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Video: rbb Brandenburg Aktuell | 22.08.2024 | T. Jaeger & A. Hewel & M. Albrecht | Quelle: dpa/Schoening

Umstrittener Wiederaufbau

Turm der Potsdamer Garnisonkirche wiedereröffnet

Offizieller Festakt für ein nach wie vor umstrittenes Bauwerk: Am Donnerstagvormittag wurde in Potsdam der wieder aufgebaute Turm der Garnisonkirche eröffnet. Ab Freitag soll er für die Öffentlichkeit zugänglich sein - allerdings nicht umsonst.

In Potsdam ist am Donnerstag der wiederaufgebaute Turm der Garnisonkirchturm eingeweiht worden. Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte als Schirmherr des Projekts in einer Ansprache, der Weg zum Wiederaufbau sei lang und kompliziert gewesen und bleibe umstritten. Der Ort fordere heraus. Er konfrontiere die Deutschen mit ihrer Geschichte. Hier könne man über das Gestern, Heute und Morgen nachdenken und streiten.

Gegner des Wiederaufbaus sehen in dem Bau ein Symbol des Militarismus und befürchten, dass er Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung anziehen könnte. Nach rbb-Informationen hat sich vor dem Beginn des Festakts etwa 100 Demonstranten vor der Garnisonkirche versammelt.

Auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sowie der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, kamen zu der Einweihung. Turm und Ausstellung sind ab dann Freitag für die Öffentlichkeit zugänglich. Besucher können dann erstmals von der 57 Meter hohen Aussichtsplattform einen Rundumblick genießen - über 365 Stufen oder mit dem Aufzug erreichbar.

Garnisonkirche in Potsdam

Landesbischof Stäblein unterstützt Verzicht auf Kirchenschiff

Kritiker sehen Symbol des Militarismus

Die Militärkirche von 1735 war im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, die Reste wurden 1968 gesprengt. Die Rekonstruktion der historischen Garnisonkirche ist seit Jahren umstritten. Kritiker sehen darin ein Symbol des Militarismus und einen Identifikationsort rechter Kräfte. Sie verweisen auf den historischen "Tag von Potsdam" im März 1933, als Reichspräsident Paul von Hindenburg vor der Garnisonkirche dem neuen Reichskanzler Hitler die Hand reichte.

In den frühen 1990er Jahren begann eine von Ex-Bundeswehroffizier Max Klaar gegründete Traditionsgemeinschaft, Spendengelder zu sammeln. Wegen der fragwürdigen Gesinnung der Initiative regte sich rasch Widerstand.

Kirche soll Ort für Friedensarbeit werden

Die evangelische Kirche gründete schließlich eine eigene Stiftung, die seit 2017 den Wiederaufbau betreibt. Sie will den Ort für Friedensarbeit und Demokratiebildung etablieren. Eine Ausstellung mit dem Titel "Glaube, Macht und Militär" soll sich kritisch mit der Geschichte und den politischen Entwicklungen befassen. Peter Leinemann vom Stiftungsvorstand will mit dem Konzept eines Bildungs- und Gedenkortes Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen: "Ich lade alle ein, die Veranstaltungen zu besuchen und sich die Ausstellung anzuschauen und dann gerne weiter miteinander zu diskutieren."

Der Pfarrer und Programmvorstand der Stiftung Garnisonkirche, Jan Kingreen, sagte am Donnerstag dem rbb, es gebe an diesem Ort keinerlei Anknüpfungspunkte für Rechtsradikale. Die Geschichte werde stattdessen schonungslos aufgearbeitet.

Ähnlich äußerte sich der Bundespräsident am Donnerstag. "Gerade hier werden wir schnell auf schmerzhafte, unheilvolle Teile unserer Vergangenheit gestoßen - ja, auf Wegmarken, an denen wir Deutsche den falschen Weg gewählt haben", sagte Steinmeier beim Festakt. Der Ort "wurde zum Symbol einer Allianz von konservativer Tradition und Nationalsozialismus; einer Allianz, die nicht zuletzt das Ende der ersten deutschen Demokratie besiegelte." Der wiederaufgebaute Turm rufe nun dazu auf, zu erinnern, zu differenzieren, aber keinesfalls zu vergessen. Der Bundespräsident würdigte die Debatte um den Wiederaufbau als "Ausweis eines kritischen Geschichtsbewusstseins", machte aber auch deutlich: "Ein Ort, der nicht mehr da ist, würde das kritische Erinnern nicht leichter machen."

Bürgerinitiative: "Finde, dass eine Touristenattraktion in Verbindung mit dieser problematischen Geschichte nicht möglich ist."

Sarah Krieg von der Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" überzeugt das nicht, wie sie sagte. "Ich finde, dass eine Touristenattraktion in Verbindung mit dieser problematischen Geschichte nicht möglich ist." Zur Eröffnung sei daher eine Kundgebung mit einem "Morgenfluch" als Gegenstück zu dem in der Turmkapelle angebotenen "Segen to go" geplant, so Krieg vorab.

Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) sagte am Donnerstag dem rbb, dass mit der Wiedereröffnung der Kirche die Diskussion über das Bauwerk nicht beendet sei. Die Kirche dürfe nicht einseitig betrachtet werden. Befürworter des Wiederaufbaus würden darauf verweisen, dass die Kirche zu Zeiten der DDR abgerissen wurde. Es sei wichtig, dass sich die Gesellschaft hier einen Raum leiste, an dem Diskussionen möglich seien.

Eintritt für zwölf Euro

Tickets für die Eröffnung können online gebucht werden, der Eintritt für den Turm kostet zwölf Euro für die Ausstellung und die Aussichtsplattform, das "Potsdam Panorama". Ermäßigt sind es sieben Euro. Auf die Besucherplattform passen maximal 60 Menschen gleichzeitig.

Die Baukosten, die laut Stiftung rund 42 Millionen Euro betragen, finanziert überwiegend der Bund. 30 Prozent der Summe seien durch Spenden zusammen gekommen, so die Stiftung. Eine Besonderheit: Jedermann kann für Ziegelsteine (100 Euro) und Treppenstufen (für 2.500 Euro und 5.000 Euro) spenden. Dafür können sich die Unterstützer etwa mit einem wichtigen Datum und Namen darauf verewigen.

Wiederaufbau historischer Gebäude

"Irgendwie spürt man, dass das Fake-Architektur ist"

Mit der Ausstellung über den Palast der Republik im Humboldt-Forum kommt wieder die Frage auf: Werden Städte schöner, wenn zerstörte Gebäude wieder aufgebaut werden? Architekturkritiker Falk Jaeger sagt: Konzentrieren wir uns auf die Gegenwart.

Plan für das höchste Gebäude Potsdams

Ganz fertig ist der Turm aber noch nicht. Eine 30 Meter hohe Haube muss erst noch gefertigt werden. Sie soll laut Stiftungsvorstand 2026 auf das Bauwerk kommen - mit dann fast 90 Metern das höchste Gebäude Potsdams.

Gewissermaßen als Provisorium wirken auch die acht Turmfenster, die mit Plexiglas verschlossen sind. Eigentlich vorgesehene Holzlamellen seien für rund 300.000 Euro zunächst zu kostspielig, sagte Kingreen. Auch vom Wiederaufbau des Kirchenschiffs ist beim Stiftungsvorstand kaum noch die Rede.

Sendung: rbb Brandenburg Aktuell, 22.08.2024, 19:30 Uhr

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