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Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 28.07.2024 | Fred Pilarski | Quelle: dpa / Patrick Pleul

Vor 31 Jahren ermordet

Strausberg weiht Denkmal für Neonazi-Opfer ein

31 Jahre nach dem Tod von Hans-Georg Jakobson durch drei Neonazis hat die Stadt Strausberg (Märkisch-Oderland) dem Mann ein Denkmal gewidmet. Es wurde am Sonntag auf dem Vorplatz des Bahnhofs Strausberg eingeweiht.

Opferperspektive hatte schon länger Gedenkort gefordert

Die Täter hatten den damals wohnungslosen 35-jährigen Jakobson am 28. Juli 1993 aus einer fahrenden S-Bahn geworfen. Er starb später im Krankenhaus. "Er wurde ermordet, weil die Neonazis sein Leben als unwert ansahen", sagte Tom Kurz von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt im Landkreis Märkisch-Oderland.

Seine Kollegin Peps Gutsche ergänzte, dass viele in Strausberg damals die Tat verdrängt hätten. "Es ist vielleicht auch ein Nicht-erinnern-wollen oder ein Nicht-wissen-wollen. Allein dieses Jahr gab es zwei Angriffe auf wohnungslose Menschen in Strausberg. Auch das ist wortlos vorübergegangen an vielen Personen", unterstrich Gutsche.

Christopher Street Day in Berlin

Herbert Grönemeyer ruft beim CSD zu Kampf für "progressive Welt" auf

Stargast beim Berliner Christopher Street Day: Herbert Grönemeyer trat am späten Samstagabend vor dem Brandenburger Tor auf - und forderte "dass niemand wegen seiner geschlechtlichen und sexuellen Identität benachteiligt werden darf".

Ausstellung für August über Jakobson geplant

Schon länger war unter anderem vom Verein Opferperspektive ein Gedenkort für Jakobson gefordert worden. In Strausberg sind es heute verschiedene Initiativen wie das alternative Jugendprojekt 1260 e.V., die das Gedenken an Jakobson aufrechterhalten. Vor allem der Beharrlichkeit der jungen Menschen sei es zu verdanken, so Strausbergs Bürgermeisterin Elke Stadeler (parteilos), dass die Stadtverordnetenversammlung letztes Jahr der Errichtung einer Gedenkstelle zustimmte. "Man muss darüber nachdenken und sich damit auseinandersetzen. Und das machen hier junge Menschen in Strausberg und sie sind sehr konsequent. Und sie sagen, wir wollen nicht bloß darüber quatschen, sondern sie machen auch etwas", so Stadeler.

Ab August erinnert in Strausberg auch eine Ausstellung an Hans-Georg Jakobson und weitere Menschen, die seit 1990 in Brandenburg durch rechte Gewalt und Neonazis getötet wurden.

Beratungsstellen

Antisemitische und rechte Angriffe haben deutlich zugenommen

Die Opferberatungsstellen in den Ländern haben 2023 mehr als 20 Prozent mehr rechte, rassistische und antisemitische Angriffe gezählt. Die Anzahl rassistischer Angriffe stieg um 33 Prozent, Körperverletzungsdelikte um mehr als zwölf Prozent.

Bundesweit nahm 2023 die Zahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten zu

Das Verbrechen an Jakobson in Strausberg reihe sich ein in die massive Straßengewalt der sogenannten Baseballschlägerjahre der 1990er Jahre, schilderte die Amadeu Antonio Stiftung. Staatlich anerkannt ist Jakobson als Todesopfer rechter Gewalt offiziell allerdings nicht.

"Rechte Ideologien und Gewalt sind noch immer aktuell. Sozialdarwinismus, Gewalt gegen Wohnungslose und die Abwertung von sozial benachteiligten Menschen ist auch heute noch traurige Realität", hieß es in einer Mitteilung der Beratungsstelle.

Bundesweit nahm 2023 die Zahl rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten zu. Die Beratungsstelle Opferperspektive verzeichnet für 2023 einen massiven Anstieg auch in Brandenburg: Insgesamt gab es demnach 242 rechtsmotivierte Angriffe. Auch in Märkisch-Oderland ist heute laut Verfassungsschutz eine rechtsextremistische Szene aktiv, es gibt Treffpunkte für rechte Veranstaltungen.

"Die Baseballschlägerjahre kommen nicht zurück", so Hannes Püschel, Berater im Verein Opferperspektive. "Doch wir sehen die Täter von damals, die jetzt wieder aktiv sind." Sie gäben das Gedankengut auch an ihre Kinder weiter. Zudem schwinde als Folge des Erstarkens rechter Kräfte die Bereitschaft in der Lokalpolitik - "wenn es in Kommunen 30 Prozent AfD-Zustimmung gibt" -, Migranten und Opfer rechter Gewalt zu helfen.

Sendung: Brandenburg aktuell, 28.07.2024, 19:30 Uhr

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