Rechtsextreme Vorfälle in Bautzen
Immer wieder kam es zuletzt zu Anfeindungen gegen queere Veranstaltungen. Polizei und Organisatoren des CSD in Frankfurt (Oder) wollen nun für mehr Sicherheit sorgen. Auch mögliche Anschlagspläne eines 15-Jährigen trugen zu den Verschärfungen bei.
Nach Protesten rechtsextremistischer Gruppen beim Christopher Street Day (CSD) im ostsächsischen Bautzen sorgen sich auch die Veranstalter des CSD-Umzuges in Frankfurt (Oder) um die Sicherheit der Demo am Samstag. Die Polizei kündigte an, zusätzliche Polizeikräfte zum CSD am Samstag in der Oderstadt hinzuziehen zu wollen.
"Angesichts der vergangenen CSDs in Ostdeutschland in diesem Jahr und auch in Polen, haben wir uns auf verschiedene Szenarien vorbereitet", sagte Ira Helten, Mitorganisatorin der Słubice-Frankfurt Pride am Freitag.
Bereits bei vergangenen Pride-Umzügen in der Doppelstadt hätten die Teilnehmenden Pöbeleien abbekommen: "In Słubice wurden Regenbogenflaggen angezündet und Teilnehmende mit Eiern beworfen." Es sei nichts Neues, dass die CSD-Veranstaltungen für mehrere Gruppen als Feindbild gelten, so Helten.
Queerfeindlichkeit nehme zu, in Brandenburg schlage queeren Personen auch im Alltag zum Teil starke Ablehnung entgegen, sagte Helten dem rbb. "Grundsätzlich erleben wir viele mehr queer feindliche Äußerungen, Übergriffe und Hasstaten; und dass vieles salonfähig geworden ist."
Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in Brandenburg 37 Straftaten gegen die sexuelle Orientierung des Opfers - etwa 20 Prozent mehr als im Vorjahr. 25 davon seien Tätern mit einer rechten politischen Gesinnung zuzuordnen.
Man sehe eine gewisse Verunsicherung bei den Veranstaltern, sagte ein Sprecher der Frankfurter Polizei. "Wir wollen einen störungsfreien Verlauf der Veranstaltung." In die Beurteilung der Lage würden auch die Geschehnisse der vergangenen Tage eingehen.
Vor mehreren Wochen hatte die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen zu einem Protest gegen den CSD in Bautzen aufgerufen. 680 Menschen folgten dem Aufruf und demonstrierten gegen "Gender-Propaganda und Identitätsverwirrung". Auch zu Beginn des Berliner CSD hatte die Polizei eine rechte Gruppe ausgebremst, die versucht hatte, zum Aufzug zu kommen.
"Wir lassen uns davon nicht unterkriegen und wir gehen wie geplant diesen Samstag in Frankfurt (Oder) und Słubice demonstrieren", sagte Helten. Derzeit stehe man im Austausch mit der Polizei auf deutscher und polnischer Seite. Die Beamten würden die Demonstration begleiten. "Jüngste Ereignisse auch in anderen Städten zeigen, dass die Polizei ihre Präsenz bei solchen Veranstaltungen aufstocken muss, und so werden wir auch interne Sicherheitsstrukturen wie geplant aufstocken", betonte Helten.
Die erhöhte Sicherheitslage steht auch in Zusammenhang mit einem 15-Jährigen, der vergangene Woche festgenommen wurde, weil er im Verdacht steht, den Terrorverdächtigen im Fall der abgesagten Taylor-Swift-Konzerte angestachelt zu haben. Offenbar gab es Überlegungen, einen Anschlag auf eine "Veranstaltung mit Homosexuellen" zu verüben.
Der 15-jährige Gymnasiast sitzt seit vergangener Woche in Polizeigewahrsam. Der Wiener Anwalt des Attentat-Verdächtigen, Werner Tomanek , sagte dem rbb, dass es keinerlei Verbindungen seines Mandanten mit einem 15-Jährigen aus Brandenburg gäbe. Er halte die Behauptung, dass ein Jugendlicher aus Frankfurt (Oder) seinen Mandanten angestachelt haben solle, ein Attentat in Wien zu verüben, für "absurd". Laut Hinweisen der CIA, die zur Festnahme seines Mandaten führten, sei sein Mandant ein "lone wolf", also ein einsamer Wolf, gewesen.
Bei einem Haftprüfungstermin in Wien spielten am Freitag mögliche Chatnachrichten des 15-jährigen Frankfurters eine große Rolle. Der 19-jährige tatverdächtige Wiener bleibt vorerst in Untersuchungshaft. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass der Frankfurter Gymnasiast sich mit ihm über Anschlagspläne austauschte.
Der Sprecher der Stadtverwaltung von Frankfurt (Oder) gab sich vor dem CSD zuversichtlich. Der CSD sei bisher immer gut verlaufen, es gebe keine Veranlassung etwas anderes zu erwarten, sagte er auf Anfrage. Man rechne mit Blick auf mögliche Gegenproteste eher mit Widerstand auf polnischer Seite. Da sei das Problem in einigen Kreisen stärker ausgeprägt.
Bei dem CSD in Frankfurt und Slubice sollen in diesem Jahr zum Beispiel das Recht am eigenen Körper, aber auch das Lebenspartnerschaftsgesetz in Polen thematisiert werden. Die Organisatoren erwarten mehrere hundert Teilnehmende. Auch in diesem Jahr wollen sie von Slubice aus beginnend über die Stadtbrücke nach Frankfurt ziehen.
Sowohl der Frankfurter Oberbürgermeister René Wilke (parteilos), als auch seine polnische Amtskollegin Marzena Słodownik (parteilos) haben angekündigt, dass sie an der Demonstration teilnehmen wollen. Słodowniks Vorgänger hatte eine Teilnahme bisher immer abgesagt oder war nicht gekommen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 13.09.2024, 15:20 Uhr
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