Doppelstadt Frankfurt (Oder) - Slubice feiert 20. Jahrestag der EU-Osterweiterung
Die Erweiterung der Europäischen Union um zehn Staaten vor 20 Jahren hat nach den Worten von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der gesamten EU Vorteile gebracht. Der Beitritt habe die ganze Gemeinschaft stärker und vor allem sicherer gemacht, sagte sie am Mittwoch bei einem Besuch in der Doppelstadt Frankfurt (Oder) und Slubice zusammen mit ihrem polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski.
Es sei ein "unglaublicher Moment" vor 20 Jahren gewesen, "dass wir als Länder, als Gesellschaften, als Europa die Kraft gefunden haben, die Teilung Europas zu überwinden, und dass wir damit zugleich endgültig zu einer Friedens- und Freiheitsgemeinschaft geworden sind".
Mit der Ost-Erweiterung der Europäischen Union vor 20 Jahren ging für viele polnische Bürger ein Traum in Erfüllung: Sie wollten wieder Teil des Westens sein. Vor allem polnische Handwerksunternehmen profitierten vom EU-Beitritt Polens.
Osterweiterung "nicht vom Himmel gefallen"
Am 1. Mai 2004 waren die früheren Ostblock-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen sowie Malta und Zypern der Europäischen Union beigetreten. Es handelte sich um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU.
"Wir erleben heute: Als gemeinsame Europäische Union der mittlerweile 27 sind wir stärker", sagte Baerbock weiter. Dabei gehe es nicht allein um Handelszahlen. Der Mehrwert, das Plus, das Europa den Menschen jeden Tag bringe, werde gerade in der deutsch-polnischen Grenzregion deutlich und zeige sich etwa in grenzüberschreitenden Busverbindungen, der gemeinsamen Zusammenarbeit von Polizei und Zoll oder in den vielen Beziehungen zwischen den Menschen über die Grenze hinweg.
Die Osterweiterung sei "nicht vom Himmel gefallen", sagte Baerbock. Es habe immer wieder den Mut der politisch Verantwortlichen sowie der Bürgerinnen und Bürger gebraucht, diesen Schritt ins Neue zu wagen. "Wir glauben, dass wir diese mutige Verantwortung gerade heute wieder brauchen, um aus unserer gemeinsamen Wirtschafts- und Handelsunion eine Sicherheitsunion zu machen", betonte Baerbock. Dabei komme es vor allem auf die Zusammenarbeit Deutschlands und Polens an. Die EU müsse so reformiert werden, dass sie sicherheitspolitisch stärker werde und mit einer Stimme spreche. Zudem müssten die Länder, die auch Teil dieser Freiheits- und Friedensunion werden wollten, in die EU aufgenommen werden.
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesaußenministerin und Radoslaw Sikorski, Außenminister von Polen, besuchen ein Fest zum 20. Jahrestag des EU-Beitritts von Polen im polnischen Slubice. | Quelle: dpa/Patrick Pleul
Stadtfest "Europa ist hier!"
Frankfurt (Oder) und Slubice feierten den Jahrestag unter dem Motto "Europa ist hier!" mit einem Europafest auf der Stadtbrücke. Entlang der Brücke gab es eine Fotoausstellung, eine Präsentation der Grenzregion sowie Livemusik. Am Nachmittag spielte das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter der Leitung von Howard Griffiths im Slubicer Collegium Polonicum ein Konzert.
Auch der Brandenburger Ministerpräsent Dietmar Woidke (SPD) nahm an den Feierlichkeiten teil. Er nannte am Montag den EU-Beitritt Polens und der anderen ostmitteleuropäischen Länder einen Glücksfall für Europa und den Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Woidke forderte außerdem dazu auf, für das friedliche Zusammenleben in der EU und für demokratische Werte einzutreten. Dazu müsse sich der Westen auch stärker zu den östlichen Ländern hinwenden.
Amtierende und ehemalige Außenminister beider Länder erwartet
Als Gäste waren zudem die beiden ehemaligen polnischen und deutschen Außenminister Włodzimierz Cimoszewicz und Joschka Fischer zugegen. Fischer zeigte sich erfreut über das
Jubiläum. "Politik kann eben - wenn sie gut ist - positive Wirkungen haben", sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Der Beitritt sei nicht einfach gewesen, es habe viel Skepsis in Polen gegeben. "Das Referendum war knapp", sagte er. "Ich bin sehr froh, dass es dann geklappt hat."
Mit einem Händedruck um Mitternacht hatten die beiden Politiker vor 20 Jahren auf der Stadtbrücke zwischen Frankfurt und Slubice die neue Ära der Partnerschaft eingeleitet. Sie waren damals von Tausenden jubelnden Menschen empfangen worden.