Eigentlich sollte er mal ganz woanders stehen - doch dann wurde der Fernsehturm mitten ins Berliner Stadtzentrum gebaut. Heute gehört er zu den Top-Wahrzeichen der Hauptstadt und versucht, sich modernen Ansprüchen anzupassen.
Sarah aus dem britischen Manchester ist vergangenen Sonntag den Berlin-Marathon mitgelaufen, nur rund 20 Stunden später steht sie auf der Aussichtsplattform des Berliner Fernsehturms. Schön sei die Aussicht durch die großen Panoramafenster, sagt sie – man könne gut sehen, wo sie gestern langgelaufen seien.
Und hoch genug ist es ja - die Aussichtsplattform befindet sich 200 Metern Höhe über der Stadt im Innern der charakteristischen Kugel des Turms. Ihr Durchmesser beträgt 32 Meter. Egal, wo man in Berlin ist – den Fernsehturm kann man mit seinen 368 Metern Gesamthöhe (bis zur Spitze) praktisch von überall her sehen und sich orientieren. Im Jahr seiner Fertigstellung war er der zweithöchste Fernsehturm der Welt, heute ist er immerhin noch das höchste Gebäude Deutschlands.
Fernsehturm will wieder mehr Einheimische begeistern
Den Blick von hier oben genießen jedes Jahr rund eine Million Besucher, sagt Geschäftsführerin Anja Nitsch: "Das sind 50 Prozent deutsche Touristen und 50 Prozent internationale Touristen." Neben dem Fernsehturm sind nur noch der Reichstag und das Brandenburger Tor beliebter bei Berlin-Besuchern. "Von den 50 Prozent deutschen Touristen sind es ungefähr 25 Prozent Berlinerinnen und Berliner auf dem Fernsehturm", so Nitsch weiter.
Letztere mussten 1965 rigoros Platz machen für den Bau des Turms. Wohnhäuser, Büros und Verkaufsgebäude wurden abgerissen am Alex. Das kostete rund 132 Millionen DDR-Mark (viermal so viel wie ursprünglich geplant) und gab ziemlich viel Ärger.
Dabei war der Turm ursprünglich gar nicht auf dem Alexanderplatz geplant, sondern hätte schon Mitte der 1950er in den Müggelbergen gebaut werden sollen. Dort war er aber zu nahe an der Einflugschneise des Flughafens Schönefeld und das Projekt wurde verworfen. Auch der Volkspark Friedrichshain war im Gespräch, hier hatten sogar schon erste vorbereitende Baumaßnahmen begonnen.
Die Weltzeituhr: Seit Jahrzehnten ein perfekter Ort, um sich zu treffen. Erdacht hat sie Formgestalter Erich John, gebaut wurde sie in Rekordzeit trotz Mangelwirtschaft. Dass sie auch Kritik anzeigt, entging der DDR-Führung. Von Oliver Noffke
Fernsehturm pünktlich fertig zum "Tag der Republik" 1969
Gebaut wurde dann schließlich trotzdem - am Alexanderplatz - nach Entwürfen des DDR-Architekten Hermann Henselmann. Inspiration für die runde Kuppel soll der sowjetische Satellit Sputnik gewesen sein.
1967 war Richtfest und zwei Jahre später am 3. Oktober 1969 folgte die feierliche Eröffnung. Der damalige DDR-Postminister Rudolph Schulze meldete stolz, "dass der Fernseh- und UKW-Turm der Deutschen Post durch eine vom Ministerrat bestätigte Abnahmekommission hinsichtlich der Ausführung und Funktionstüchtigkeit seiner Anlagen geprüft wurde". Der damalige Staats- und Parteichef Walter Ulbricht gab zugleich das Startsignal für das zweite DDR-Fernsehprogramm - damit begann in der DDR auch das Farbfernsehen. Für die Öffentlichkeit war der Turm ab dem 7. Oktober 1969 zugänglich, dem nur in der DDR gefeierten "Tag der Republik".
Der Fernsehturm war Teil der Umgestaltung des Alexanderplatzes zum 20. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1969. Im Zuge dessen wurde auch die Berliner Weltzeituhr installiert, mit der sich der Fernsehturm nun den Geburtstag teilt.
Berliner Fernsehturm erfindet sich für Jüngere neu
Heute strahlt der Turm Dutzende analoger und digitaler Programme für Fernsehen und Radio ab. Auch für die Besucher wird ziemlich viel gemacht, denn: "Wir können den Turm ja nicht ewig in der Vergangenheit lassen", so Geschäftsführerin Nitsch. "Seit knapp zwei Jahren haben wir angefangen, Schritt für Schritt neue Dinge in den Fernsehturm zu bringen, die auch vor allen Dingen die jüngere Generation begeistern soll."
Dazu gehörten unter anderem Virtual-Reality-Angebote, um die Geschichte des Turms und auch Berliner Stadtgeschichte zu erleben. Oder auch das Duzen der Besucher auf der Webseite - "einfach auch um ein bisschen mehr Nähe zu schaffen", so die Geschäftsführerin, "und vor allem den Berlinerinnen und Berlinern den Turm wieder ein bisschen näher zu bringen."
Die Bar im Fernsehturm wurde zu Jahresanfang überarbeitet und neueröffnet. Ab kommendem Frühjahr soll dann Spitzenkoch Tim Raue das Restaurant neu beleben. Besucher können den Turm aber während der Umbauarbeiten uneingeschränkt weiter besuchen.