Keine Geburtsurkunde wegen Nachnamen: Mutter fühlt sich diskriminiert
Die Berlinerin Ha Thanh Le Nguyen erhält vom Amt keine Geburtsurkunde für ihre Tochter - und damit keinen Kita-Gutschein und kein Kindergeld. Die Begründung des Standesamtes Friedrichshain-Kreuzberg: Mit ihrem Nachnamen sei das nicht möglich.
Das Standesamt Friedrichshain-Kreuzberg hat einer Berlinerin aufgrund ihres Nachnamens die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ihre Tochter verweigert.
Wie die Mutter Ha Thanh Le Nguyen in der rbb24 Abendschau sagte, soll die Behörde der Auffassung sein, in Vietnam gebe es keine Doppelnamen - deshalb sei die Eintragung des Namens der Mutter in die Geburtsurkunde nicht möglich.
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Ohne Geburtsurkunde kein Kindergeld
"Ich finde es ehrlich gesagt rassistisch, dass wir so einen Stress haben wegen meines Nachnamens", sagt Le Nguyen. Weil ihr das Amt keine Geburtsurkunde ausstelle, gebe es keine Anmeldung und keine Steuer-ID für ihre Tochter. Zudem erhalte die Familie kein Kindergeld und auch keinen Kita-Gutschein. "Ich wollte bald wieder anfangen zu arbeiten", sagt Le Nguyen. Nun wisse sie nicht, wie sie die Kinderbetreuung organisieren soll. "Vielleicht werde ich jetzt doch eine Stay-at-home-Mom, weil ich keine Kinderbetreuung für mein Kind habe."
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg erklärte auf Anfrage: "Das Standesamt handelt nicht in diskriminierender Absicht. Die Bearbeitung orientiert sich ausschließlich an den geltenden rechlichen Vorgaben. Es handelt sich um die Prüfung einer Namensführung im Einzelfall und nicht um Diskriminierung."
Die Brandenburger Polizeibeauftragte hat im vorigen Jahr 53 Beschwerden über mutmaßliches polizeiliches Fehlverhalten erhalten. Teils sind die Vorwürfe schwerwiegend. Oft kommen die Beschwerden von Beamten selbst.
Einbürgerungsrecht und Personenstandsrecht nicht deckungsgleich
Tatsächlich trägt Tochter Lola selbst nicht den Nachnamen ihrer Mutter, sondern den ihres Vaters. Dennoch muss in der Geburtsurkunde auch der Name der Mutter mit aufgeführt sein. Ha Thanh Le Nguyen ist selbst deutsche Staatsbürgerin und führt ihren doppelten Nachnamen in ihrer Einbürgerungsurkunde und auf ihrem deutschen Personalausweis.
Die Senatsverwaltung für Inneres bewertet den Vorgang im Standesamt des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg hingegen auch nicht als Diskriminierung. Der Fall zeige, dass Einbürgerungsrecht und Personenstandsrecht nicht deckungsgleich seien.
Seit dem Inkrafttreten des Berliner Antidiskriminierungsgesetzes 2020 hat die zuständige Ombudsstelle der Berliner Verwaltung 1.523 Beschwerden registriert, in 558 Fällen ging es um Diskriminierung aufgrund von Rassismus.