Die Stadtkirche ist das Wahrzeichen der Doppelstadt Guben-Gubin. Seit Jahren ist ihr Förderverein mit dem Wiederaufbau beschäftigt. Doch das Riesen-Format des sakralen Bauwerks bringt besondere Herausforderungen mit sich. Von Isabelle Schilka
Die Gubiner Stadtkirche ist ein imposantes Bauwerk der Spätgotik. Sie ist knapp 70 Meter lang und zu großen Teilen zerstört vom Krieg. Ein Dach hat die Kirche nicht mehr - Sonnenstrahlen bahnen sich ohne Probleme den Weg bis zum Boden.
Tonnenweise Schutt wurde hier Anfang der 2000er Jahre hinausgeschleppt, damit zumindest der wieder betreten werden kann. Und auch der Kirchturm steht nun wieder – 364 Stufen führen hinauf und ermöglichen eine umfassende Aussicht auf die Doppelstadt Guben-Gubin an der Neiße.
Mit den Maßnahmen, die vor allem durch den Förderverein der Kirche initiiert wurden, konnte nach und nach neues Leben in die alten Gemäuer einziehen.
"Genutzt wird die Kirche touristisch, durch die Begehbarkeit des Turmes. Aber auch für kulturelle Veranstaltungen, die Beiträge von beiden Städten initiieren", erzählt Dietmar Haake vom Förderverein zum Wiederaufbau der Stadtkirche.
Gemäuer der Stadtkirche Gubin. | Quelle: rbb
Zahlreiche Ideen - aber zu wenig Geld
Und noch viel mehr wäre möglich, so der Förderverein. Doch es fehle an Infrastruktur. Ohne Wasser- oder Stromanschluss ließen sich manche Veranstaltungen nur schwer realisieren. Und auch eine Dachkonstruktion, die Besucher vor schlechtem Wetter schützt, wäre wünschenswert.
Zahlreiche Entwürfe hat der Verein bereits gesammelt. An Ideen mangelt es nicht. Doch all die Maßnahmen denkmalgerecht und in diesem riesigen Format umzusetzen - das würde Kosten im zweistelligen Millionenbereich verursachen.
"Das ist ein sehr großes Volumen, über das wir hier sprechen", bestätigt Carsten Jacob. Er ist Geschäftsführer der Euroregion Spree-Neiße-Bober, die viele der Veranstaltungen in der Stadtkirche finanziell unterstützt hat. "Da muss man dann wirklich schauen, dass man da ganz große Akteure, vielleicht auch Regierungsvertreter beider Seiten, mal zusammenbringt."
Jacob ist überzeugt davon, dass die Kirche mit einer besseren Infrastruktur noch stärker zum Ort der Begegnung für Deutsche und Polen werden kann. Und das wäre ihm zufolge auch für die Entwicklung der Doppelstadt Guben-Gubin eine gute Sache.
Vor der polnischen Parlamentswahl am Sonntag ist das deutsch-polnische Verhältnis wieder Wahlkampfthema. Die Doppelstadt Guben-Gubin an der Neiße zeigt, wie enge Zusammenarbeit geht - und was stationäre Grenzkontrollen bedeuten könnten.
Förderverein sucht Nachwuchs
Auch Günther Quiel ist überzeugt von der Bedeutung des Bauwerks. "Wenn es uns gelingt, dieses Objekt als Begegnungsstätte wieder zum Leben zu erwecken, dann gelingt uns auch jeder weitere Schritt der Zusammenarbeit – natürlich immer mit dem Ziel: eine Stadt in zwei Ländern", sagt der Vorsitzende des Fördervereins.
Der 81 Jahre alte Quiel setzt sich seit mehr als 25 Jahren für sein Herzensprojekt ein. Nun will er sich als Vorsitzender zur Ruhe setzen - und hofft auf tatkräftigen Nachwuchs. "Hier muss jedes Wochenende mindestens eine Veranstaltung stattfinden", sagt er. Und überlegt, ob sich vielleicht die Gymnasien das Projekt zu eigen machen könnten. Natürlich in Zusammenarbeit mit den beiden Städten. Hier könne man Musik auch mal etwas lauter spielen. Die Kirche biete die Möglichkeit, sich auszuprobieren.
"Sicherlich bin ich ein Träumer", gibt Quiel mit einem Lächeln auf den Lippen zu. "Aber wenn es uns gelingt, die Kirche zum Leben zu bringen - dann wird auch die Stadt gemeinsam leben".