Unwetter
Zehn Minuten haben dem Sturm Mitte Juni gereicht, um in der Gemeinde Röderland in Südbrandenburg eine Schneise der Verwüstung zu schlagen. Im Ortsteil Stolzenhain wurden fast alle Grundstücke beschädigt. Das Aufräumen wird noch lange dauern.
Es sind unheimliche Bilder in Stolzenhain (Elbe-Elster). Dächer sind teilweise komplett abgedeckt, Dachlatten hängen herunter, Mauern von Garagen sind eingestürzt, stark beschädigte Fahrzeuge stehen an der Straße.
Am 18. Juni war eine Gewitterfallböe durch die Gemeinde Röderland gefegt. Sie entsteht laut Deutschem Wetterdienst durch starken Niederschlag. Kalte Luft wird nach unten gerissen, trifft auf den Boden und breitet sich dort horizontal aus. Das große Aufräumen hat in der Gemeinde längst begonnen. Doch auch zwei Wochen nach dem Sturm sind die teils massiven Schäden noch überall sichtbar.
Hunderte Bäume wurden entwurzelt. Im Ortsteil Stolzenhain sind nahezu alle Grundstücke beschädigt worden. Berge von Bauschutt liegen davor und warten darauf, dass sie abtransportiert werden.
Hart getroffen hat es unter anderem die Agrargesellschaft mbH Prösen. Die zehn Gebäude auf dem Hof sind alle beschädigt, drei von ihnen stark, sagt Mitarbeiterin Kathrin Obenaus. "Das Dach ist weggeflogen, die Holzbinder sind beschädigt, teilweise wahrscheinlich auch die Säulen." Ein Statiker werde vorbeikommen, sagt sie.
Der Schaden wird auf mehrere Hunderttausend Euro geschätzt. Weil es nicht der erste ist, weiß Kathrin Obenaus nicht, wie lange das die Versicherung noch mitmacht. Vor anderthalb Jahren habe es einen Hagelschaden gegeben. "Wir sprechen wir hier von mehreren Hunderttausend Euro schon damals."
Auch die Wintergerste auf dem Feld in Stolzenhain ist durch den Hagel fast ein Totalschaden. Die Ernteaussichten für dieses Jahr waren laut Landwirt Matthias Schubert gut gewesen. "Wir haben dieses Jahr Glück gehabt", sagt er. Das Frühjahr sei relativ kühl gewesen, es habe geregnet und die Bestände hätten sich gut entwickelt. "Wenn es gut gekommen wäre, hätten wir mit 6,5 Tonnen auf den Hektar gerechnet", so Schubert. "Das hätten wir auch mal wieder gebraucht."
Doch nach dem Unwetter sei so gut wie nichts mehr zu retten, sagt der Landwirt. Das einzige Trostpflaster sei die Hagelversicherung. "Aber natürlich fehlt uns das Futter für die Tiere." Als Landwirt deprimiere ihn das. "Man gibt sich das ganze Jahr die größte Mühe, überlegt sich jede Maßnahme ein, zwei Mal, ob man sie wirklich durchführt, weil man auch Kosten sparen will", so Schubert. "Und jetzt liegt alles am Boden."
Im Gemeindegebiet habe es schon früher Unwetter gegeben - "aber weit nicht in der Größenordnung und mit dem Schadensbild, wie wir es jetzt vorfinden", sagt Bürgermeister Markus Terne (parteilos). Das Landschaftsbild habe sich in der Gemeinde Röderland seit dem Sturm "massiv geändert". Er gehe davon aus, dass fast 1.000 Bäume umgestürzt sind.
In den vergangenen zwei Wochen wurden zuerst die öffentlichen Wege und Straßen beräumt. "Aber es sind auch außerhalb der direkten Ortslage ganz viele Bäume umgestürzt." Diese würden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen liegen und müssten noch weggeräumt werden. Bisher habe dafür die Zeit gefehlt. Dort bestehe durch die Bäume aber auch keine Gefahr.
Auch wenn schon viel geschafft wurde, werden die Aufräumarbeiten laut Bürgermeister Markus Terne noch Monate dauern. Mit dem Wegräumen der umgestürzten Bäume sei es nicht getan. "Wir müssen uns auch die beschädigten Bäume anschauen, dort Bruchholz entfernen. Das ist eine sehr aufwendige Maßnahme."
Das alles sei sehr kostenintensiv, so Terne. Einige Arbeiten würden mit dem zuständigen Wasserverband erledigt werden. Alles andere sei eine kommunale Aufgabe. "Das kann nur mit kommunalen Finanzen erledigt werden." Welche Kosten es am Ende werden, ist noch unklar.
Aktuell sehe es so aus, dass die Kommune sie allein stemmen müsse, so der Bürgermeister. "Wir werden schauen, dass wir vielleicht noch Partner zur Unterstützung finden." Seine Verwaltung kläre gerade mit dem Landkreis Elbe-Elster und dem Land Brandenburg, ob sie helfen könnten. Dabei gehe es nicht nur um finanzielle Unterstützung, sondern beispielsweise auch um personelle.
Verletzt wurde bei dem Unwetter in der Gemeinde Röderland offenbar niemand. Weder Polizei noch Leitstelle Lausitz mussten nach eigenen Angaben zu Einsätzen mit Personenschaden ausrücken, sagten Sprecher rbb|24. Allerdings waren bei dem Unwetter am 18. Juni in Großthiemig (Elbe-Elster), rund 20 Kilometer entfernt von Stolzenhain, zwei Männer in einem Auto eingeklemmt worden, nachdem ein Baum auf das Fahrzeug gestürzt war. Der Beifahrer starb später an seinen Verletzungen.
Der Wind kann bei einer Gewitterfallböe wie in Stolzenhain laut Tobias Reinartz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) weit über 100 km/h schnell sein. "Da denken Leute häufig, dass es ein Tornado war", sagte er am Donnerstag dem rbb. "Aber gerade, wenn es ein bisschen großflächiger ist, spricht schon viel dafür, dass es sich um eine Fallböe handelt", so der Meteorologe. Ein Tornado trete dagegen nur sehr lokal auf.
Den Unterschied könne man auch am Schadensbild herauslesen. "Wenn chaotische Schäden vorliegen, die Bäume zum Beispiel kreuz und quer liegen, handelt es sich wahrscheinlich um einen Tornado", sagt Reinartz. Wenn die Schäden großflächig und geordneter beobachtet würden, die Bäume eher in einer Richtung liegen, spreche es sehr für eine starke Fallböe. Sie tritt laut dem Experten bei Gewittern auch deutlich häufiger als ein Tornado auf.
Einen Tornado gab es erst Anfang der Woche in Cottbus. Er sorgte im Ortsteil Sielow für massive Schäden. Bäume waren umgestürzt, Autos beschädigt worden und auch ein Campingwagen wurde durch die Luft geschleudert. Von dem Unwetter waren insgesamt 17 Häuser betroffen. Verletzt wurde niemand.
Auf einer Strecke von etwa 300 Metern zog der Tornado, der auch Windhose genannt wird, durch einen Kiefernwald und den Skadower Weg. Der Deutsche Wetterdienst sprach am Mittwoch von Windgeschwindigkeiten von mindestens 140 km/h.
Mit Informationen von Phillipp Manske und Daniel Mastow.
Sendung: Antenne Brandenburg, 03.07.2024, 16:40 Uhr
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