Von Überschwemmungen durch Starkregen sind laut einer Studie auch Teile Brandenburgs bedroht. Ministerpräsident Woidke steht einer Pflichtversicherung für alle Hauseigentümer gegen Hochwasserschäden dennoch skeptisch gegenüber.
Hochwasserschäden werden nicht von Standard-Gebäudeversicherung übernommen
Daher oft Milliardenhilfen durch Bund und Länder nötig
Mehrere Länder bringen nun Pflichtversicherung ins Spiel
Woidke skeptisch: besserer Damm- und Deichbau notwendig
Auch Eigentümerverband und GDV setzen auf Prävention
In Brandenburg 14.000 Häuser hochwassergefährdet - die meisten in Elbe-Elster
Überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, unermüdliche Einsatzkräfte: Während in manchen Teilen der Hochwassergebiete Süddeutschlands die Wasserstände langsam zurückgehen, haben sich mehrere Bundesländer für die Einführung einer Versicherungspflicht ausgesprochen.
Einen solchen Vorschlag hatte es zuletzt aus Bayern und Hessen gegeben, weil Schäden durch Sturm oder Hochwasser nicht von Gebäudeversicherungen übernommen werden. Die Standard-Policen decken nur Schäden ab, die durch Brände, Blitzeinschläge, Sturm und Hagelschauer verursacht werden. Auch deshalb sind Bund und Länder nach Starkregen-Katastrophen wie im Jahr 2021 mit Milliardenhilfen eingesprungen. Durch den Klimawandel wird mit einer Zunahme derartiger Ereignisse gerechnet.
Die Höhe der in der vergangenen Woche von Dauerregen verursachten Schäden ist noch unklar. Das Wasser müsse erst ganz abgeflossen sein, bevor die Schäden überhaupt begutachtet werden könnten, hieß es beim Gesamtverbandes der Versicherer (GDV). Dem Verband zufolge sind nur rund 40 Prozent aller Gebäude in Deutschland gegen die finanziellen Folgen durch Naturgefahren versichert.
In Süddeutschland bleibt die Wetterlage ernst. Es wird sogar erneut vor Starkregen und Gewittern gewarnt. Im Zugverkehr kommt es zu Ausfällen, ICE aus Berlin fahren maximal bis Nürnberg. In Berlin und Brandenburg ist es derweil trüb, aber weitgehend trocken.
Woidke: Versicherungspflicht reicht nicht aus
Nach Angaben des GDV kostet eine Standard-Gebäudeversicherung für ein Einfamilienhaus in normaler Lage und mit Keller etwa 200 Euro im Jahr, bei einer Selbstbeteiligung von 250 Euro. Fügt man eine Elementarversicherung gegen Naturschäden hinzu, steigt die Prämie je nach Anbieter auf bis zu 300 Euro und mehr. Die Beiträge sind abhängig von der Wahrscheinlichkeit für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen. Grundlage dafür ist ein brancheneigenes, vierstufiges Geoinformationssystem zur Einschätzung von Naturgefahren.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte am Motag im rbb, er sehe eine Einführung einer Pflichtversicherung skeptisch. Diese könne zwar helfen, es sei darüber hinaus aber auch notwendig, auf Bundesebene Vorsorge zu schaffen - etwa durch präventive Maßnahmen wie den Deich- und Dammbau. Eine Versicherungspflicht allein reiche nicht aus, so Woidke.
Anders als 2002 ist Brandenburg diesmal nicht von den heftigen Überflutungen in Deutschland betroffen. ARD-Wetterexperte Stefan Laps erklärt, was das mit den Alpen zu tun hat. Und dass Brandenburg jederzeit wieder von Wassermassen heimgesucht werden könnte.
Versicherer und Hauseigentümervertreter fordern Schutzmaßnahmen
Skeptisch äußerte sich am Montag auch der Eigentümerverband Haus & Grund. Zwar sei es ratsam, dass Hauseigentümer eine Erweiterung der bestehenden Wohngebäudeversicherung prüften. Verbandspräsident Kai Warnecke bezeichnete eine Elementarschadenversicherung als "sinnvolle Investition in den Werterhalt der eigenen Immobilie", zudem schütze sie vor existenziellen finanziellen Folgen, die durch Naturgewalten verursacht werden können.
Warnecke sprach sich jedoch gegen eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden aus, wie sie von einigen Landesregierungen gefordert wird: "Eine Pflichtversicherung verhindert keinen einzigen Schadensfall. Deshalb sollten wirksame Schutzmaßnahmen gegen Schäden durch Starkregen und Überflutungen im Mittelpunkt stehen."
Katrin Jarosch, Sprecherin des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV), sagte dem rbb, Prävention müsse beim Schutz vor Überschwemmungen in Zukunft Vorrang haben. "Ein Versicherer kann nur die Schäden decken, für die er auch Kapital vorhält. Wenn wir sogenannte Jahrhundertwasser im Dekaden-Rhythmus haben, dann werden die Einnahmen der Versicherer durch Prämien nicht ausreichen", so Jarosch. "Wenn politisch gar nichts passiert, dann rechnen wir innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einer Verdoppelung der Prämien."
Dauerregen und Hochwasser in Süddeutschland lösen auch bei vielen Menschen, die nicht direkt betroffen sind, Angst und Sorge aus. Wieso sogenannte Klimagefühle nicht nur schlecht sind und wie man damit am besten umgeht, erklärt Psychologin Lea Dohm.
Überschwemmungsgefahr in Elbe-Elster am größten
Bereits im Februar hatte der GDV in einer Studie mit Daten der Landesumweltämter ermittelt, dass allein in Brandenburg 14.000, in Berlin 151 Häuser in Überschwemmungsgebieten liegen. Die meisten hochwassergefährdeten Gebäude liegen im Landkreis Elbe-Elster – hier sind von den 38.200 Adressen rund 2.000 (5,3 Prozent) durch ihre Lage, wie etwa an der Schwarzen Elster, gefährdet. Es folgen die kreisfreie Stadt Brandenburg an der Havel und der Landkreis Dahme-Spreewald mit knapp 700 (4,2 Prozent) bzw. 540 (0,8 Prozent) Adressen in Überschwemmungsgebieten.
Der GDV fordert deshalb insbesondere, den Neubau von Häusern gefährdeten Gebieten zu stoppen. "Man muss sich auf Klimafolgen einstellen und dementsprechend planen, dazu gehört es auch, dass keine Häuser in Überschwemmungsgebieten gebaut werden", so Jarosch.
Nach schweren Unwettern im Jahr 2021 hatte der Bund 30 Milliarden Euro zum Wiederaufbau bereitgestellt. Betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wurden Entschädigungen in Höhe von bis zu 80 Prozent des Schadens gewährt.