Altersgruppe 18-29
In einigen Gemeinden in Märkisch-Oderland leben besonders viele junge Männer im Verhältnis zu jungen Frauen. Die Bürgermeister dieser Gemeinden versuchen, die Ursachen dafür zu erklären. Von Corinna Cerruti
Der Landkreis Märkisch-Oderland sticht besonders heraus beim Thema hoher Männeranteil in der Altersgruppe 18-29. Hier gibt es viele Gemeinden, in denen deutlich mehr junge Männer wohnen als junge Frauen. Wie Stichproben zeigen, haben Bürgermeister dieser Gemeinden jeweils unterschiedliche Erklärungen dafür.
Mehr junge Frauen als Männer verlassen Brandenburg nach der Schulzeit. Das hatte eine Datenauswertung des rbb mit Zahlen der Bevölkerungsfortschreibung vom Amt für Statistik-Berlin-Brandenburg, die Ende Dezember erhoben wurden, ergeben.
Bliesdorf (Märkisch-Oderland) in der Nähe von Wriezen ist beim Männeranteil auf Platz eins. In der Gemeinde mit 1.416 Einwohnern sind 78,9 Prozent der jungen Menschen männlich. Zwar gibt es in der Gemeinde zwei Gemeinschaftsunterkünfte für Asylsuchende. Wenn jedoch der Anteil der jungen Männer aus den Unterkünften aus der Gesamtzahl herausgerechnet wird, kommt Bliesdorf noch immer auf einen Männeranteil bei den 18-29-Jährigen von circa 75 Prozent. Dazu muss aber auch angemerkt werden, dass die Stichprobe nicht groß ist, wenn von 1.416 Einwohnern nur die 18-29-Jährigen angeschaut werden und Ausreißer so wahrscheinlich sind.
Bürgermeister Reiner Labitzke von der Unabhängigen Wählergemeinschaft erklärte gegenüber dem rbb, dass die Berufswahl eine Rolle spielen könnte. Viele junge Männer ziehe es in die Handwerksbetriebe vor Ort, während junge Frauen für andere Berufe in die Städte ziehen, glaubt Labitzke.
Auch in Carmzow-Wallmow, nördöstlich von Prenzlau in der Uckermark, wohnen deutlich mehr junge Männer als Frauen. Ihr Anteil kommt auf 76 Prozent. Der parteilose Bürgermeister Jörn Muranko beschreibt seine 602-Einwohner-Gemeinde eher als strukturschwach: "Wenig Arbeitsplätze, schlechte Verkehrsanbindung, was den öffentlichen Personennahverkehr betrifft, Überalterung, wenig Attraktivität" nennt er als Gründe. Nur der Tourismus boome in der Gemeinde, die Bettenkapazität durch Ferienwohnungen sei angestiegen.
Es fehle an einer "richtigen Wirtschaft", die Arbeitsplätze schaffe. Stattdessen sei die Region von Landwirtschaft geprägt. Deswegen hat er eine klare Forderung an das Land Brandenburg: "Die kleinen Gemeinden, aus denen Brandenburg ja besteht, sollte man nicht vergessen und nicht nur auf Tourismus setzen, sondern eine richtige Wirtschaft anziehen und zum Niederlassen bewegen." Neue Jobs könnten dann auch mehr Frauen im jungen Alter dazu bewegen, in der Region Wurzeln zu schlagen.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch: Im Ortsteil Wallmow ziehen seit einigen Jahren vermehrt Menschen aus dem Berliner Raum zu, auch junge Menschen. Bürgermeister Muranko erkärt: "Dort gibt es eine Kneipe, einen Konsum, Schule und Kindergarten. Das zieht natürlich." Damit sei der Zusammenhalt in Wallmow auch sehr groß, was für viele Menschen gerade auf den Dörfern sehr wichtig ist. Auch der Ortsteil Carmzow sei wieder am Kommen, gerade durch kulturelles Angebot, was es seit kurzem wieder gebe, erkärt Muranko.
In wenigen Gemeinden wohnen mehr Frauen als Männer
Eine Gemeinde mit Frauenüberschuss dagegen ist Reichenow-Möglin in Märkisch-Oderland. In der 570-Einwohner-Gemeinde am Rande der märkischen Schweiz liegt der Anteil junger Frauen bei 56 Prozent. Hier wächst zudem seit 2016 die Bevölkerung wieder leicht. Der parteilose Bürgermeister Wolf-Dieter Hickstein sieht die gute Infrastruktur Richtung Berlin als einen möglichen Grund für das einigermaßen ausgeglichene Geschlechterverhältnis in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen.
"Der ÖPNV ist noch ausbaufähig", so Hickstein, dafür fahre im nahegelegenen Strausberg die S-Bahn nach Berlin im 20-Minuten-Takt. Zudem liege in der Gemeinde Glasfaser, so dass junge Menschen auch gut im Home-Office arbeiten können, sagt Bürgermeister Hickstein. "Das sind alles Faktoren, die für viele junge Menschen mit entscheidend sind." Den Traum vom Eigenheim im Grünen sollen sich Interessierte in Reichenow-Möglin auch leichter erfüllen können als woanders. Hickstein zufolge seien die Immobilienpreise dort "noch nicht so verrückt durch die Decke geschossen wie in anderen Gegenden".
In Reichenow-Möglin fehlt jedoch eine Schule oder Kita, die gerade für junge Familien ein wichtiger Anknüpfungspunkt wäre. Lange Wege möchten viele Eltern in der Regel vermeiden. Das kulturellen Angebote und das Engagement der Gemeinde soll das Hickstein zufolge wieder wett machen und junge Menschen dazu bewegen, auch als Erwachsene in der Region zu bleiben oder zurückzukommen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 20.08.2024, 15:40 Uhr
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