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Video: Brandenburg Aktuell | 12.06.2024 | R. Bachofer | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Nach Umweltkatastrophe 2022

Erneut tote Fische in Oder entdeckt - vermehrt giftige Goldalge festgestellt

In der Oder schwimmen erneut tote Fische, die giftige Goldalge wird als Ursache vermutet. In Polen ist das Problem bereits im Mai aufgetreten. Die Zusammenarbeit der Behörden sei laut Ministerpräsident Woidke mittlerweile besser als 2022.

An der Oder sind rund zwei Jahre nach der Umweltkatastrophe in dem deutsch-polnischen Grenzfluss wieder tote Fische entdeckt worden. Die giftige Goldalge, die im Sommer 2022 mitverantwortlich für ein großes Fischsterben war, konnte sich wieder ausbreiten und wird auch nun wieder als ursächlich bewertet.

Die Belastung der Oder mit der giftigen Goldalge ist nach wie vor hoch. Es könne keine Entwarnung gegeben werden, teilte das Umweltministerium in Potsdam am Mittwochabend nach Beratungen mit dem Landesumweltamt mit.

Trotz einer leichten Stabilisierung im Vergleich zum vergangenen Wochenende blieben die Messwerte zur elektrischen Leitfähigkeit und der Chlorophyllgehalt im Gewässer sehr hoch, so das Ministerium. Die Werte sind Indikatoren etwa für Salzgehalt und Algenbelastung. Am vergangenen Wochenende waren laut Behörde auch die Werte für die Toxizität in Frankfurt (Oder) sehr hoch gewesen, also ein Anzeichen für das Gift der Goldalge.

Aus Gleiwitzer Kanal eingespült

Giftige Goldalgen in der Oder entdeckt

Tote Fische, Muscheln und Schnecken

Am Winterhafen in Frankfurt (Oder) waren am Dienstag Dutzende tote Fische zwischen Seerosen zu sehen, darunter bis zu 60 Zentimeter große Zander und Hechte. Auch tote Muscheln und Schnecken schwammen an der Wasseroberfläche. "Das zeigt, dass die Ursachen zu wenig bekämpft wurden und dass wir noch zu wenig über die Alge wissen, die nun unumkehrbar im Fluss ist. Deshalb sind wir nach wie vor in einer akut gefährlichen Lage für unseren Fluss", sagte der Frankfurter Oberbürgermeister René Wilke (Linke) am Mittwoch dem rbb.

"Die ausgegebene Gefährdungsstufe 3 bleibt bestehen", teilte das Landesamt für Umwelt am Abend mit. Das bedeutet, es werde von der giften Goldalge Prymnesium parvum ausgegangen. Diese höchste Warnstufe, die nach der Umweltkatastrophe 2022 eingeführt wurde, regle, wer wann aktiv werden müsse.

Die aktuelle Wettersituation habe sich durch hohe Abflusswerte in der Oder bisher begünstigend ausgewirkt, sodass die Auswirkungen bislang nicht mit denen im Jahr 2022 vergleichbar seien, so das Ministerium. Hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Gift der Goldalge waren aus Expertensicht wesentliche Ursachen für das massenhafte Fischsterben im August 2022 in der Oder.

Oder-Abzweig

Viele tote Fische im Gleiwitzer Kanal in Polen entdeckt

Wissenschaftler vermutet lokales Problem am Frankfurter Winterhafen

Der Fischökologe Christian Wolter vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigte sich besorgt. "Aber es ist schwierig zu sagen, wie sich das entwickelt", meinte Wolter. Für die Forschung werde der aktuelle Fund neue Erkenntnisse bringen, so Wolter. Die Wissenschaftler des IGB forschen zum Zustand der Oder und der Alge.

Wolter vermutet ein lokales Problem im Frankfurter Winterhafen. "Nachdem ich die Bilder gesehen habe und auch die Umgebung der toten Fische, erscheint es mir so, als sei das eher ein Sauerstoffmangelproblem und es würde auch dazu passen, dass von anderen Stellen aus dem fließenden Gewässer noch nichts gemeldet wurde", sagte Wolter dem rbb. Nach Informationen von rbb-Reportern seien bis Mittwoch auch in Lebus, Reitwein, Küstrin-Kietz und Kienitz bislang keine toten Fische gesichtet worden.

Erneut hoher Salzgehalt

Die Werte für die elektrische Leitfähigkeit seien nach wie vor hoch, so das IGB. Diese ist ein Indikator für den Salzgehalt. Auch andere Messwerte wie pH-Wert und Sauerstoff zeigten den typischen Verlauf einer Algenblüte, so die Behörde. Das Landesamt für Umwelt habe daher in der vergangenen Woche als Vorkehrung empfohlen, keine Überleitungen aus der Oder in den Oder-Spree-Kanal vorzunehmen.

Die Oder nach dem Fischsterben

"Der Fluss ist ruhiger geworden"

Auch Sportfischer wurden im August 2022 Zeugen des massenhaften Fischsterbens an der Oder. Inzwischen erzielen viele Angler wieder sehr gute Fänge. Doch laut Experten ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Von Anton Fahl und Fabian Friedmann

Goldalge schon im Mai in Polen entdeckt

In Polen wurde bereits im Mai die giftige Goldgalge und tote Fische im dem von der Oder abzweigenden Gleiwitzer Kanal entdeckt. Das polnische Umweltministerium hatte damals mitgeteilt, die Behörden wollten den Wasserdurchfluss erhöhen, um eine Ausbreitung der Goldalge zu erschweren. Sie sei aus dem Gleiwitzer Kanal in den Fluss gespült worden.

Besonders betroffen seien aktuell die Buchten und Kanäle in Glogow und Nietkow, sagte Jaroslaw Garbacz, Sprecher der Regionalverwaltung Wody Polskie in Wroclaw, am Mittwoch dem rbb. Notwendige Maßnahmen, die das Ausbreiten des Fischesterbens verhindern sollen, seien eingeleitet worden. Dazu gehören laut Garbacz "das Abtrennen dieser Nebengewässer vom Hauptstrom, damit die Lebewesen, die im Fluss leben dort nicht hineinschwimmen und dem Gift der Goldalgen ausgesetzt sind." Zudem sei eine 24 Stunden-Hotline eingerichtet worden, über die Bürger Veränderungen in der Oder den polnischen Behörden melden können.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bestätigte am Mittwoch dem rbb, dass sich die Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Behörden seit der Oderkatastrophe 2022 verbessert habe: "Wichtig ist natürlich hier so zusammenzuarbeiten, dass Schäden vermieden werden. Die Oder ist eine Lebensader für hunderttausende Menschen in Polen und Brandenburg und deswegen muss alles getan werden, dass sich solche Dinge wie 2022 nicht wiederholen können."

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.06.2024, 19 Uhr

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