Berlin-Mitte
Anderthalb Jahre nach dem Bersten des Außenzylinders des Aquariums Aquadom in Berlin ist nun klar, wie die Hotellobby künftig gestaltet werden soll. Ein überdimensionaler vertikaler Garten soll entstehen, ein "Living Tree". Von G.-S. Russew
Einen zweiten Aquadom an der Stelle des geplatzten Vorgängers wird es in Berlin-Mitte nicht geben. Das teilten die Union Investment Real Estate und die Radisson Hotel Group am Donnerstag mit. Stattdessen soll der Lobbybereich des Hotels Dom-Aquarée direkt am Berliner Dom einen 16 Meter hohen "Vertikalen Garten" erhalten.
Der soll bis in den sechsten Stock des Gebäudekomplexes hochreichen und eine Fläche von 120 Quadratmetern umfassen. "Der 'Vertikale Garten' wird im Design eines 'Living Trees' entstehen", sagte Union-Investment-Sprecher Fabian Hellbusch rbb|24.
Hierfür wurde der stehen gebliebene rund zwölf Meter hohe Sockel des ehemaligen Aquadoms aus 150 Tonnen Beton erhalten und soll in horizontaler Ausrichtung mit rund 600 Pflanzen und Bäumen bepflanzt werden. "Durch die Nachnutzung als Fundament für den 'Living Tree' konnten hohe CO2-Emissionen vermieden werden, die aus dem Abriss, dem Abtransport und der Entsorgung entstanden wären", erklärte Lars Kirmse, der bei Union Investment Zuständige für das Dom-Aquareé.
Insgesamt soll der "Living Tree" aus rund 2.000 Pflanzen aus 22 unterschiedlichen Arten bestehen, die an 36 baumartigen Vertikal-Lamellen angepflanzt und beleuchtet werden. Der "Living Tree" besteht laut Hellbusch zufolge aus einem 6,5 Meter dicken Stamm mit einer abstrakten Baumkrone. Die Installationsarbeiten sollen laut Plan im August abgeschlossen sein.
Die durch die Havarie vollständig zerstörten Aufzüge werden als Sonderanfertigung bis zum Sommer angeliefert. Die Wiedereröffnung der kompletten Hotelanlage ist laut Hellbusch für Ende 2024 geplant.
Auch wenn es von Anfang an kommuniziert wurde, sei mit der Präsentation des "Vertikalen Garten" nun endgültig klar, dass es keinen zweiten Aquadom geben wird. Die Kosten hierzu hätten in keinem Verhältnis gestanden, so Hellbusch. Schließlich sei das Hotel vor 20 Jahren praktisch um den Aquadom herum gebaut worden.
Der technische Aufwand wäre immens gewesen. "So etwas kann man nicht wiederholen und natürlich gehört auch ein Stückchen Bescheidenheit dazu", betonte Hellbusch, auch weil man noch immer nicht die Unglücksursache der Havarie kennt. Daher könne man so etwas kein zweites Mal bauen, so der Sprecher weiter.
Hellbusch selbst könne sich noch sehr genau an den 16. Dezember 2022 zurückerinnern, als die Havarie-Meldung kam. "Ich kenne sogar noch die genaue Uhrzeit", sagte der Unternehmenssprecher rbb|24.
Es sei ein gewaltiger Knall gewesen, wie ein Blitzeinschlag oder eine Explosion. Daraufhin habe sich Flutwelle ergossen. Überall im und vor dem Dom-Aquareée waren Wasser, Trümmer und tote Fische. So hatten Hotelgäste den Moment der Aquadom-Zerstörung in den frühen Morgenstunden des Unglückstages beschrieben.
Eine Million Liter Wasser, die - als das zylindrische Aquarium urplötzlich zerbarst - in einer riesigen Flutwelle durch das Gebäude gespült wurden, hatten Teile der Fassade mitgerissen, Innenräume und die Straße vor dem Hotel verwüstet. Das Salzwasser war in die Berliner Kanalisation, aber auch in Keller gelaufen. Auch das DDR-Museum, das in unmittelbarer Nachbarschaft liegt, war betroffen.
In dem vollständig zerstörten Becken lebten rund 1.500 Fische aus mehr als 100 Arten. Die meisten der Tiere seien bei dem Platzen des Aquariums und dem Auslaufen gestorben, sagte ein Sprecher der Berliner Feuerwehr. Sie seien im Gebäude und auf der Straße verteilt worden.
Zudem wurden mindestens zwei Menschen leicht verletzt. Dass das Unglück sich ereignete, als viele Menschen noch schliefen, hatte wohl eine größere Katastrophe verhindert. "Wenn das Ganze nur eine Stunde später passiert wäre, dann müssten wir über furchtbare menschliche Schäden berichten", sagte die damalige Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD) seinerzeit. Sie sprach von einem "regelrechten Tsunami", von "absoluter Zerstörung" und von "Glück im Unglück". Ähnlich äußert sich ein Sprecher der Eigentümerfirma Union Investment. In dem Hotel befanden sich zum Zeitpunkt des Vorfalls gegen 5:45 Uhr am Morgen etwa 400 Gäste.
Übrigens: Die rund 700 Acryl-Bruchstücke des ehemaligen Großaquariums, in Summe 90 Tonnen, sollen wiederverwertet werden. Ein Entsorgungsfachbetrieb soll sie recyceln.
Sendung: rbb 88,8, 11.04.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Georg-Stefan Russew
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