rbb-Krise
Das rbb-Justitiariat soll derzeit prüfen, ob eine Verwaltungsrätin gegen ihre Pflichten verstoßen hat. Sie steht im Verdacht, bei ihrer Wahl nicht mitgeteilt zu haben, dass ihr Mann für den Sender tätig ist. Von René Althammer und Jo Goll
Der Freitagabend im Hause der rbb-Verwaltungsrätin Juliane Schütt scheint seit mehr als 20 Jahren klar strukturiert: Ihr Ehemann produziert nämlich "von Freitag abends bis Freitag nachts – eine kleine Kolumne für das Kulturradio / Radio3". Dafür, so schreibt sie auf eine Anfrage von rbb24 Recherche, erhält er "ein Honorar, dessen Höhe sich nach den Honorarbedingungen des rbb richtet". Soweit so unproblematisch – zumindest auf den ersten Blick.
Aber: Als Juliane Schütt am 20. April 2023 als eine von acht neuen rbb-Verwaltungsräten gewählt wurde, galt für sie wie für alle anderen: Es darf keinen Interessenskonflikt geben. Konkret hieß es im Staatsvertrag, der am 31. Dezember 2023 auslief, dass Mitglieder des Verwaltungsrats keine "wirtschaftlichen oder sonstigen Interessen haben dürfen, die geeignet sind, die Erfüllung der Aufgaben als Mitglied des betreffenden Organs zu gefährden". Der seit Januar 2024 gültige Medienstaatsvertrag verlangt sogar, dass Verwaltungs- wie auch Rundfunkräte alle Tatsachen, die für eine mögliche Interessenkollision sprechen könnten, "unverzüglich dem Vorsitzenden des jeweiligen Gremiums und seinem Stellvertreter anzuzeigen" haben.
Zum Zeitpunkt der Wahl von Juliane Schütt war der Rundfunkrat aber über die Tätigkeit ihres Mannes beim rbb nicht informiert. Dies bestätigte der Vorsitzende des Gremiums, Oliver Bürgel, rbb24 Recherche auf Anfrage. Schütt dagegen erklärt, sie habe dies Mitgliedern des Rundfunkrats mitgeteilt, die sie auf "eine Bewerbung für den Verwaltungsrat angesprochen" hätten. Wer genau dies war, dazu will sich Juliane Schütt nicht äußern, da es vertrauliche Gespräche gewesen seien.
Die Berliner Senatskanzlei, die derzeit federführend die staatliche Rechtsaufsicht über den rbb ausübt, erklärte auf Anfrage, dass man sich derzeit nicht veranlasst sehe, "rechtsaufsichtliche Maßnahmen in dieser Sache zu ergreifen". Über den Ausschluss eines Gremienmitgliedes entscheide das Aufsichtsgremium selbst, heißt es weiter aus der Senatskanzlei.
Schütt selbst streitet nach der Erstberichterstattung der Bild-Zeitung gegenüber rbb24 Recherche ab, dass es einen Interessenkonflikt geben könnte. Dass ihr Mann als freier Mitarbeiter für den rbb tätig sei, sei keine Tatsache, die die Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglied des rbb-Verwaltungsrats gefährden würde.
Der Rundfunkrat scheint dies anders zu sehen. Auf Nachfrage teilte der Vorsitzende Bürgel rbb 24 Recherche mit, er wolle den Sachverhalt jetzt vom Justitiariat des Senders prüfen lassen. Möglich wäre nach der Entscheidung des Rundfunkrats auch der Ausschluss von Schütt aus dem rbb-Verwaltungsrat.
Interessenkollisionen an sich müssen, wenn transparent damit umgegangen wird, kein Hinderungsgrund für eine Tätigkeit als Verwaltungs- oder Rundfunkrat sein. Betroffene können sich in bestimmten Fragen für befangen erklären. Juliane Schütt soll genau dies nach Informationen von rbb24 Recherche in drei Fällen getan haben: Zweimal ging es um tarifvertragliche Regelungen, einmal um den Chef ihres Mannes. In allen Fällen, so erklärte Schütt jetzt auch auf Anfrage, habe sie sich der Stimme enthalten.
Tarifverträge und die Beschäftigung mit Anstellungsverträgen leitender Angestellter gehören zu den Kernaufgaben der Verwaltungsräte. Wenn ein Mitglied sich in diesen Bereichen nicht einbringen kann, kann es einen wichtigen Teil seiner Arbeit eigentlich nicht erfüllen.
Beitrag von René Althammer und Jo Goll, rbb24 Recherche
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