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Audio: Antenne Brandenburg | 19.08.2024 | Martin Adam | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Fischsterben

Polen kämpft gegen Ausbreitung der giftigen Goldalge – auch mit chemischen Mitteln

Wasserstoffperoxid soll Teil der Lösung sein: In Polen versuchen die Behörden, damit die giftige Goldalge einzudämmen. In Nebengewässern der Oder wurden viele Tonnen toter Fische gefunden. Die Oder selbst ist bisher nicht betroffen.

Die polnischen Behörden gehen aktuell hart gegen die toxische Goldalge vor, um ein erneutes massenhaftes Fischsterben in den Gewässern rund um die Oder zu vermeiden. Nach dem Fund von Tonnen verendeter Fische in den vergangenen Wochen in Nebengewässern des Grenzflusses versuchen sie, die Blüte der Alge mit Chemie einzudämmen.

Die polnische Umweltministerin Paulina Hennig-Kloska schaute sich am Wochenende den Gegenschlag in der Nähe des Gleiwitzer Kanals an. Dieser erfolgt mit Wasserstoffperoxid, einem Stoff, die bereits im vergangenen Jahr an zwei Schleusen mit einer Konzentration von 20 Milligramm pro Liter eingesetzt wurde. "Wir haben den Zufluss des Wassers mit Goldalgen in die Oder gestoppt. Das ist möglich, dank eines Experiments am Fluss Kłodnica, das die Goldalge zu 95 bis 99% neutralisiert hat", sagte die Ministerin und zeigte sich optimistisch.

Giftige Alge in der Oder

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Hohe Konzentrationen der Goldalge gemessen

Die Kłodnica ist ein kleiner Nebenfluss des Gleiwitzer Kanals, der wiederum in die Oder mündet. Im Kanal sind schon seit dem späten Frühjahr gefährlich hohe Konzentrationen der Goldalge gemessen worden. Jetzt befindet sie sich in der zweiten Blüte und Polen erlebt erneut ein Fischsterben. Diesmal nicht in der Oder, sondern bisher im Kanal und dem daran angeschlossenen Stausee Dzierżno Duże.

"Das Wasser ist durch Industriegewässer verunreinigt und versalzt. Dort wurden vor Kurzen große Mengen toter Fische herausgefischt", sagte Hubert Różyk, der Sprecher des Umweltministeriums. "Die Situation ist inzwischen unter Kontrolle, weil der Algenherd im Dzierżno-Staubecken gehalten wurde."

Interview | Polnischer Regierungsvertreter Cebula

"Wir gehen davon aus, dass es kein massenhaftes Fischsterben wie 2022 geben wird"

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100 Tonnen toter Fische seit Anfang August

Bereits im Sommer 2022 war es in der Oder zu einem massenhaften Fischsterben gekommen. Experten in Deutschland und Polen kamen zu dem Schluss, dass höchstwahrscheinlich die toxische Wirkung einer Blüte der giftigen Goldalge Primnesium parvum den Tod der Fische verursacht hatte. Im vergangenen Sommer wurde im Gleiwitzer Kanal, der die Großstadt Gliwice mit der Oder verbindet, eine große Menge toter Fische geborgen. Die Behörden ordneten eine Anreicherung des Wassers mit Sauerstoff an.

Doch die Goldalge ist noch da. Denn die Sommer sind heiß und die polnische Industrie, vor allem die Bergwerke, leiten weiter salzhaltige Abwasser ein, in dem sich die Alge wohlfühlt. Allein aus dem Dzierżno-Stausee wurden seit Anfang August gut 100 Tonnen toter Fische geborgen. Seit dem 13. August realisiere das Umweltministerium eines der Experimente zur Bekämpfung der Goldalge auf dem Fluss Kłodnica, sagte Sprecher Różyk. "Wir nutzen dabei Wasserstoffperoxid in einer Konzentration, die für andere Lebewesen im Fluss neutral ist, die aber die Goldalge neutralisiert." Die Ergebnisse seien vielversprechend - zumindest im Versuchsrahmen.

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In der Oder schwimmen erneut tote Fische, die giftige Goldalge wird als Ursache vermutet. In Polen ist das Problem bereits im Mai aufgetreten. Die Zusammenarbeit der Behörden sei laut Ministerpräsident Woidke mittlerweile besser als 2022.

Umweltschutzer kritisieren Salzeinleitungen

Deutlich weniger euphorisch zeigt sich Katarzyna Bilewska, Sprecherin der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Polen. "Wasserstoffperoxid in Flüsse und Seen zu leiten ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Das bringt keine langfristigen Ergebnisse", sagte Bilewska. "Die Katastrophe dauert seit zwei Jahren an. Sie ist nicht beendet, weil sie Folge dessen ist, dass Bergwerke salzige Abwasser in die Zuflüsse der Oder leiten."

Mit Chemie werde man kein ganzes Ökosystem retten können, so Bilewska weiter. Doch auch Umweltministerin Hennig-Kloska sieht Wasserstoffperoxid nicht als langfristige Lösung. Da brauche es eher eine Entsalzungsanlage. Nur wann und wo, das ist noch unklar. Die Oder wird also vorerst nicht durch Chemie oder Entsalzung geschützt, sondern indem das giftige Wasser im Gleiwitzer Kanal zurückgehalten wird. Die Fische sterben, nur eben an anderer Stelle.

Mit Material von Martin Adam

Sendung: Antenne Brandenburg, 19.08.2024, 15:40 Uhr

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