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Audio: rbb24 Inforadio | 18.09.2024 | Dörthe Nath im Gespräch mit Fred Hattermann | Quelle: picture alliance / Anadolu | Beata Zawrzel

Interview | Folgen des Klimawandels

"Wo diese Wassermassen hängenbleiben, hat auch eine zufällige Komponente"

In Polen steht das Hochwasser, jetzt wartet Brandenburg auf die Flutwelle. Dass sich Hochwasserereignisse häufen, entspricht den wissenschaftlichen Vorhersagen, sagt Klimaforscher Fred Hattermann. Und Anpassung werde irgendwann nicht mehr helfen.

rbb: Ist diese Häufung von Hochwasserereignissen eine Folge des Klimawandels?

Fred Hattermann: Ja, da sehen wir einen deutlichen Zusammenhang. Das ist auch etwas, was unsere Modelle uns schon vor Jahrzehnten so gezeigt haben: Dass wir eine Häufung von Extremereignissen haben, das betrifft die Trockenheit, aber eben auch die Hochwasser. Wir sind also mitten in unserem Szenario.

Wie genau kommen diese wahnsinnigen Regenmengen zu Stande?

Ursprung dieser Regenmassen ist das Mittelmeergebiet, dort waren die Meeresspiegeltemperaturen sehr hoch – vier bis fünf Grad höher als sie normal sind. Dadurch hat sich die Atmosphäre, die auch sehr warm ist, stark mit Wasser aufgefüllt, also sehr viel Wasser verdunstet und dann ist es mit einem Tiefdruckgebiet über dem Balkan zu uns gezogen.

Wo diese Wassermassen hängenbleiben, hat auch eine zufällige Komponente. Dieses Mal war es am Ostrand der Alpen und hat sehr stark Polen, Tschechien getroffen. Es hätte auch uns treffen können.

Ist dieser Regen in diesem Fall lange vorhergesagt worden? Ist man da besser geworden, damit man sich zumindest darauf einstellen kann?

Die Wettervorhersage ist deutlich besser geworden. Jetzt haben wir ja eine sehr lange Vorlaufzeit, gerade in den großen Flüssen, wo die Hochwasserwelle eine gewisse Fließzeit hat.

Dort wo es aber zunächst runterfällt, ist die Vorwarnzeit viel geringer. Das hatten wir auch teilweise im Ahrtal gesehen. In diesen kleinen Tälern sind oft kleine Bäche, über die man rüberschreiten kann, aber auf einmal sind die Wassermassen da. Da verkeilt sich etwas unter einer Brücke zum Beispiel, staut sich auf und sehr schnell ist es überflutet, Leute rennen dann in die Tiefgaragen, weil sie ihre Autos retten wollen, und es kommt dann tatsächlich zu Personenschäden. In der Vorhersage dieser kurzfristigen Ereignisse müssen wir noch besser werden.

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Was kann außerhalb dieser Vorhersagen getan werden, um besser mit solchen Hochwasserereignissen umgehen zu können. Wie müssen sich Flussanrainer wappnen und anpassen?

Da gibt es einen ganzen Maßnahmenkatalog. Zunächst die bessere Vorwarnung. Dann gibt es technische Maßnahmen, da ist einiges passiert, zum Beispiel in Brandenburg. Da wurden Deiche ertüchtigt, es gibt auch diese mobilen Stellwände. Im Ereignisfall ist es sehr wichtig, dass die Hilfsdienste ertüchtigt werden, also auch die Geräte haben, um zu helfen. Zum Beispiel Feuerwehr, THW, technische Hilfsdienste, und Rotes Kreuz - auch die Bundeswehr. Dann ist es wichtig, dass Leute Versicherungsschutz haben.

Und wir sprechen auch von grünen oder naturbasierten Maßnahmen. Zum Beispiel den Flüssen mehr Raum zu geben, so dass sie in Polder fließen können und sich dadurch die Hochwasserwelle erniedrigt. Das ist aber begrenzt, weil Deutschland sehr stark besiedelt ist.

Am Ende kann sich auch jeder selbst informieren, denn es gibt Hochwasser-Risikokarten auch in Brandenburg. Da kann man nachsehen: Wo wohne ich, bin ich in einer Gefährdung, sind meine Kellerfenster geschützt, habe ich Wertgegenstände im Keller, habe ich Sandsäcke …. ganz wichtig ist eben auch, im Falle eines Ereignisses wirklich auf die Warnung der Behörden zu achten.

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Sie forschen schon lange zum Klimawandel und haben gesagt, wir befinden uns quasi in Ihren Szenarien, die Sie vor zehn Jahren schon prognostiziert haben. Klimaschutz und Klimawandel sind jetzt aber auf der politischen Agenda eher wieder nach unten gerutscht, die Leute beschäftigen sich mit anderen Dingen. Ist das für jemanden wie Sie nicht auch einigermaßen frustrierend?

Ja, das ist schon teilweise so. Auf der einen Seite ist ja etwas getan worden, auf der anderen Seite haben wir natürlich diese Ereignisse wie im Ahrtal, wo Warnungen nicht wahrgenommen wurden und die Leute gedacht haben, na ja, uns wird es schon nicht so schwer treffen. Das ist natürlich frustrierend. Und ich blicke natürlich auch in die Zukunft, wie es weitergeht.

Wir müssen den zu starken Klimawandel vermeiden, denn wir können uns dann nicht mehr anpassen, wir werden immer mit der Anpassung hinterherhängen und wir werden immer die Ereignisse, die dann herrschen, nicht beherrschen. Ich glaube, es liegt auch ganz viel an der Kommunikation, wie man die Anpassung den Leuten deutlich macht. Da wird immer viel über Verzicht und Kosten geredet, aber man gewinnt natürlich auch ganz viel. Das müsste in der Kommunikation viel weiter nach vorne gebracht werden, finde ich, damit die Leute auch mitgenommen werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dörthe Nath, rbb24 Inforadio

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.09.2024, 07:05 Uhr

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