Viele Sperrungen
In noch nicht mal einer Woche rollt bei der Fußball-Europameisterschaft der Ball. Nicht nur in Strafräumen wird es da eng werden. Vor allem an den sechs Berliner Spieltagen wird es in der City viele Sperrungen geben. Von Georg-Stefan Russew
Am kommenden Freitag startet die Fußball-EM mit dem Eröffnungsspiel der Deutschen Nationalmannschaft gegen Schottland in München. Dies hat auch unmittelbare Auswirkungen auf Berlin. Denn neben der bereits für den Verkehr gesperrten Fanmeile rund um das Brandenburger Tor kann es nach Polizeiangaben an Berliner Spieltagen in der gesamten Berliner Innenstadt - vom Alexanderplatz über Unter den Linden bis hin in die City West um den Kurfürstendamm - extrem eng auf den Straßen, in Bahnen und Bussen werden.
Polizeisprecher Martin Halweg kann Autofahrern nur den Rat geben, diesen Bereich zu meiden, beziehungsweise öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen.
Das erste Spiel in Berlin startet gleich am Tag nach dem Eröffnungsspiel: Am Samstag, 15.6. treffen um 18:00 Uhr Spanien und Kroatien aufeinander.
An diesem und den anderen Spieltagen in Berlin kann es aus Sicht der Polizei generell örtlich immer wieder zu Sperrungen und Verkehrsproblemen kommen - wenn beispielsweise Fangruppierungen unterwegs sind. So sei es beispielsweise denkbar, dass am 25. Juni - wenn die Niederlande auf Österreich trifft - "vielleicht 10.000 holländische Fans vom Breitscheidplatz auf Straßenareale drängen. In diesem Fall würden wir im Rahmen der Gefahrenabwehr die Straßen um den Breitscheidplatz absperren, um auszuschließen, dass Personen in den Fließverkehr geraten", führte Halweg als denkbares Szenario aus.
Auf solche Lagen sei die Berliner Polizei eingestellt. Diese seien aber dynamisch und ließen sich kaum vorhersagen.
Halweg erklärte, dass die sechs EM-Spiele, die in Berlin ausgetragen werden, gut abgesichert würden. Ob es in diesem Zusammenhang zu Verkehrsbehinderungen kommen wird, ließ sich jetzt noch nicht abschätzen. Generell sei aber davon auszugehen, dass zumindest an den Berliner Spieltagen sich Fangruppierungen durch die Innenstadt und Autokorsos durch das Straßenbild bewegen werden.
Halweg könne sich vorstellen, dass es bei Fanmärschen und ähnlichem zu kurzzeitigen Sperrungen kommen kann.
Was im Vorfeld aber klar umrissen ist, ist das gesperrte Areal am Brandenburger Tor und vor dem Reichstagsgebäude. Bereits seit dem 6. Mai ist die Strecke zwischen dem Großen Stern und dem Brandenburger Tor für den Auto- und Radverkehr vollgesperrt. So wurde am Brandenburger Tor auf der Fanmeile Kunstrasen verlegt und weitere Aufbauten für das Public Viewing errichtet. Die Sperrung soll bis zum 26. Juli aufrechterhalten werden, erklärte die Berliner Verkehrsinformationszentrale (ViZ).
In den Sperrbereich fällt beispielsweise auch die Erbertstraße im Bereich zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz. Zwischen Behren- und Scheidemannstraße geht hier für den Verkehr gar nichts. Mit von der Sperrung umfasst ist der nördliche Bereich der John-Foster-Dulles-Allee, die Scheidemannstraße sowie Teile der Dorotheenstraße.
Der Verkehr dürfte sich dann zumeist auf der südlichen Route über Leipziger Straße/B1, Klingelhöferstraße und das Reichpietschufer sowie den Tiergartentunnel schlängeln. Im Norden soll der Bereich über Spreeweg, Paulstraße, Lüneburger Straße, Alt-Moabit, Otto-von-Bismarck-Allee, Reinhardtstraße und Friedrichstraße umfahren werden können. Mit Stau ist laut ViZ mit Sicherheit zu rechnen, sodass Pendler im Zweifelsfall auch Umwege über den Stadtring in Kauf nehmen sollten.
Erschwerend für ÖPNV-Kunden im direkten Innenstadtbereich ist, dass wegen der Fanmeile der Betrieb der Buslinie 100 bis Ende Juli eingestellt ist.
Nichts geht mehr für den Verkehr an Spieltagen rund um das Olympiastadion. Hier hat das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf eine Verkehrssonderzone eingerichtet. Diese darf an Spieltagen nur mit einer entsprechenden Berechtigungskarte befahren werden. Anwohner und Gewerbetreibende sollten diese bereits erhalten haben.
In diese großzügig gestaltete Sperrzone [viz.de] fallen mehr als 40 Straßenzüge. Es ist ein riesiges Carré um das Olympiastadion gezogen worden. Dieses reicht vom S-Bahnhof Heerstraße in westlicher Richtung bis zur Havel kurz vor Pichelsdorf ran, vom S-Bahnhof Heerstraße in nördlicher Richtung fast an den Spandauer Damm heran, in südwestlicher Richtung reicht die Verkehrssonderzone an die Waldbühne weiter bis zur Havel kurz vor Pichelsdorf.
Sonst dient die Region um das Olympiastadion beispielsweise bei Heimspielen der Hertha als Parkraum für Autofahrer. Dies entfällt während der EM-Spiele in Berlin komplett.
Immerhin: Für die organisierte Anreise von Fans mit Reisebussen stehen ausgewiesene Parkplätze in Stadionnähe zur Verfügung. Die Buchung dieser Parkflächen wird über die EURO 2024 GmbH organisiert.
Dafür weitet aber die Berliner S-Bahn ihre Kapazitäten zur Fußball-EM aus. "Mit mehr und längeren Zügen sorgen wir während der EM dafür, dass unsere Gäste aus ganz Europa mit der S-Bahn zuverlässig zu den Spielen ins Olympiastadion und zum Fanfest am Brandenburger Tor kommen", teilte S-Bahnchef Peter Buchner am Donnerstag mit.
Zwischen Innenstadt und dem Olympiastadion sollen dann auf Bestellung der Länder Berlin und Brandenburg sechs statt zwei Züge pro 20 Minuten unterwegs sein, eine Verdreifachung - hieß es. Damit können pro Stunde rund 21.600 Personen in/aus Richtung Innenstadt und 7.200 in/aus Richtung Spandau mit der S-Bahn an- und abreisen. Auch das Personal an den Bahnhöfen solle aufgestockt werden.
Auch auf der Linie S1 zwischen Gesundbrunnen und Schöneberg sowie auf der Linie S5 zwischen Westkreuz und Mahlsdorf sollen bei späten Spielen zur An- und Abreise zusätzliche Züge eingesetzt werden.
An den Bahnhöfen, insbesondere am Berliner Hauptbahnhof, will die Bahn zudem personell aufstocken.
Auch im Fernverkehr werden mehr Züge eingesetzt. 14 Sonderzüge mit knapp 10.000 zusätzlichen Sitzplätzen sollen täglich angeboten werden.
Und auch die BVG spielt mit. So wird laut Unternehmenskommunikation die Linienführung der U1 zeitweise geändert. Während der Berliner Spiele fährt diese Linie ab den Nachmittagsstunden bis in den Abend zwischen Warschauer Straße und Olympia-Stadion im Zehn-Minuten-Takt.
Die U2 fährt alle 5 Minuten bis zum Olympiastadion und von dort alle 10 Minuten weiter bis Ruhleben. Auf dem Abschnitt zwischen Wittenbergplatz und Olympia-Stadion fahren damit 18 U-Bahnen pro Stunde. Die U1 zwischen Wittenbergplatz und Uhlandstraße pausiert in diesen Zeiten. Fahrgäste können auf diesem kurzen Abschnitt auf die Busse der Linien M19 und M29 ausweichen.
An Spieltagen wird zudem die U5 deutlich länger als üblich im dichten Takt unterwegs sein. Bis zum Betriebsschluss fahren die Züge zwischen Hauptbahnhof und Frankfurter Allee alle fünf Minuten.
Die Bus-Linien 200 und 300 werden tagsüber im Zehn-Minuten-Takt verstärkt.
Angepasst und verstärkt werden sollen auch die reguläre Fahrgastinformation. Zudem soll ein vereinfachter Netzplan Fans die Orientierung im U- und S-Bahnnetz erleichtern.
Wer eine Eintrittskarte für die UEFA EURO 2024 besitzt, kann mit seinem Ticket 36 Stunden den öffentlichen Nahverkehr in Berlin nutzen.
Insgesamt betrachtet arbeitet die Senatsinnenverwaltung seit zwei Jahren an einem nachhaltigen Mobilitätskonzept. Damit EM-Besucher auf ihr Auto bei der Anreise verzichten, ist beispielsweise die Nutzung von Leihrädern der Firma Nextbike in den Monaten Juni und Juli kostenfrei, so die Senatsinnenverwaltung.
Rund um die Fan-Zonen wurden und werden außerdem zahlreiche Standorte für die Leihfahrzeuge der BVG-Mobilitätsplattform Jelbi geschaffen. Fans finden dort vor allem Sharing-Bikes und E-Tretroller, um zum nächsten Bahnhof zu gelangen. Insgesamt 13 Jelbi-Punkte wird es im Bereich Tiergarten zwischen Brandenburger Tor und Großem Stern geben. Im gesamten Bezirk Mitte sind es dann über 100 Standorte.
Grundsätzlich wird die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad oder dem E-Scooter empfohlen.
Sperrungen aufgrund von Bauarbeiten sind während der EM möglich. Die ViZ informiert hier stets und ständig auf einer Webkarte [viz.berlin.de].
Zur Sicherheitslage teilte der Innensenat am Freitag mit, dass polizeiliche Einsatzplanungen stattgefunden haben. Derzeit liegen den Sicherheitsbehörden keine Hinweise oder Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung der Veranstaltungen schließen lassen. Eine fortlaufende Bewertung der Gefährdungslage ist wesentlicher Bestandteil der abzuleitenden Maßnahmen und wird vor, während und nach der Veranstaltung betrieben.
Im Übrigen werden Einlasskontrollen am Olympiastadion durch private Dienstleister verantwortet. Sicherheitsvorkehrungen für die Fan-Zones werden in einem Sicherheitskonzept durch die beauftragte Veranstalterin Kulturprojekte Berlin GmbH festgeschrieben. Wie lange Fans jeweils beim Einlass warten müssen, lässt sich derzeit nicht valide abschätzen, hieß es.
Beitrag von Georg-Stefan Russew
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