Man hat uns nicht gesagt, worin der alternative Kraftstoff der Zukunft liegt. Mit was sollen wir in Zukunft fahren? Mit Wasserstoff, mit Elektroenergie, vielleicht sogar Bio-Diesel? Dafür brauchen wir Rahmenbedingungen. Und dann können wir sagen, wir brauchen keinen Agrardiesel mehr", so der 58-Jährige.

Ministerpräsident Woidke hatte den Bauern bereits weitereichende finanzielle Zugeständnisse gemacht, um Verluste durch die Bundesentscheidung zu kompensieren. Und vielleicht, um den Brandenburger Landtagswahlkampf einzuläuten. So soll die Förderung für Blühstreifen, die als Umweltschutzmaßnahme vorgegeben sind, und für schlechte Böden verlängert werden. Dennoch solle die Agrardieselsubvention weiter vom Bund gezahlt werden, da nicht alle Landwirte davon profitieren würden, sagt der Delegierte Lars-Andreas Sieh, Mutterkuhzüchter aus der Uckermark. Wenn es nach ihm ginge, müsse die Subvention für Agrardiesel nach den Preissteigerungen der letzten Jahre sogar erhöht werden.

Analyse

Bauernwut mit extremer Nebenwirkung

Die Bauernproteste sind legitim und haben politisch Erfolg. Sie sind auch Wutausdruck der Landbevölkerung gegen die Ampel. Die AfD und ihre rechtsextremen Bündnisgenossen nutzen das für ihren Vormarsch in der ostdeutschen Provinz. Eine Analyse von Olaf Sundermeyer

Bürokratieabbau

Der Abbau von Bürokratie würde zwar nicht direkt Geld in die Bauernkassen spülen, aber Erleichterung bringen, sagt Wendorff, als er über ein großes Vorhaben seiner neuen Amtszeit spricht. Man habe der Landesregierung 55 Maßnahmen vorgeschlagen, wie Landwirte in ihrer Verwaltung entlastet werden könnten.

Eine Möglichkeit sei, die sogenannte Stoffstrombilanz abzuschaffen. Danach müssen Landwirte, vereinfacht gesagt, alles dokumentieren, was an Nährstoffen in ihren Betrieb rein- und rausgeht. Eine überflüssige Maßnahme, findet Wendorff. Sein Ziel sei es, dass die Hälfte der vorgeschlagenen Abbaumaßnahmen umgesetzt werden. Auch daran muss er sich messen lassen.

Zur Not wieder mit dem Traktor auf die Straße

Mit dem starken Wahlergebnis vom Dienstag kann Wendorff offensiv in politische Verhandlungen gehen. Bei aller Dialogbereitschaft muss er aber auch Ergebnisse vorweisen. Dass die Landwirte zur Not wieder protestieren und mit ihren Traktoren auf die Straße gehen würden, daran ließen sie auf dem Landesbauerntag keinen Zweifel. Es hängt auch an Henrik Wendorff, Eskalationen wie die auf der B5 zu verhindern.

Sendung: Brandenburg aktuell 12.03.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Katrin Neumann

Artikel im mobilen Angebot lesen