Naturschutz, Bauordnung, Denkmalschutz
Durch ein neues Gesetz soll in der Hauptstadt der Wohnungsbau vorangetrieben werden. Fristen sollen verkürzt werden, unter anderem Straßengesetz und Bauordnung sind betroffen. Einwände der Naturschutzbehörde würden weniger stark gelten.
Der Berliner Senat hat seinen Entwurf eines Gesetzes, das schnelleres Bauen ermöglichen soll, fertiggestellt. Mit den vorgesehenen Änderungen will die schwarz-rote Landesregierung vor allem den Wohnungsbau beschleunigen.
Im Kern sollen verkürzte Fristen und neue Standards gelten. Außerdem sollten bei Bauprojekten frühzeitig alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden.
Bei dem Entwurf handelt es sich um ein sogenanntes Artikelgesetz, mit dem mehrere bestehende Gesetze auf einmal geändert werden sollen. Neben der Bauordnung zählen dazu unter anderem das Naturschutz-, das Denkmalschutz-, das Landeswald- und das Straßengesetz. Auch die Baumschutzverordnung soll geändert werden.
Mit den Reformen soll es möglich werden, dass das Land stärker eingreifen darf bei Bauvorhaben, für die die Bezirke zuständig sind. Außerdem werden Fristen für Stellungnahmen von Behörden und Umweltverbänden neu eingeführt beziehungsweise verkürzt. Weil es derzeit bis zu einem Jahr dauert, bis eine Baustelle auf öffentlichem Straßenland eingerichtet werden kann, soll im Straßengesetz geregelt werden, dass Anträge für Wohnungsbau-Baustellen vorrangig bearbeitet werden.
Überhaupt soll dem Wohnungsbau in den verschiedenen Gesetzen eine besondere Bedeutung zukommen. So ist vorgesehen, dass das öffentliche Interesse an solchen Bauprojekten auch im Landeswaldgesetz stärkeres Gewicht bekommt. Dort geht es um die Frage, wo Waldflächen für andere Zwecke umgewidmet werden dürfen.
Außerdem sieht der vom Senat nun an die Verbände versandte Entwurf des "Schneller-Bauen-Gesetzes" vor, dass zwischen den Bau- und Naturschutzbehörden künftig nicht mehr zwingend "Einvernehmen" hergestellt werden muss. Das heißt, dass Baugenehmigungen auch trotz Einwänden von Naturschutzbehörden erteilt werden könnten. Dies ist auch im Bundesnaturschutzgesetz so geregelt. Das Berliner Gesetz räumt dem Naturschutz bislang allerdings stärkeres Gewicht ein, was immer wieder zu Bauverzögerung führt.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bezeichnete die Eingriffe in die Natur für Wohnungsbau als vorgeschoben. "Der Senator sagt gern, das Naturschutzrecht würde beim Bauen mißbraucht werden. Aber wer Gerichtsverfahren regelmäßig gewinnt, kann nicht unrecht haben. Man kann es aber besser machen", sagte Tilman Heuser, der Berliner Landesgeschäftsführer des BUND dem rbb.
Die Bauwirtschaft zeigte sich dagegen sehr zufrieden mit dem Entwurf. "Tatsächlich wurden wir von Anfang an in die Arbeit eingebunden, das wissen wir zu schätzen. Das Praxiswissen, was wir durch unsere Mitglieder haben, konnten wir dort einfließen lassen", sagte Katarzyna Urbanczyk-Siwek, Geschäftsführerin des Branchenverbandes Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, dem rbb. Man habe für das Gesetz 700 Vorschläge eingereicht, 70 seien angenommen worden. "Es gab mehrere Punkte, in denen wir erfolgreich waren", sagte Urbanczyk-Siwek.
Abseits der Gesetze, die geändert werden sollen, um den Wohnungsbau zu beschleunigen, plant der Senat im Rahmen seiner Initiative weitere Änderungen. So soll es bei großen Planungsvorhaben künftig einen "Kickoff"-Termin geben, bei dem alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden. Außerdem sollen sogenannte "Projektlotsen" in den Bezirksverwaltungen etabliert und mehr Prozesse digital abgewickelt werden.
"Wir wollen vor allem Prozesse besser strukturieren, berechenbarer machen und wir wollen einheitliche Kriterien anwenden, um in Berlin Bauen schneller voranzubringen und schneller zu Entscheidungen zu kommen", erläuterte der Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) dem rbb. Der Entwurf wird jetzt Wirtschafts- und Umweltverbänden zur Stellungnahme vorgelegt.
Nach den Stellungnahmen der Verbände plant die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, den Entwurf für das Gesetz vor der Sommerpause in den Senat einzubringen. Anschließend soll es dem Rat der Bürgermeister zur Stellungnahme vorgelegt werden. Nach der Sommerpause könnte es dann den finalen Senatsbeschluss geben und anschließend die Beratungen im Abgeordnetenhaus. Die schwarz-rote Koalition peilt einen Parlamentsbeschluss bis zum Jahresende an.
Sendung: rbb24 Inforadio, 09.04.2024, 13.40 Uhr
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