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Audio: Inforadio | 23.05.2024 | Jenny Barke | Quelle: dpa/chromorange

Berlin-Lichtenberg

Neue Verordnung bedroht Hausboote in der Rummelsburger Bucht

Auf den Hausbooten in der Rummelsburger Bucht wird musiziert, gemalt und gelebt. Es gibt aber auch Beschwerden über Müll und Lärm. Eine neue Verordnung soll den Bootsverkehr nun eindämmen. Die Bewohner fürchten um ihr Zuhause. Von J. Bürgener und J. Barke

Kanus und Kajaks, Tretboote, Angelschiffchen und Hausboote: In und rund um die Rummelsburger Bucht herrscht insbesondere im Sommer reges Treiben. Seit vielen Jahren gehört der Seitenarm der Spree zwischen Friedrichshain und Lichtenberg zu den liebsten Ausflugszielen der Berlinerinnen und Berliner. Für einige von ihnen ist es jedoch weitaus mehr - Heimat und zuhause. Dutzende Menschen leben nicht nur in den Sommermonaten, sondern das ganze Jahr über in Hausbooten auf dem Wasser.

Das könnte nun allerdings deutlich schwerer werden. Eine neue Bundesverordnung, die am 1. Juni in Kraft treten wird, verbietet das unbemannte "Stillliegen", also das Ankern in der Bucht. Sprich: Wenn sich niemand an Bord befindet, darf nicht geankert werden und das Boot muss an einem gekennzeichneten und daher kostenpflichtigen Liegeplatz angelegt werden. An 35 weiteren Kilometern der innerstädtischen Spree wird das Ankern sogar komplett verboten.

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Bewohnerinnen und Bewohner werden überrascht

Seit einigen Jahren schon versucht die Berliner Politik beim Bund, der die Bundeswasserstraße Spree verwaltet, eine Änderung der Binnenschifffahrts-Ordnung zu erwirken, um den Bootsverkehr auf dem Fluss einzudämmen. Die Gründe: Müllprobleme und Beschwerden über Lärmbelästigung. Anfang Mai - also nur knapp einen Monat vor in Kraft treten – wurde die neue Verordnung nun in einer Veröffentlichung des Bundesgesetzblattes bekanntgegeben - für viele Betroffene sehr plötzlich.

Arik Rohloff und Esther Moises sind Nachbarn in der Rummelburger Bucht und Mitglieder des Vereins "Spree:publik". Als Verband der Kunst- und Kulturflöße und der unkommerziellen Freizeitschifffahrt in Berlin setzt sich "Spree:publik" seit vielen Jahren für die partizipative Nutzung der Gewässer ein. Die Mitglieder organisieren und veranstalten Konzerte sowie Ausstellungen auf dem Wasser und weitere Kunst-, Umwelt- und Integrationsprojekte.

Esther Moises und Arik Rohloff vom Verein "Spree:publik". | Quelle: rbb/Barke

Moises, die mittlerweile seit vier Jahren auf dem Wasser wohnt, wurde wie die meisten Vereinsmitglieder von der neuen Verordnung überrascht. "Das kam mehr oder weniger aus heiterem Himmel. Man fühlt sich auch ein bisschen übergangen von der Politik", sagt sie enttäuscht. Der Verein habe die Bestrebung, ein gutes gemeinsames Zusammenleben zu gewährleisten. "Es geht mir nicht gut damit. Das sind Veränderungen, die ich nicht ganz nachvollziehen kann."

"Ich bewege mich dann in der Illegalität"

Rohloff lebt sogar schon einige Jahre mehr in der Bucht, seit 2017 ist der Spreearm sein Zuhause. Er skizziert die Auswirkungen der Verordnungsänderung für sich und andere Bootsinhaber in der Rummelsburger Bucht: "Ich bewege mich dann immer mal wieder in der Illegalität, manche hier auf dem See sehr wahrscheinlich regelmäßig". Neben den Folgen für Privatpersonen sieht Rohloff auch deutliche Einschränkungen für die Vereinsarbeit von "Spree:publik". Veranstaltungen auf dem Wasser würden durch die neuen Regeln deutlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht. "Jegliche Aktion, die wir planen, müsste von klein auf genehmigt werden", kritisiert er.

Die Berliner Senatsverkehrsverwaltung verweist auf rbb-Anfrage vor allem auf Gefahren durch abgetriebene Boote. "Gefahren sind für die Leichtigkeit und Sicherheit des fließenden Verkehrs gegeben, weil insbesondere abgetriebene Boote mitunter ein Sicherheitsrisiko für andere Boote darstellen", teilte ein Sprecher mit. Außerdem seien umweltrelevante Aspekte nicht ausgeschlossen, "wenn z.B. ein Boot sinkt, kann durch die wassergefährdenden Stoffe - wie Treibstoffe, Öle und Schmiermittel - eine Gewässerverunreinigung ausgehen."

Rohloff und "Spree:publik" können durchaus nachvollziehen, dass der Berliner Senat in der Rummelsburger Bucht Handlungsbedarf sieht. "Wenn man den Blick schweifen lässt, sieht man regelmäßig problematische Wassernutzung, um es mal so auszudrücken", sagt Rohloff. "Ich würde mir nur wünschen, dass es nicht über unsere Köpfe hinweg und auf den Schultern all derer, die sich an die Regeln halten, entschieden wird".

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"Spree:publik" schlägt Alternativen vor

"Spree:publik" hat sich nach eigenen Angaben 2022, nachdem im Vorjahr ein erster Versuch, ein Ankerverbot durchzusetzen, scheiterte, an das Bundesverkehrsministerium gewendet. "Wir wollten in die zukünftigen Entwicklungen miteinbezogen werden und haben Ideen eingebracht. Das ging von offiziellen Ankerlizenzen bis zu Vorgaben, die die Boote erfüllen müssten", sagt Rohloff. Trotz einer Zusage der parlamentarischen Staatssekretärin habe sich das Ministerium in den letzten Monaten und Jahren der Beteiligung des Vereins verschlossen. Eine Anfrage des rbb, wie es zu der plötzlichen Verordnungsänderung kam und was die Gründe dafür im Detail sind, ließ das Bundesverkehrsministerium bislang unbeantwortet.

Wie es in der Bucht für die Hausboote und ihre Bewohner nun weitergeht, ist noch unklar. Verschieden Konzepte sind denkbar und werden vom Verein geprüft. So ist zum Beispiel vorstellbar, dass Ankerverbände gegründet werden, bei denen Boote zusammengeführt werden könnten und immer eine Person vor Ort und für die Sicherheit zuständig wäre.

Wie die "taz" berichtet, strebt der Berliner Senat aber sogar ein komplettes Ankerverbot an. Man habe sich "für ein flächendeckendes Stillliegeverbot auf nicht zugelassenen Liegestellen ausgesprochen", zitiert die Zeitung eine Sprecherin der Senatsverkehrsverwaltung. Das würde dann wohl das Ende der Möglichkeit, auf Berliner Gewässern zu leben, bedeuten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 23.05.24, 13 Uhr

Beitrag von Jonas Bürgener und Jenny Barke

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