Bilanz Agroforst-Projekt in Peickwitz
Seit 2015 testet ein Landwirt aus Peickwitz, wie sich Tierhaltung, Landwirtschaft und Gehölzanbau sinnvoll kombinieren lassen. Er erhofft sich mehr Artenreichtum und besseren Bodenschutz - nun zieht er eine Bilanz.
Vor allem im Sommer ist es keine Seltenheit: häufig rückt die Feuerwehr zu vermeintlichen Waldbränden aus, Meldungen großer Rauchwolken gehen ein. Vor Ort steht die Feuerwehr dann auf einem Feld - und sieht kein Feuer. Der Wind trägt große Mengen Staub und Sand in die Luft.
Der Staub und Sand ist allerdings die Lebensgrundlage der Landwirte. Der Boden wird von Wind und Wasser abgetragen. Der Hauptgrund: es gibt kaum noch Baumreihen auf den Äckern, die den Wind brechen können. Früher waren solche Baumreihen auf Feldern üblich, mittlerweile gibt es sie kaum noch. Unter dem neuen Begriff Agroforstwirtschaft soll die Landwirtschaft in Verbindung mit dem Gehölzanbau wieder verbreitet werden, zumindest wenn es nach dem Willen der Beteiligten in Peickwitz (Oberspreewald-Lausitz) geht.
Hier betreibt ein Landwirt schon seit neun Jahren Agroforstwirtschaft. Am Dienstag hat Thomas Domin, gemeinsam mit den Projektpartnern aus der Wissenschaft, eine Bilanz gezogen.
"Tatsächlich ist das eine uralte Idee, früher war eigentlich überall Agroforstwirtschaft betrieben worden", sagt Christian Böhm. Er ist Forstwissenschaftler an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und im Fachverband für Agroforstwirtschaft. Im Laufe der Zeit habe es sich aber entwickelt, dass man Landwirtschaft und Forstwirtschaft trennt, so Böhm.
Gründe dafür gibt es mehrere: das Pflanzen der Bäume kostet Geld, bedeutet zusätzliche Arbeit für den Landwirt und behindert die Bewirtschaftung der Felder. Mit großen Traktoren oder Mähdreschern lassen sich die Äcker dann nicht mehr so gut bearbeiten.
Doch die Vorteile überwiegen, sagt Christian Böhm. Der Wind werde gebremst, der Boden dadurch nicht mehr so stark abgetragen. Das verbessere das Mikroklima und es werde mehr Wasser im Boden gehalten. Zudem, sagt Böhm, gebe es nicht so große Temperaturspitzen in Agroforstkulturen.
Auch Thomas Domin kann diese Vorteile bestätigen. Auf seinem Hof betreibt er seit 2015 Agroforstwirtschaft. Angefangen habe er mit Pappeln, Weiden, Erlen und Robinien, so Domin. Schnell wachsende Gehölze - und die einzigen, die damals auf den Acker durften. Seit 2023 dürfen deutlich mehr Baumarten gepflanzt werden.
Mittlerweile hat Domin auch Obstbäume gepflanzt und auch schon eigenes Obst geerntet. Sein Traum ist, eigenen Apfelsaft oder Obstbrand in seinem Hofladen anbieten zu können. Auch das erste Holz konnte schon geerntet werden. Aus den Pappeln seien Hackschnitzel gemacht worden, mit denen der Hofladen, das Geschäftshaus und die Ställe geheizt werden.
Die restlichen Felderträge seien hingegen stabil geblieben, nicht gesunken.
Domin hat mittlerweile viel Geld in die Agroforstwirtschaft gesteckt. Er zieht dennoch ein positives Fazit. Abgesehen von den für ihn messbaren Vorteilen leistet die Agroforstwirtschaft aber auch auf lange Sicht einen Beitrag zum Klimaschutz. In den Hecken siedeln sich Tiere an, der Boden bleibe fruchtbar, sagt Jenny Ley-Kumar von Regionalwert Research in Leipzig, einem weiteren Partner in dem Projekt.
"Wir sagen das rechnet sich doch sehr wohl, das ist eben ein langfristiges ökonomisches Denken", so Ley-Kumar. Sie hat berechnet, dass Domins Nachhaltigkeitsbeitrag für die Gesellschaft fünfstellig ist - allein im vergangenen Jahr liege er bei 66.000 Euro. Damit Domin nicht allein auf seinen Investitionskosten sitzen bleibt, fordert Ley-Kumar eine Beteiligung von der Politik.
Sollte sich die eigentlich alte Idee von der Agroforstwirtschaft wieder mehr verbreiten, könnte noch mehr Wasser auf den Äckern gehalten werden, noch mehr Boden geschützt und noch mehr neue Lebensräume geschaffen werden. Dann müsste die Feuerwehr an windigen Sommertagen vielleicht nicht mehr so oft grundlos ausrücken.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.06.2024, 19:30 Uhr
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