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Video: rbb|24 | 25.06.2024 | Stefan Oberwalleney | Quelle: imago-images/snapshot-photography/T.See

Straßen und Parks

Welche Gefahr von den Berliner Bäumen ausgeht

Vermehrt war zuletzt von umgestürzten Bäumen und herabfallenden Ästen zu lesen. Die Berliner Bäume leiden unter Stress, dem Klimawandel und der Dürre vorhergehender Jahre. Doch wie groß ist die Gefahr aktuell wirklich?

Herabfallende Äste oder gar komplette Entwurzelung: Marode Bäume können eine Gefahr für Menschen (zu Fuß und auch auf dem Fahrrad, in der Bahn oder im Auto sitzend) werden.

Zuletzt waren bei einem Gewitter am 22. Juni in Brandenburg Bäume auf Straßen gestürzt, abgebrochene Äste fielen auf Autos ud Häuser. In Berlin stürzten im Juni sowohl in Neukölln als auch im Mauerpark in Prenzlauer Berg jeweils ein Baum um. Es gab Verletzte.

In Berlin-Rahnsdorf war - ebenfalls im Juni - eine Frau beim Rauchen einer nächtlichen Zigarette mutmaßlich von einer abgebrochenen Baumkrone erschlagen worden.

Interview | Sicherheit unter Berliner Bäumen

"Man kann sich getrost unter große Bäume setzen"

Bäume, die auf Menschen fallen? Ein Problem im Promille-Bereich, sagt Derk Ehlert, der bei der Berliner Senatsverwaltung im Bereich Naturschutz und Landschaftsplanung tätig ist. Er appelliert aber wegen eines Restrisikos an den gesunden Menschenverstand.

Was ist mit den Bäumen los?

Jedem zweiten Berliner Straßenbaum geht es, so stand es im letzten Straßenbaum-Zustandsbericht von 2020, nicht gut. Das heißt, dass Schäden an ihm festgestellt wurden. Die Bäume sind geschwächt durch die Dürrejahre – es handelt sich also um Auswirkungen des Klimawandels.

Hinzu kommt laut Derk Ehlert von der Berliner Senatsverwaltung im Bereich Naturschutz und Landschaftsplanung auch Stadtstress wie zunehmende Winde, Stürme, Boden-Aufgrabungen, Eutrophierungen sowie Stamm- und Wurzelschäden. Einfluss haben auch Bauarbeiten, Verkehr, Abgase, die Bodenversiegelung, Tausalz und Hundeurin. Durch den Stress, den die Trockenheit verursacht, steigt die Gefahr durch Astabbrüche, trotz erhöhter Aufmerksamkeit der Kommunen. Die Trockenheit und die damit verbundene Schwächung der Bäume begünstigt auch das Aufkommen von teils neuen Pflanzenkrankheiten oder bakteriellen Erkrankungen.

Doch Bäume werfen, so Ehlert, auch in gesundem Zustand immer wieder tote Äste ab. So trennt sich der Baum von unnützer Last.

Nach längeren Regenfällen im Winter, bei völlig durchweichtem Boden — und überdies bei Frühjahrsstürmen — kann ein Baum jedoch völlig überraschend "umfallen". Das intakte Wurzelwerk kann sich aus dem Boden herauslösen. Oder der Baum mit dem von Dürrejahren stark geschrumpften Wurzelteller stürzt ganz um.

Doch nicht immer sieht man den Bäumen ihren Schaden an – so beispielsweise, wenn sie von innen mit Pilz befallen sind. Ärger macht auch immer wieder die Rußrindenkrankheit [berlin.de].

Auch die Bäume und Sträucher der historischen Parks und Gärten in Berlin und Brandenburg sind wegen des Klimawandels massiv bedroht. Das zeigt der sogenannte Parkschadensbericht der Technischen Universität (TU) Berlin aus dem Januar 2024.

Wie werden die Stadtbäume kontrolliert?

In Berlin werden die Stadtbäume jährlich kontrolliert. Sogenannte Visual-Tree-Assessment-Kontrollen (VTA-Baumkontrollen) fokussieren sich im Rahmen einer Sichtkontrolle auf die Untersuchung des Baumstamms und des Astwerks mit Krone. So wird überprüft, dass jeder Baum, der im öffentlichen Straßenraum steht, stand- und verkehrssicher ist. In dieser Art und Weise werden die Bäume in Berlin regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, überprüft. Hierfür haben die Straßenbäume Nummern oder Ziffern – mit deren Hilfe wird der Baum katalogisiert.

Was ist mit privaten Bäumen?

Die Straßen- und Grünflächenämter sind nur für Bäume im öffentlichen Raum zuständig. Ein Grundstückseigentümer mit Baumbestand haftet selbst für die Sicherheit seiner Bäume. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass vom Baumbestand keine Gefahr für Dritte ausgeht. Daher müssen Baum-Eigentümer ihre Bäume regelmäßig auf Schäden, Standfestigkeit und Erkrankungen kontrollieren.

Was passiert mit "auffälligen" Bäumen?

Sobald ein Baum nicht mehr als sicher eingetragen ist im Katalog der Stadt Berlin, wird er häufiger begangen. Zudem werden Maßnahmen wie das Wegschneiden von toten Ästen oder das Stutzen der Baumkrone eingeleitet. "Das Fällen eines Baumes ist die letzte Methode – wenn es gar nicht anders geht", so Ehlert. Gefällt werden dürfen Bäume theoretisch überhaupt nur im Winter. Es gibt aber auch Notfällungen.

Bürger können Schäden und Mängel an Stadtbäumen auch beim Senat [berlin.de] melden.

Berlin-Neukölln

Mann durch herabstürzenden acht Meter langen Ast verletzt

Was könnte in Zukunft helfen?

Die meisten Kommunen bewässern junge Bäume, bis sie etwa zehn Jahre alt sind. In langen Dürreperioden brauchen auch ältere Stadtbäume zusätzliches Wasser. Hilfreich für neu angepflanzte Stadtbäume ist es auch, wenn sie von Anfang an sogenannte Rigolen bekommen. Das ist eine Art Wanne, zum Beispiel aus Beton, die in den Boden eingesetzt wird und Regenwasser speichert. Oberhalb der Rigole pflanzt man dann den neuen Baum, sodass er sich mit den Wurzeln aus dieser Wanne mit Wasser versorgen kann.

Professionelle Pflege und der Einsatz von klimaresilienten Bäumen sind hilfreiche Maßnahmen. Forscher der Humboldt Universität (HU) Berlin und Mitarbeiter des Landeskompetenzzentrums Forst in Eberswalde (Barnim) hatten daher ein Forschungsprojekt namens "Trees4streets" aufgesetzt. Sie haben versucht, unter möglichst vielen Bäumen die zu finden, die neben Trockenheit und Hitze auch mit Stadtstress zurechtkommen. Es waren vor allem Linden und Ahornarten, die hier das Rennen gemacht haben.

Wie können sich Menschen schützen?

Insbesondere nach und während Stürmen gibt es die Gefahr von Astbruch und umstürzenden Bäumen. Solche Gefahrenstellen sollte man meiden. Abgesperrte Bereiche sollten nicht betreten werden.

Derk Ehlert sagt aber, man könne sich dennoch unter normalen Umständen "getrost unter große Bäume setzen". Doch man solle, so Ehlert weiter, dabei den gesunden Menschenverstand walten lassen. "Wenn es kracht, man es reißen hört, man Risse sieht oder andere Auffälligkeiten hört, sollte man dem entsprechenden Baum fernbleiben. Es ist sicherlich auch ratsam, keine Kopfhörer aufzuhaben". Er verweist darauf, dass die bisherigen Unfälle zwar tragisch seien, sich aber im Verhältnis in äußerst niedrigem Bereich befänden.

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz rät immer mal wieder zu Vorsicht und warnt davor, während bestimmter Zeiten Grünanlagen und Wälder zu betreten – insbesondere außerhalb gesicherter Wege. "Herabfallende Äste und Kronenteile können für Passant:innen gefährlich sein, sogar lebensgefährlich. Selbst nach Beruhigung der Wetterlage muss mit Astbruch, umstürzenden Bäumen und Behinderungen durch entwurzelte und abgebrochene Bäume gerechnet werden. Auch bei Straßenbäumen im Stadtgebiet gibt es eine erhöhte Astbruchgefahr. […] Bei geplanten Veranstaltungen im Wald oder in Parkanlagen am Wochenende empfehlen wir, über den Veranstalter in Erfahrung zu bringen, ob sie sicher stattfinden können oder nicht", heißt es dann.

Berlin und Brandenburg

Umgestürzte Bäume und vollgelaufene Keller durch Unwetter

Gewitter sind am Freitagabend über Berlin und Brandenburg hinweggezogen. Im Süden Brandenburgs hatten Feuerwehren einiges zu tun - und am Samstagmorgen regnete es stark in der Region.

Und im baumreichen Bundesland Brandenburg?

Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg ist für die Verkehrssicherheit sowie für die Erhaltung des "Straßenbegleitgrünes im Verantwortungsbereich seiner Baulast" verantwortlich.

Die Brandenburger Straßenbäume werden den Angaben nach mindestens einmal jährlich (im Wechsel belaubt und unbelaubt) beziehungsweise nach Erfordernissen aufgrund ihres Zustandes (gesund, leicht geschädigt, stärker geschädigt) auf ihre Verkehrssicherheit kontrolliert.

Für Straßenbäume innerorts, sofern es sich nicht um Bundes- oder Landesstraßen handelt, sind die Gemeinden selbst zuständig. Auch hier wird mindestens einmal im Jahr kontrolliert, bei ersten Anzeichen einer Schädigung öfter.

Auch viele Bäume in den Brandenburger Parks sind von Schädigungen durch den Klimawandel betroffen. Teils seien hier, so Frank Kallensee, der Pressesprecher der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, gegenüber dem rbb, die alten Gehölzbestände auch an der Grenze ihrer natürlichen Lebenszeit angekommen. Außerdem, so Kallensee, seien Bäume "nachtragend". Die Folgen der Dürrejahre 2021/22 zeigten sich vielfach erst jetzt.

Was ist mit dem Wald voller Bäumen?

Auch Waldbesitzer unterliegen der Verkehrssicherungspflicht. Doch es gibt hier eine Haftungsbeschränkung. Waldtypische Gefahren nimmt, so ein richtungsweisendes Urteil im Jahr 2012, ein Waldbesucher bei einem Aufenthalt demnach in Kauf. Denn Waldwege sind mangels entsprechender Widmung keine öffentlichen Straßen.

Waldbesitzer haften also im Regelfall nicht, wenn Spaziergänger durch herabstürzende Äste im Wald oder auf Waldwegen verletzt werden. Das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken ist zwar Jedermann gestattet, die Benutzung des Waldes geschieht jedoch grundsätzlich auf eigene Gefahr.

Ausnahmen sind hier Waldwege und Wälder, die an öffentliche Wege oder Plätze grenzen.

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