Berlin-Lichtenberg
Der Notruf einer Pflegerin in einem Altenheim in Berlin-Friedrichsfelde hat jetzt personelle Konsequenzen. Der Betreiber hat die Leitung des Heims und den Pflegedienstleiter ausgewechselt.
Nach dem Hilfseinsatz von Polizei und Feuerwehr in einem Altenpflegeheim in Berlin-Lichtenberg vor einer Woche hat der Betreiber die Heimleitung ausgetauscht. Wie die Domicil-Gruppe am Montag mitteilte, wurde außerdem ein anderer Pflegedienstleiter eingesetzt.
Man bedauere zutiefst, dass eine Pflegekraft des Heims "Am Schloss Friedrichsfelde" wegen Personalmangels den Notruf habe auslösen müssen. Weiter hieß es, man habe Kenntnis von einer Reihe schwerer Anschuldigungen erlangt, die sehr betroffen machten. Man gehe jedem einzelnen Hinweis nach, um alle Vorwürfe aufzuklären. Die Domicil-Gruppe habe eine unabhängige Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei eingeleitet und werde vollumfänglich mit den Behörden kooperieren. Bis zu abschließenden Klärung gelte die Unschuldsvermutung.
Vor eine Woche waren Polizei und Feuerwehr ausgerückt, weil in einem Alten- und Pflegeheim in Berlin-Lichtenberg das nötige Pflegepersonal für die Nacht fehlte. Als eine Pflegerin in dem Heim in Berlin-Lichtenberg am Montagabend vergangener Woche ihre Schicht beenden wollte, stellte sie fest, dass die Nachtschicht personell nicht ausreichend besetzt war, hieß es von der Polizei.
Es fehlte eine examinierte und qualifizierte Pflegekraft, die bestimmte Medikamente verabreichen darf. Die Pflegerin habe die Bereitschaft und die Heimleitung nicht erreicht und dann in ihrer Not Polizei und Feuerwehr alarmiert, die auch bald erschienen sei. Die zuständige Heimaufsicht hat angekündigt, den Fall zu prüfen.
Zudem untersucht die Staatsanwaltschaft nach einem anonymen Hinweis einen Todesfall an dem Tag des Vorfalls. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung anhängig, wie die Behörde vergangene Woche mitteilte. Das Verfahren wird laut Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt geführt.
"Wir haben selbst eine umfassende unabhängige Untersuchung durch eine externe Anwaltskanzlei eingeleitet und werden vollumfänglich mit den Behörden kooperieren", erklärte ein Domicil-Sprecher. Den Konzern habe "eine Reihe schwerer Vorwürfe" erreicht, die bislang nicht bestätigt seien. "Wir nehmen jeden einzelnen Hinweis sehr ernst und gehen ihm nach, mit dem Ziel, alle Vorwürfe aufzuklären."
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte den Vorfall am Montag und forderte grundlegende Verbesserungen für Pflegepersonal. "Der Berliner Senat, die Pflegekassen und die Leistungserbringer müssen jetzt gemeinsam Vereinbarungen treffen, wie Personalstandards auf Landesebene festgelegt und wirksam kontrolliert werden", sagte die stellvertretende Landesfachbereichsleiterin für Pflege in Berlin und Brandenburg, Gisela Neunhöffer. In der Altenpflege solle vertraglich festgelegt werden, wie viel Personal für die Patienten pro Schicht anwesend sein müssen, forderte sie.
Neunhöffer nannte den Vorfall "unerträglich". Allgemein seien Dienstpläne oft so gestaltet, dass schon eine einzige Krankmeldung eine Krisensituation auslösen könne, es fehlten Springer- und Ausfallkonzepte. "Wenn jetzt nicht politisch gehandelt wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das nächste Mal Notarzt und Feuerwehr ausrücken müssen, weil in einem Pflegeheim das Personal fehlt", sagte Neunhöffer laut Mitteilung.
Sendung: rbb 88,8, 22.04.24, 19:30 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen