Staatsanwaltschaft erhebt Anklage nach tödlichem "Dooring"-Unfall in Berlin
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen einen Mann erhoben, der durch das Öffnen einer Autotür für den Tod eines Fahrradfahrers verantwortlich sein soll. Das teilte der Sprecher der Behörde, Sebastian Büchner, am Dienstag mit. Der inzwischen 73-Jährige wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.
Der tödliche Unfall geschah im Februar 2023. Der Angeschuldigte soll Fahrgast in einem Taxi gewesen sein. An seinem Ziel in der Kantstraße in Charlottenburg angekommen, wollte der Mann hinten rechts aus dem Taxi steigen und öffnete die Tür. Dabei soll er laut Staatsanwaltschaft nicht auf den rechts neben der Fahrspur verlaufenden Fahrradstreifen geachtet haben.
Ein 50 Jahre alter Fahrradfahrer wurde durch dieses sogenannte "Dooring" überrascht und konnte der geöffneten Hintertür nicht mehr ausweichen. Er prallte gegen die Tür, stürzte und verletzte sich dadurch schwer am Kopf. Wenige Tage später starb er im Krankenhaus an seinen Verletzungen. Das Amtsgericht Tiergarten muss nun darüber entscheiden, ob die Anklage zu einer Hauptverhandlung vor Gericht zugelassen wird.
Laut der Straßenverkehrsordnung gelten für jeden Verkehrsteilnehmer Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen in ein oder aus einem Fahrzeug: "Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist", heißt es in dem Gesetz [gesetze-im-internet.de]. Laut der Berliner Polizei sind Unfälle beim Ein- und Aussteigen die zweithäufigste Ursache für Unfälle mit Radfahrenden - nach Abbiegeunfällen. Im vergangenen Jahr verunglückten 7.032 Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer im Berliner Straßenverkehr, zwölf davon, wie das Unfallopfer aus der Kantstraße, tödlich.
Einige Berliner Bezirke verbieten das bisher legale Parken auf den Gehwegen einzelner Straßen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte zuvor Anwohnenden mit einem Urteil den Rücken gestärkt. Was bedeutet die Entwicklung für die Parksituation in der Hauptstadt?
"Holländischer Griff" beim Aussteigen hilft
Bundesweite Erhebungen zu den Folgen solcher "Dooring"-Ausmaße für Fahrradfahrerinnen oder -fahrer gibt es nicht. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) geht nach einer Auswertung von 2013 bis 2022 bundesweit von durchschnittlich drei tödlichen Unfällen durch "Dooring" pro Jahr aus. In Köln verletzten sich laut der Polizei von 2010 bis 2020 insgesamt 1.472 Menschen bei solchen Unfällen.
Fahrradfahrer können meistens nicht rechtzeitig bremsen oder ausweichen, wenn sich eine Autotür vor ihnen öffnet: Bei einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 Kilometern pro Stunde ist ihr Anhalteweg etwa 10 Meter lang, so der der ADFC. Der Anhalteweg setzt zusammen aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Um Kollisionen zu verhindern, müssten Radfahrer je nach Tempo bereits etwa 7 bis 10 Meter vor einer sich öffnenden Tür reagieren können.
Um "Dooring"-Unfälle zu verhindern empfehlen Experten vor allem den sogenannten "Holländischen Griff" beim Aussteigen aus einem Auto, neben dem Blick in den Rückspiegel [koeln.polizei.nrw]. Beim Aussteigen aus der Fahrerseite sollte man immer zuerst mit der rechten Hand nach dem Türgriff - beim Aussteigen aus der Beifahrerseite entsprechend mit der linken Hand. So dreht man sich immer automatisch nach hinten und erkennt schneller, ob sich Radfahrer nähern.
Korrektur: In einer früheren Fassung dieses Beitrags wurde der Anhalteweg als Bremsweg bezeichnet. Die entsprechende Stelle wurde korrigiert. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.