Ukraine-Konferenz mit Selenskyj
Ob Selenskyj, Obama, König Charles oder der Papst: Für sie wird nicht nur der rote Teppich ausgerollt, sondern auch Teile Berlins zur Sicherheitszone erklärt. Wer entscheidet, wie Staatsgäste geschützt werden.
Rund 2.000 Menschen kommen am Dienstag anlässlich der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine auf dem Berliner Messegelände zusammen. Gleichzeitig wirbt der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj im Bundestag für die Unterstützung seines Landes im Krieg gegen Russland, anschließend ist er bei Bundespräsident Steinmeier zu Gast.
Deshalb gelten besondere Sicherheitszonen in der Hauptstadt. Deren Auswirkungen wie etwa Verkehrseinschränkungen bekommen viele Berliner:innen zu spüren.
Für den Schutz von Politikern und ihren Gästen wie Selenskyj ist in Deutschland die Polizei zuständig. Beim Bundespräsidenten, dem Bundeskanzler und einer Reihe Bundesminister übernimmt das Bundeskriminalamt (BKA) diese Aufgabe. Laden diese ausländische Gäste ein, erhalten auch diese Schutz.
Personenschutz ist durch die polizeiliche Dienstvorschrift 129 geregelt. Sie unterteilt die Gefährdung in drei Stufen. Die erste ist für Menschen mit besonders hohem Risiko. Sie sind erheblich gefährdet, mit einem Anschlag ist jederzeit zu rechnen. Dazu zählt auch Selenskyj, der als Machthaber eines Landes im Krieg eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, zur Zielscheibe zu werden.
Staatsgäste, für die ebenfalls eine solche Einstufung galt, waren etwa der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu oder der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan im vergangenen Jahr, Barack Obama 2013 oder der Papst Benedikt XVI. im Jahr 2011. Dazu stimmt sich das BKA jeweils mit den ausländischen Sicherheitskräften ab.
Die zweite Gefährdungsstufe gilt für Personen, die gefährdet und auf die ein Anschlag nicht unwahrscheinlich ist. Bei Stufe drei kann eine Gefährdung der Person nicht ausgeschlossen werden.
Laut BKA steht am Beginn die Gefahreneinstufung - wie wahrscheinlich ist es, dass der zu schützenden Person etwas passieren könnte? Daraufhin werden erforderliche Maßnahmen festgelegt - etwa Personenschützer, Eskorten, Absperrung von Straßen und Bahnstrecken, Luftraumüberwachung, Scharfschützen auf Dächern oder das Verplomben von Gullydeckeln. Auch werden im Bedarfsfall Gebäude mit Sprengstoff-Spürhunden durchsucht, die im Nachhinein von Staatsgästen betreten werden.
Für die Berlinerinnen und Berliner sind die Maßnahmen häufig eine Zumutung: Ausweiskontrollen vor der eigenen Wohnung oder Arbeitsstätte, das Verbot, Fenster zu öffnen oder den eigenen Balkon zu betreten sowie massive Einschränkungen des Straßen- und Schienenverkehrs.
Auch Landespolitikerinnen und -politiker erhalten Personenschutz. Als Franziska Giffey (SPD) noch Regierende Bürgermeisterin von Berlin war, wurde ihr Dienstwagen immer von einer zweiten Limousine des Landeskriminalamts mit mehreren Leibwächtern begleitet. Im Amt der Wirtschaftssenatorin galt sie nicht mehr als besonders gefährdet und hatte normalerweise keinen Schutz mehr.
Jede Annäherung können aber auch die Leibwächter der Polizei nicht verhindern. Vor allem in Wahlkämpfen mit viel Bürgernähe schaffen es aggressive Menschen manchmal, Politiker zu bedrängen. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wurde 1991 mit Eiern und Farbbeuteln beworfen, sein Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) 2004 geohrfeigt. Bei den gravierendsten Vorfällen wurden 1990 der CDU-Spitzenpolitiker Wolfgang Schäuble und der SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine durch Angriffe schwer verletzt.
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