Berlin und Brandenburg
Es wird bunt, feierlich und wie immer auch politisch: Am Dienstag sorgt zunächst Walpurgis für die Fest- und Demo-Einstimmung. Am Mittwoch folgen die 1.-Mai-Proteste mit voraussichtlich vielen Teilnehmern - das MyFest in Kreuzberg fällt erneut aus. Ein Überblick.
Am Dienstagabend und damit am Vorabend des 1. Mai soll es - wie auch in den vergangenen Jahren - neben einigen kleinen die ersten großen Demonstrationen geben. Vorher aber wird gefeiert, gegrillt und verkauft auf ganz verschiedenen Märkten und Familienfesten und vor kleinen und großen Bühnen: zum Beispiel am Holzmarkt an der Spree (12 bis 22 Uhr), in der Neuen Zukunft am Ostkreuz (15 bis 6 Uhr), im Goerzwerk in Lichterfelde (ab 13 Uhr) oder in Hellersdorf [berlin.de]. Wer weiter raus will: Im Rüdersdorfer Museumspark feiern ab 15 Uhr Frühlingsgeister, Hexen und Feen ein Walpurgisfest.
Ab 18 Uhr soll dann am Leopoldplatz in Berlin-Wedding die Demo "Für Frieden und soziale Gerechtigkeit!" starten. Dabei wollen linke Gruppen durch den Wedding ziehen, die Demo endet laut Plan voraussichtlich gegen 21:30 Uhr in der Badstraße. Erwartet werden mehrere Tausend Teilnehmer. Bei dieser Demonstration blieb es in den vergangenen Jahren weitgehend friedlich.
Mit dem Dunkelwerden finden dann - als Auftakt zur Walpurgisnacht - in verschiedenen Parks wie in der Hasenheide in Neukölln oder dem Viktoriapark in Kreuzberg Feiern und Zusammenkünfte statt. Dabei kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Ausschreitungen.
Die traditionelle "friedvolle Walpurgisnacht" im Mauerpark fällt in diesem Jahr allerdings aus. Weil der Mauerpark gerade saniert wird, gibt es mehrere Baustellen, die die Feiern erschweren. Eine Beschränkung auf die Fläche des Amphittheaters mussten die Veranstalter aus Sicherheitsbedenken verwerfen, eine auf die Fläche des Flohmarktes scheiterte am mangelnden Lärmschutz - die Walpurgisnacht-Party wäre den Anwohnern zu nahe auf die Pelle gerückt.
"Take Back the Night" lautet auch in diesem Jahr die Überschrift der queerfeministischen Demo, zu der vor allem trans, inter, agender, nonbinary Personen, Lesben und Frauen aufgerufen sind. Die Demo startet um 19:30 Uhr am Boxhagener Platz in Friedrichshain und zieht über die Frankfurter Allee durch die Rigaer Straße, den Bersarinplatz, die Warschauer Straße, die Oberbaumbrücke, das Schlesische Tor und die Skalitzer Straße zum Spreealdplatz. Dort soll sie gegen Mitternacht enden.
Wer eher Lust auf Clubben hat: Zum Tanz in den Mai laden dieses Mal unter anderem in Berlin die Kulturbrauerei, das Cassiopeia, die Birgit am Schleusenufer, der Festsaal Kreuzberg, die Renate, das Berghain, das Kitkat, Watergate und Prince Charles.
Für den Tag der Arbeit sind verschiedene Protestmärsche und Kundgebungen in Berlin und Brandenburg angekündigt. Alle angemeldeten Kundgebungen rund um den 1. Mai in der Hauptstadt stehen auf der Seite der Berliner Versammlungsbehörde [berlin.de].
So plant der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine traditionelle Berliner Kundgebung unter dem Motto "Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit" in diesem Jahr vor dem Roten Rathaus. Die Demonstranten zu Fuß treffen sich um 10:30 Uhr an der Karl-Marx-Allee Ecke Pariser Kommune (U Weberwiese). Es gibt auch eine Fahrraddemo, die um 10:30 Uhr an der DGB-Zentrale in der Keithstraße, nahe dem Wittenbergplatz, startet. Die Demos münden dann vor dem Roten Rathaus, wo ab 12 Uhr die traditionelle Mai-Kundgebung mit Live-Musik und Bühnenprogramm stattfindet. Von 13 bis 18 Uhr gibt es dort ein Kinder- und Familienfest. Laut DGB werden Tausende Teilnehmende erwartet.
Für das Land Brandenburg hat der Gewerkschaftsbund zudem Kundgebungen, Demos und Straßenfeste in Cottbus, Forst, Guben, Finsterwalde, Königs Wusterhausen, Potsdam, Hennigsdorf, Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder), Schwedt, Strausberg und Eberswalde angekündigt. Alle Veranstaltungen finden Sie auf der Seite des DGB [berlin-brandenburg.dgb.de].
Seine bundesweite zentrale Mai-Veranstaltung richtet der DGB jedes Jahr in einem anderen Bundesland aus. In diesem Jahr findet er in Hannover (Niedersachsen) statt.
Die Demo "MyGruni" selbst findet auch in diesem Jahr statt. Unter dieser Überschrift ziehen Demonstrierende alljährlich durch die südwestlichen Villenareale Berlins. In diesem Jahr haben die Veranstalter "My Gruni" nicht als Sternfahrt, sondern als eine Satire-Aktion angekündigt: Analog zu den Einzäunungsplänen für den Görlitzer Park kündigten sie an, das Villenviertel Grunewald einzäunen zu wollen. Geplant sei am 1. Mai eine Razzia mit "Spezial-Enteignungskräften (SEK)" in Grunewald und ein Schlag gegen die "kapitalextremistische Szene", teilte die Initiative "MyGruni" mit.
Die Demo mit dem Motto "Razzia im Grunewald – Kapitalverbrechen aufklären" verläuft ab 13 Uhr Uhr vom Johannaplatz über die Bismarckallee, den Wildpfad, die Griegstraße, die Königsallee und die Fontanestraße bis zum Bahnhof Grunewald. Bereits um 11:30 Uhr starten zwei Fahrrad-Demos als Zubringer in der Behaimstraße und vor der Max-Schmeling-Halle.
Bei einer ersten "MyGruni"-Veranstaltung 2018 war es unter anderem zu Sachbeschädigungen und Landfriedensbruch gekommen, die Folgeveranstaltungen blieben weitgehend friedlich.
Die seit Jahren stattfindende Demonstration "Revolutionärer 1. Mai" - ein Protest linker und linksradikaler Gruppen am Abend des 1. Mai in Berlin - soll in diesem Jahr am Südstern in Kreuzberg geginnen und enden. Auftakt ist laut Veranstaltern um 16:30 Uhr, der Protestzug soll dann gegen 18 Uhr starten. Die angemeldete Route verläuft so: Südstern - Körtestraße / Lilienthalstraße - Hasenheide - Hermannplatz - Karl-Marx-Straße - Erkstraße - Sonnenallee - Hermannplatz (Zwischenkundgebung) - Hasenheide - Südstern. Laut Polizei ist die Demo für 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Das Motto auf dem Plakat zur diesjährigen Demo lautet: "Konzerne enteignen, Kriegstreiber entwaffnen, Kapitalismus zerschlagen!"
Neukölln als Austragungsort des diesjährigen 1. Mai sei dabei eine "bewusste politische Entscheidung", hieß es im Demo-Aufruf. Dort hatte es nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem israelischen Krieg im Gaza-Streifen pro-palästinensische Proteste gegeben. Diese Demonstrationen zum Thema Nahost-Konflikt mit aufgeheizter Stimmung sind nach Einschätzung der Polizei auch ein Thema bei möglichen Gewaltausbrüchen am 1. Mai. "Die Polizei, aber auch der Verfassungsschutz haben die Lage im Blick und bereiten sich auch darauf vor, dass der Nahost-Konflikt bei der sogenannten revolutionären 1. Mai-Demonstration eine Rolle spielen könnte", sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. "Es wird im Vorfeld sicherlich wieder Gefährderansprachen geben. Wir werden auch am 1. Mai den Rechtsstaat konsequent durchsetzen und auf Straftaten möglichst mit schnellen Strafverfahren reagieren." Die Polizei plant der Polizeipräsidentin zufolge mit 5.000 bis 6.000 Einsatzkräften, sie geht von mehr als 10.000 Demonstranten aus.
Im vergangenen Jahr ging es bei der Demo erstmals direkt unter der neuen Polizeiwache im Hochhaus am Kottbusser Tor hindurch, zwischen 12.000 (Quelle Polizei) und 25.000 Menschen (Quelle Veranstalter) nahmen teil. Ein Polizeisprecher sprach hinterher vom "friedlichsten 1. Mai seit 1987", es gab neun Festnahmen und einen verletzten Polizisten.
Das über rund 15 Jahre in Folge veranstaltete "Myfest" findet in diesem Jahr erneut nicht statt. Die Bezirksverwaltung sagte, es habe seitens der Veranstalter keine konkreten Planungen gegeben, der Veranstalter warf dem Bezirksamt vor, kein Interesse an dem Fest zu haben. Der Senat wiederum kritisierte den erneuten Ausfall des Festes: Nun gebe es kaum alternative, friedliche Festangebote zum MyFest. 2025 wolle man aber wieder ein MyFest ausrichten, sagt der Organisator Halis Sönmez.
Aber es gibt in Kreuzberg eine kleine Ausgabe: als "Maifeiertag am Mariannenplatz" mit Musik unter freiem Himmel, Reden und Angeboten für Kinder, zwischen 10 und 22 Uhr, rund um den Mariannen-, den Heinrich- und den Oranienplatz. Die Linke ist eine der Veranstalterinnen.
Weitere Feste gibt es verteilt über die ganze Stadt: Auf dem Kinderbauernhof der Ufa-Fabrik in Tempelhof etwa (14 bis 18 Uhr) gibt es vor allem für Familien Angebote am 1. Mai. Das Fest "HelleMitteTanzt" auf dem Alice-Salomon-Platz in Hellersdorf bietet vom 1. bis zum 5. Mai ein kostenloses Bühnen- und Familienprogramm samt Autoscooter, Kettenkarussell, Zuckerwatte und Co. In der Hasenheide werden von 12 bis 16 Uhr Gedichte und Geschichten zum Tag der Arbeit vorgelesen.
Am Kurt-Schumacher-Damm auf dem Zentralen Festplatz ist wieder Rummel (14 bis 22 Uhr). Und im Obersee-Orankesee-Park in Alt-Hohenschönhausen findet mit "Kulturen im Park" wieder ein Fest mit verschiedenen Lesungen, Oldtimern und Artistik statt (13:30 - 19 Uhr). Und wem das alles zuviel ist: Um 12 Uhr eröffnet das Strandbad Wendenschloss seine Saison. Es sollen bis zu 26 Grad werden.
Sendung: rbb24 Abendschau, 30.04.2024, 19:30 Uhr
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