Republica ab Montag
"Who Cares" ist das Motto der diesjährigen Konferenz Republica. Blogger, Kreative und Netzaktivisten diskutieren, wie die Pflege- und Betreuungsarbeit der Zukunft aussehen kann. Das Thema sei weitgefasst, sagt Mitbegründer Markus Beckedahl. Von Jenny Barke
Unser Sozialgefüge steht auf wackligen Beinen: Die Gesellschaft altert, es müssen künftig mehr Menschen gepflegt werden. Gleichzeitig fehlen Arbeitskräfte, die die Versorgung übernehmen. Bei der Lösung des Problems werden Künstliche Intelligenz (KI) und eine demokratischere Datennutzung eine wichtige Rolle spielen müssen, glauben die Veranstalter der Republica.
Die größte Digitalkonferenz Europas findet von Montag bis Mittwoch in der "Station Berlin" statt. 24 Impuls-Vorträge werden dem Publikum geboten, drumherum gibt es etliche weitere Vorträge und Events. Sprecherinnen und Sprecher sind beispielweise der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck oder WDR-Intendant Tom Buhrow.
Das Motto "Who Cares?" sei so weit gefasst, dass es viele weitere Themen einschließe, die auf der Republica relevant werden dürften, erklärt Mitbegründer Markus Beckedahl: "Die einen denken sofort an feministische Debatten um Care-Arbeit, andere denken an Pflegeroboter, die mit künstlicher Intelligenz jetzt betrieben werden, während andere wiederum an Agency denken, also dieses Eintreten für Demokratie und Gemeinwohl."
Care-Arbeit könnte in Zukunft zum Beispiel ergänzt werden durch Roboter, Therapie mit KI oder durch digitales Streetwork – also durch Sozialarbeiter:innen, die im digitalen Raum junge Menschen aufsuchen und beraten.
Hoffnungsvolle Zukunftsvisionen oder Dystopien? Um Zweiteres zu verhindern, brauche es digitale Gesetze, fordert Beckedahl. "Die Werkzeuge, um Künstliche Intelligenz in unseren Alltag zu integrieren, stammen von wenigen Unternehmen, die wir stärker demokratisch kontrollieren müssen, um zu verstehen, ob sie ihre Macht missbrauchen. Ich würde mir wünschen, dass wir mehr gemeinwohlorientierte KI haben, die den Datenschutz eingebaut haben, die nicht in der Hand von nur wenigen Unternehmen sind, die weniger klimaschädlich sind.“
Damit die Politik das umsetzt, ist sie eingeladen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach spricht über Care-Arbeit, KI und Gesundheit. Ebenfalls aus dem Bundeskabinett erwartet werden Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck sowie Familienministerin Lisa Paus von den Grünen.
Anderthalb Wochen vor der EU-Wahl ist auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor Ort. Ihr Thema: Die EU und Herausforderungen für die Rechtsstaatlichkeit. Der Rechtsruck in Europa zieht sich als Thema durch das gesamte Republica-Programm. Ein wichtiger Schwerpunkt, findet Beckedahl. Seiner Ansicht nach droht, "dass Nazis erstmalig in Teilen des Landes wieder an die Regierung kommen". Auch deswegen beschäftigen sich Diskussionen und Debatten mit der Frage, wie die Gesellschaft auf solche politischen Entwicklungen vorbereitet wären. "Wie können wir standhaft bleiben, wehrhaft bleiben und unsere Demokratie verteidigen?", fragt Beckedahl.
Auch die Autor:innen der Correctiv-Recherche zum sogenannten Geheimplan in Potsdam sprechen über ihre Recherchen. Unter den Speaker:innen sind außerdem Podcasterin Jagoda Marinić, Soziologe Steffen Mau, Medizinjournalist Eckart von Hirschhausen und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal.
Erstmals seit der Pandemie kehrt die Republica (Originalschreibweise re:publica) an ihren früheren Standort zurück, die Station Berlin im Park am Gleisdreieck. Insgesamt 25 Bühnen stehen für Vorträge und Workshops zur Verfügung. Parallel zur Republica findet die Jugendkonferenz Tincon für 13- bis 25-Jährige statt. Insgesamt werden etwa 1.000 Sprecher und Sprecherinnen und 26.000 Besucherinnen und Besucher erwartet.
Sendung: rbb24 Inforadio, 27.05.2024, 07:10 Uhr
Beitrag von Jenny Barke
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