Neue Techniken, neue Ausrüstung
Nach dem Waldbrand im Jahr 2022 hat sich die Stadt Beelitz entschlossen, ein umfangreiches Waldbrandschutzkonzept zu erstellen. Federführend ist eine Feuermanagerin. Auch eine Sondereinheit wurde gegründet. Von Jacqueline Piwon
So etwas wollen sie in Beelitz (Potsdam-Mittelmark) nie wieder erleben: Bis auf 30 Meter waren die Flammen im Mai 2022 an einige Wohnhäuser herangekommen. Die Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Buchstäblich in letzter Minute gelang es der Feuerwehr, den Waldbrand aufzuhalten. Es war genau dieses Erlebnis, das in Beelitz zu einem Umdenken führte. Kurz nach dem verheerenden Feuer wurde deshalb Juliane Baumann als Beraterin in die Stadt geholt.
Zwei Jahre später steht die selbstständige Beraterin nun auf einem Grundstück in Fichtenwalde, einem waldreichen Ortsteil von Beelitz. Anwohnerinnen und Anwohnern erzählt sie, wie sie ihre Grundstücke bestmöglich schützen können: Zwei Meter um das Haus herum sollten keine brennbaren Dinge gelagert werden. Darüber hinaus sollten Baumkronen keinen direkten Kontakt zum Haus haben, erzählt die Expertin bei der Vor-Ort-Beratung. Termine wie dieser sind Teil eines ganzen Schutzkonzeptes für Beelitz.
Baumann weißt, wovon sie spricht. Sie hat zehn Jahre lang in Spanien gelebt und dort bei der katalanischen Feuerwehr selbst Waldbrände bekämpft. Dabei hat sie viel gelernt. Das Wissen gibt sie nun als selbstständige Beraterin weiter.
In Beelitz hat die studierte Öko-Agrarmanagerin zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr, dem Rathaus und Stadtförster Martin Schmitt das Waldbrandschutzkonzept erarbeitet. Es wird seit nunmehr zwei Jahren Stück für Stück umgesetzt. Ziel ist es, Beelitz und seine Ortsteile besser zu schützen.
Dabei gehe es nicht allein um die Brandbekämpfung und bessere Ausstattung der Feuerwehr, so Baumann. Das Konzept sei ganzheitlich angelegt. Es gehe auch um Prävention und Veränderungen im Waldbau. Zudem soll die Bevölkerung aufgeklärt werden.
Für Bürgermeister Bernhard Knuth (Unabhängiges Kommunalbündnis) ist die Zusammenarbeit mit Baumann die logische Konsequenz aus den Erfahrungen in Beelitz. "Ich möchte möglichst viel Schutz für die Bürger auf den Weg bringen", sagt er. "Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, diese Maßnahme auch forciert umzusetzen."
Was die Beratertätigkeit und die Umsetzung des Konzepts genau kostet, sagt Knuth nicht. "Die Kosten sind sicherlich nicht unerheblich, setzen sich aber aus vielen verschiedenen Stellen zusammen." Genau beziffern könne man das einfach nicht, so Knuth weiter.
Teil des Waldbrandschutzkonzeptes ist auch die gezielte Weiterbildung der Feuerwehrleute. Aus allen Wehren der Stadtteile werden Kräfte zu diesen Terminen entsandt. Sie bilden die neu geschaffene Waldbrand-Sondereinheit.
Baumann zeigt im Rahmen dessen eindrückliche Videos aus Spanien, Chile oder Griechenland. In diesen Ländern haben die Feuerwehren mit besonders starken Waldbränden zu kämpfen. Aus den Erfahrungen der südlichen Länder könne man auch für Brandenburg viel lernen, sagt die Expterin.
In Deutschland seien Waldbrände in der Dimension, wie sie in den vergangenen Jahren aufgetreten sind, "schon etwas Neues für die Feuerwehren", sagt Baumann weiter. "Wir stellen immer wieder fest, dass es Waldbrände gibt, wo die Einsatzkräfte hinkommen und einfach wirklich überfordert sind. Beispielsweise mit der Intensität des Brandes, der Höhe der Flammen."
Zwar seien die Feuerwehren in Brandenburg immer besser ausgestattet, aber "das bringt nichts, wenn man ein neues Löschfahrzeug hat, aber eben nicht weiß, was das Feuer tut. Und dieser Erfahrungswert fehlt einfach hier in Deutschland", sagt Baumann. In Beelitz sprechen sie deshalb darüber, welche Vegetation wie brennt, was zu tun ist, wenn der Wind sich ändert, aber auch über neue Löschtechniken und Einsatzstrategien.
"Die klassische Feuerwehrtaktik ist ausgerichtet auf Gebäudebrände, Industriebrände und punktförmige große Feuer", erklärt Matthias Krüger, Mitglied der Beelitzer Waldbrand-Sondereinheit. Doch die Waldbrände der vergangenen Jahre waren in ihrer Dimension größer und schwierig zu kontrollieren.
Darauf wollen die Beelitzer in Zukunft besser vorbereitet sein. Neben der Theorie wird daher auch praktisch geübt.
Auf einem Grundstück in Fichtenwalde wird eine neue Löschtechnik trainiert. Auf den ersten Blick sieht es ungewöhnlich aus, dass die Feuerwehrleute mit kleinen Schläuchen, sie ähneln herkömmlichen Gartenschläuchen, in den Wald vorrücken. "Wir haben hier eine Technik geübt, die nennt sich fortlaufende Schlauchverlegung und die dient dazu, mit relativ kleiner Mannschaft und relativ wenig Wasser eine lange Strecke an Feuer ablöschen zu können", erläutert Krüger. So sollen bei zukünftigen Großbrandlagen Ressourcen und Personal effektiver eingesetzt werden können.
Sebastian Klammt, Feuerwehrmann aus Fichtenwalde, trägt während der Übung - anders als seine Kameraden - ein leichtes, gelbes Oberteil und einen roten Helm. Die Ausrüstung ist feuerfest und gleichzeitig nicht so dick und schwer. Sie soll helfen, im heißen Waldbrand-Klima Kräfte zu sparen. Auch das ist Teil der Neuausrichtung der Beelitzer Feuerwehr.
Auch der Wald wird umgebaut - schon im vergangenen Winter hat Juliane Baumann zusammen mit dem örtlichen Förster verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Um die Ortschaften herum wurden in einem Schutzstreifen Bäume gefällt, "Auslichten" nennt die Expertin das. So hat das Feuer weniger Angriffsfläche. "Auch die Gräser müssen kurz gehalten werden, denn Bodenbrände verbreiten sich schnell", erklärt Baumann. Helfen sollen dabei auch Schafe.
All diese Maßnahmen seien auf lange Sicht ausgelegt, so Baumann. Denn auch wenn in diesem Jahr das feuchte Wetter zu weniger Waldbränden führt, in Beelitz wollen sie auf alles vorbereitet sein. Denn brennen wird es wieder. Die Frage ist nur wann.
Beitrag von Jacqueline Piwon
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