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Quelle: privat

Interview | 16-jähriger Breakdancer aus Berlin

"Bei Breakdance-Battles weiß man vorher nie, wie die Chancen stehen"

Talib aus Pankow fliegt am Mittwoch zum ersten Mal in seinem Leben nach China: Der 16-jährige Schüler nimmt an einer Jugend-WM im Breakdance teil. Noch hält sich seine Aufregung in Grenzen - obwohl er unsicher ist, was ihn dort erwartet.

Talib ist 16 Jahre alt und lebt in Berlin-Pankow. Er hat er sich gemeinsam mit drei anderen Jugendlichen für die "World Youth Breaking Championships", die am 28. und 29. September in Liangxi, Wuxi, in China stattfinden, qualifiziert. Als sportliche Disziplin ist Breaking ist erst seit 2024 olympisch.

rbb|24: Hallo Talib, als Du jünger warst, hast Du begeistert Fußball gespielt. Inzwischen machst Du erfolgreich Breakdance. Wie bist Du dazu gekommen?

Talib: Als ich acht oder neun Jahre alt war, hat mir ein Freund aus der Nachbarschaft, der schon breakte, auf der Geburtstagsfeier meiner Mutter ein paar Sachen gezeigt. Also er hat mir Schritte beigebracht, denn er ging schon in den Fortgeschrittenen-Kurs. Ich wollte dann auch dahin, wäre aber in den Anfänger-Kurs gekommen - wollte aber mit ihm in einem Kurs sein. Deswegen haben wir zuhause trainiert. So konnte ich direkt mit ihm in den Fortgeschrittenen-Kurs. Allein hätte ich mich damals nicht in den Anfänger-Kurs getraut.

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Was beim Breakdance macht Dir besonders viel Spaß? Das tänzerische oder eher der sportliche Aspekt?

Ich bevorzuge definitiv den tänzerischen Aspekt. Doch am meisten macht es Spaß, beim Tanzen Teil einer Gruppe zu sein, bei der sich jeder ergänzt und sich jeder einbringen kann. Da fühlt man sich sehr miteinander verbunden.
Es ist auch cool, eigene Beats zu bauen. Wir haben jemanden in der Crew, der auch selbst Beats macht. Er macht Mixe, schneidet die für uns zusammen und wir tanzen dann dazu.

Tanzt man eigentlich nach einem vorher festgelegten Ablauf?

Das ist immer unterschiedlich. Es gibt Eins gegen Eins Battles, Zwei gegen Zwei oder manchmal auch Crew Battles. Meistens hat man fest nur kleine Bausteine, also ein oder zwei Kombinationen, die einen "Wow-Effekt" haben – man nennt das auch Blow-Up. Nur die hat man fest im Kopf. Sonst tanze ich freestyle. Aber manchmal gibt es auch feste Choreografien mit anderen – die sind dann schon einstudiert. Man müsste sonst andauernd kommunizieren – und das ist im Battle nur schwer zu machen.

Ist das, so hört es sich an, eine ganz andere Welt als Fußball vorher?

Ja, das ist wirklich was komplett anderes. Anders als beim Fußball folgt man beim Tanzen nicht irgendwelchen Anweisungen oder hat eine feste Position, auf der man spielt. Beim Breaking muss man offen für neues sein. Fast bei jedem Training zeigt uns der Trainer einen neuen Move. Aus dem heraus kreiert man dann seine eigenen Bewegungsmuster. Im Fußball kann man schon auch neue Tricks lernen, aber eigentlich macht man in seiner Position mit der Spielpraxis, die man hat, doch oft dasselbe.

Hast Du Lieblingsbewegungen beim Tanzen?

Manche liegen mir mehr, die kann ich einfach gut. Das macht dann schon Spaß. Aber einen wirklichen Lieblingsmove habe ich eigentlich nicht. Vielleicht den Munchmill [Anm.d.Red.: Dabei dreht sich der Tänzer längs um seine eigene Achse].

Wie groß ist der Trainingsaufwand - Du gehst ja auch noch zur Schule?

Bis vor kurzem habe ich an drei festen Tagen in der Woche trainiert. Ein Tag ist jetzt weggefallen. Aber rein theoretisch kann man jeden Tag trainieren. Denn unser Trainer trainiert täglich – und ihn kann man fragen, ob man dazukommen kann. Dann geht es weniger um Unterricht, sondern man tanzt einfach eher zusammen.

Und zum Training braucht man Tanzräume mit entsprechendem Boden?

Das ist schon besser. Aber solange der Boden rutscht, geht es überall. Man kann auch auf Beton tanzen, aber das tut halt weh.

Macht man Breakdance eigentlich im Verein?

Wir mussten uns in einem Verein anmelden. Weil Breaking jetzt olympisch ist, muss man auch für die Deutschen Meisterschaften, also wenn man da und bei anderen offiziellen Battles mitmachen will, im Verein Mitglied sein.

Aber es gibt auch freie Trainingsspots, da zahlt man auch gar nichts, sondern man kann einfach hingehen. Da gibt’s aber auch keine Lehrer, sondern man trainiert mit den anderen Leuten zusammen.

Jetzt hast Du Dich für die Jugend-WM im Breakdance in China qualifiziert. Ist das einfach ein Wettkampf von vielen oder schon was ganz Besonderes?

Mit meinem Trainer Tayfun waren wir mit unserer Crew, die "Got the Flava" heißt, schon auf Battles in einigen anderen Ländern. Aber noch nie so weit weg. Aber das waren auch große Battles – sie kamen aber aus der Breaking-Szene. Die WM in China ist kein Battle aus der Breaking-Welt heraus. Also es ist eher eine Art Sportwettbewerb mit richtigen Bewertungssystemen. Auch bei normalen Battles bewertet natürlich eine Jury, aber in China läuft das viel mehr nach einem festen Regelwerk ab.

Bis jetzt geht's noch mit meiner Aufregung. Aber das kommt vielleicht noch, wenn wir wirklich im Flieger sitzen.

Für wie lange wirst Du in China sein?

Wir fliegen am Mittwoch, den 25. September, los. Bis Dienstag gehe ich noch in die Schule. Danach bin ich für die WM freigestellt. Am Freitag ist die Eröffnungsfeier. Am Wochenende sind die Wettbewerbe und am Montag fliegen wir zurück, Dienstag kommen wir wieder in Berlin an. Am Mittwoch, den 2. Oktober muss ich dann wieder in die Schule.

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Rechnest Du Dir gute Chancen aus, Weltmeister zu werden?

Das kann man sich kaum ausrechnen. In Deutschland musste man sich bei der Deutschen Meisterschaft qualifizieren, um vom DTV [Anm.d. Red.: Deutscher Tanzsportverband] für die WM angemeldet zu werden. Aber es ist eine offene Weltmeisterschaft. Das heißt, man muss sich wohl nicht zwingend qualifizieren. Wer vor Ort ist, kann sich – so wurde es mir erzählt – anmelden. Es könnten also leicht auch 1.000 Leute dort sein und mitmachen. Daher ist es für die Jury schwer. Man muss dann schon aus der Masse herausstechen – irgendwie. Wenn einem dann ein kleiner Fehler passiert, ist man sicherlich gleich raus.

Aber bei Battles weiß man vorher nie, wie die Chancen stehen. Denn es hängt auch immer davon ab, welche Musik man bekommt. Manchmal hat man Glück und kennt den Beat aus dem Training. Wenn man Pech hat, kriegt man - gerade bei Pre-Selections, die aufgrund vieler Teilnehmer sehr lang sind - in der Pre richtige Scheißmusik, auf die man fast gar nicht tanzen kann. Denn viele DJs heben sich gerade bei so großen Wettbewerben die gute Musik für die Battles in der KO-Runde auf. Ich hoffe, das wird bei mir in China jetzt nicht so sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24

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