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Quelle: rbb

Räumung aus Geburtshaus

Gekündigter 84-jähriger Mieter "Manne" muss kein Zwangsgeld zahlen

Manfred Moslehner soll sein Geburtshaus in Reinickendorf räumen. Der Eigentümer will modernisieren und hat dem Mieter gekündigt. Moslehner verweigert die Herausgabe des Schlüssels und landet vor Gericht. Es drohen Zwangsgeld oder Zwangshaft.

Der 84-jährige Manfred Moslehner kann die Modernisierung seiner Wohnung nicht mehr verhindern – auch wenn er sich mit kaum 1.000 Euro Rente keine höhere Miete leisten kann. Mittlerweile verpflichtet ihn ein Gerichtstitel, Planer und Handwerker in die Wohnung zu lassen – was nun Stein des Anstoßes ist: Weil der Rentner an einem Tag im September die Schlüssel nicht herausgegeben hatte, will ihn die Eigentümer-Firma zwingen, notfalls mit Zwangsgeld oder Zwangshaft.

Sein gesamtes Leben lang hat Manfred Moslehner, genannt "Manne", in seinem Haus in der Kleinhaussiedlung Am Steinberg gewohnt. Er wurde 1939 sogar hier geboren.

Wohnanlage Reinickendorf

Mieter soll nach 84 Jahren sein Haus verlassen

Manfred Moslehner wohnt seit seiner Geburt in der Siedlung "Kleinkleckersdorf" und soll nun sein Haus für eine Modernisierung von Bad und Küche verlassen. Nachbarn solidarisieren sich mit ihm gegen die mögliche Verdrängung.

Angst hat er

Zum Gerichtsprozess am Dienstag vor dem Amtsgericht Wedding erscheint Manne aber nicht allein. Nachbarinnen und Nachbarn unterstützen den 84-Jährigen. Denn so sei es bereits anderen Anwohnern der "Kleinkleckersdorf" genannten Siedlung in Berlin-Reinickendorf ergangen, seitdem diese im Jahr 2010 vom Land Berlin an die private Entwicklungsgesellschaft "Am Steinberg" verkauft wurde. Das Bad und die Küche sollen nun erneuert werden, Moslehner lehnt das ab und würde die Renovierung lieber selbst vornehmen, "wenn ich wüsste, dass ich endgültig hier bleiben darf, bis eben zum Ableben", sagt der 84-Jährige.

"Angst?", zögert der Mieter auf die Frage des rbb vor Zwangsgeld oder Zwangshaft vor dem Prozess am Dienstag. "Ja, habe ich."

Kleiner Lichtblick für Manne

Vor Mannes Haus steht die wahrscheinlich längste Mahnwache Berlins. Seit fast 14 Jahren demonstrieren die Mieterinnen und Mieter gegen die Luxussanierung ihrer kleinen Häuser. Auf Transparenten steht "Kapital verdrängt uns", "Entmieten verbieten" und "Solidarität mit Manne" geschrieben. "Eine Wohnung ist kein Aktienpaket", sagt eine Anwohnerin aufgebracht, "und der Mann ist auch kein Aktienpaket!" Man behandle "Manne" wie Dreck, sagt ein anderer.

Für viele sei das eine psychische Belastung. Für einige so sehr, dass sie sich im Krankenhaus haben behandeln lassen müssen, da sie dem Druck des Gerichtsvollziehers nicht standhalten konnten, schildert ein anderer Anwohner.

Doch es folgt ein kleiner Lichtblick für Manne: Er muss weder Zwangsgeld zahlen noch in Zwangshaft, weil er einem Mitarbeiter die Schlüssel zu seiner Wohnung verweigerte. Das urteilte das Amtsgericht Wedding am Mittwoch.

Räumungsklage

Spender stellen Kaution für gekündigten 84-Jährigen Mieter in Reinickendorf bereit

Manfred Moslehner soll sein Geburtshaus räumen. Der Eigentümer will modernisieren und hat dem Mieter gekündigt. Auf Medienberichte hin hat eine Spenderinitiative jetzt das Geld für eine Kaution gesammelt – die soll dem 84-Jährigen Zeit verschaffen.

Sanierung lässt sich nicht verhindern

Seit 14 Jahren stehe die Bewohner Kleinkleckersdorf unter Druck. "Den haben viele nicht ausgehalten und sind ausgezogen", sagt Manne. "Aber wir kämpfen immer noch."

Von einst 50 Bewohner sind nur 20 Altmieter geblieben, die die Sanierung ihrer Häuser allerdings nicht mehr verhindern können. In den sanierten Häusern hat sich die Miete mehr als verdreifacht - für 80 qm auf rund 2.500 Euro und auch mehr. Für viel hier unbezahlbar. Und der Prozess gegen Manne, das befürchten alle, werde auch nicht der letzte sein.

Sendung: rbb24 Abendschau, 19.06.2024, 19:30 Uhr

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