Schulen warnten Eltern
Schulen im Barnim haben Eltern in dieser Woche vor möglichen Entführungen gewarnt. Hintergrund ist ein Anruf, mit dem ein Kind aus einer Schule gelockt werden sollte. Jetzt stellt sich heraus, es handelte sich wohl um einen Streich von Jugendlichen.
Im Fall des möglichen Entführungsversuchs an einer Schule in Klosterfelde in der Gemeinde Wandlitz hat die Polizeidirektion Ost dem rbb am Freitag bestätigt, dass sich zwei Jugendliche anonym gemeldet haben. Sie hätten zugegeben, dass es sich um einen Scherzanruf gehandelt habe.
Der Anruf hat an Schulen im Barnim Verunsicherung ausgelöst. Dort hatte das staatliche Schulamt Frankfurt (Oder) - zuständig für die Schulen in Ostbrandenburg - in dieser Woche in einem Rundschreiben vor möglichen Entführungsversuchen von Schulkindern im Kreis Barnim gewarnt. Die Polizeidirektion Ost bestätigte dem rbb, dass ein solches Schreiben des Schulamtes vorliege. Das Rundschreiben sei demnach an alle Schulen im Kreis Barnim gegangen.
Auch das Brandenburger Bildungsministerium bestätigte dem rbb am Freitagnachmittag den Vorfall. Dabei sei mit unterdrückter Telefonnummer in der Schule angerufen worden und eine Person habe sich als Elternteil eines Schülers ausgegeben. "Die Person bat aufgrund eines familiären Vorfalls, den Schüler aus dem Unterricht zu entlassen und nach Hause zu schicken." Durch Rückruf habe sich herausgestellt, dass die Eltern nicht angerufen hatten.
Nach diesem Vorfall seien "alle freien und öffentlichen Schulen im Land Brandenburg (...) durch die vier staatlichen Schulämter per Mail informiert und mit folgendem Text sensibilisiert worden", teilte Sprecherin Ulrike Grönefeld am Freitag mit. Inzwischen sei auch eine Entwarnung an die Schulen versendet worden.
Dem rbb liegt das Schreiben der Schulverwaltung vor, in diesem Fall wurde es von der Leitung des Barnim Gymnasiums Bernau an Eltern, Schüler und Lehrerschaft ausgegeben. Darin wird der Anruf beschrieben. In dem Schreiben heißt es aber auch, vor einer Schule sei ein wartender weißer Lieferwagen beobachtet worden.
Die Meldung über eine Warnung vor Entführungen hatte sich auch in Chatgruppen und sozialen Medien verbreitet und in der Bevölkerung für Unruhe gesorgt. So meldeten sich beispielsweise in der Kreisverwaltung Barnim mehr als 60 besorgte Eltern, wie Sprecher Robert Bachmann am Donnerstag sagte.
Polizeisprecher Roland Kamenz von der Direktion Ost klärte am Freitag dem rbb gegenüber auf, dass tatsächlich ein Anruf an einer Schule in Klosterfelde eingegangen ist. Dies habe sich bereits am 29. Mai ereignet. Inzwischen geht die Polizei aber davon aus, dass es sich um einen Streich handelt. "Am Donnerstag gab es erneut zwei Anrufe an der gleichen Schule", sagte Kamenz. "In diesen Gesprächen haben sich Jugendliche gemeldet, die ihren Namen allerdings nicht nennen wollten. Die haben ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht und dass ihnen die Tragweite dessen, was sie getan haben, nicht klar war und dass es eigentlich ein Scherz sein sollte."
Dem werde aktuell nachgegangen, hieß es. Der Polizei lägen zudem weitere unabhängige Hinweise zur Identität der Anrufer vor, so der Sprecher.
Die Jugendlichen sollen nach derzeitigem Stand nicht von derselben Schule stammen. Kontakt mit den Ermittlern gebe es noch nicht. "Eine strafbare Handlung hat es noch nicht gegeben", sagte Kamenz. Zudem müsse man schauen, wie alt die Personen tatsächlich waren.
Das bestätigte auch der Wandlitzer Bürgermeister Oliver Borchert: "Mittlerweile verdichten sich die Informationen, dass es genauso gewesen ist. Man wird unter Mitnahme der Eltern diese Schüler auch ansprechen."
Nach Angaben der Polizei und des Bildungsministeriums gab es lediglich Anrufe an einer Schule. Weitere vergleichbare Vorfälle seien auch im Austausch mit der Direktion Nord aktuell nicht bekannt, hieß es von der Polizei. Im Schreiben des Schulamtes war zunächst von zwei Schulen die Rede.
Auch die Hinweise des Schulpersonals zu einem weißen Transporter entkräftete der Polizeisprecher. Er wolle nicht ausschließen, dass es ein entsprechendes Fahrzeug gegeben haben könnte. Es sei aber nicht unüblich, dass in vielen Erzählungen ein weißer Transporter eine Rolle spiele. Allerding sähe die Polizei hier derzeit keinen Zusammenhang.
Kamenz zufolge haben die Schulleitung in Klosterfelde und das Schulamt korrekt gehandelt und zeitnahe die Polizei hinzugezogen. Bürgermeister Borchert bestätigte ebenfalls, dass den Bildungsträgern kein Vorwurf zu machen ist. "Das Sekretariat und die Schulleitung haben sehr gut reagiert. Sie haben Lehrerschaft Schulamt und Schulträger über diesen Anruf informiert. Sie haben sich bei den Eltern rückversichert, ob das tatsächlich so ist, dass der Junge dort abgeholt werden soll."
Für die besorgten Eltern zeigte er Verständnis. Zum Ausmaß der allgemeinen Verunsicherung sagte er: "Worauf man keinen Einfluss hat, ist, dass die Verstärker-Funktion der Algorithmen in den sozialen Medien dazu führt, dass wir eine gefühlt sehr starke Bedrohungslage an dieser Stelle haben."
Auf Anfrage an das Polizeipräsidium Potsdam zu Fällen, bei denen Kinder angesprochen werden, hieß es am Freitag, dass im vergangenen Jahr landesweit insgesamt 180 Vorkommnisse registriert wurden. "Jede Meldung wird sehr ernst genommen und intensiv geprüft", hieß es in einer schriftlichen Antwort. "Vielfach handelte es sich dabei um Sachverhalte, die sich so nicht bestätigt haben, beziehungsweise bei denen kein strafrechtliches Handeln zugrunde lag."
Als strafrechtlich relevant bewertete die Polizei im vergangenen Jahr 29 Fälle. Nach derzeitigem Stand konnten im Zuge dessen 16 Tatverdächtige ermittelt werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 06.06.2024, 18:30 Uhr
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