Berlin-Friedrichshain
Im schwelenden Streit um das SEZ hat das Land Berlin am Dienstag Fakten geschaffen: Mit Unterstützung der Polizei konnten Gerichtsvollzieher das marode Gelände betreten. Hier soll ein neues Wohnquartier entstehen.
Nach einem langen Rechtsstreit ist das frühere Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in Berlin-Friedrichshain am Dienstag zwangsgeräumt worden. Damit befinden sich das große Gelände und das ehemalige Vorzeige-Erlebnisbad der DDR wieder im Besitz des Landes Berlin. Zu der von einem Gericht angeordneten Zwangsräumung erschienen am Morgen mehrere Gerichtsvollzieher an der Landsberger Allee, zur Unterstützung und Amtshilfe rückte auch die Polizei an.
Die Räumung und der Auftrag an den Gerichtsvollzieher waren von der zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen bereits länger angekündigt worden. Die Arbeit der Gerichtsvollzieher dauerte wegen der vielen Räume im SEZ mit seinen 47.000 Quadratmetern, in dem sich früher das große Erlebnisbad, Sporteinrichtungen und eine riesige Kellerbar befanden, stundenlang und zog sich bis in den Nachmittag.
Die Polizei war seit 9.00 Uhr mit 60 Kräften im Einsatz, wie ein Sprecher sagte. Auch eine technische Einheit sei dabei gewesen, um mögliche Hindernisse und Barrikaden wegzuräumen. Die Gerichtsvollzieher hätten eigene Handwerker bestellt und sich durch eine Tür in einer Bretterwand Zugang zu dem Komplex verschafft. Widerstand oder Störungen von Personen habe es nicht gegeben.
Das Gebäude sei sehr verwinkelt, sagte ein Polizeisprecher. Im Laufe der Jahre seien durch Umbauten viele neue Räume entstanden, die alle einzeln durch die Gerichtsvollzieher geöffnet und gesichtet werden müssten, um zu klären, wie der Zustand sei und wer der Nutzer. Die Polizei habe nur den Außenschutz übernommen und die Zugänge kontrolliert.
Das Land darf nach einem langen Rechtsstreit wieder über den Gebäudekomplex verfügen. Der ehemalige Eigentümer gibt die Schlüssel aber nicht heraus. Der Senat möchte die Gebäude abreißen lassen und auf dem Gelände an der Landsberger Allee rund 500 Wohnungen und eine Schule bauen.
Das Grundstück in Berlin-Friedrichshain war 2003 vom Land Berlin an einen Investor verkauft worden - für einen symbolischen Euro. Das Freizeitbad, das jahrelang Verluste machte, war zu dieser Zeit bereits geschlossen. Der Käufer wurde damals verpflichtet, bis 2007 wieder einen Badebetrieb im SEZ zu schaffen. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit um die Nutzung verfügt das Land wieder über das Grundstück.
Das SEZ war 1981 als Bad- und Sportkomplex eingeweiht worden. Um den Bebauungsplan umzusetzen, ist es laut der Stadtentwicklungsverwaltung nötig, das Gebäude abzureißen. Sie betont zugleich, das SEZ sein "ein wichtiger Erinnerungsort". Vor dem Abriss des Gebäudes solle deshalb geprüft werden, ob "wesentliche identitätsstiftende Merkmale des Gebäudes erhalten werden können". Keines der Gebäude steht unter Denkmalschutz. Geprüft werden soll, ob Teile der Bausubstanz des ehemaligen Sport- und Erholungszentrums wiederverwendet werden können.
Forderungen nach einem Erhalt des Gebäudes erteilte Bausenator Christian Gaebler (SPD) eine klare Absage. Das SEZ habe keine Zukunft als Spaßbad, sagte er am Dienstag.
"Wir werden sehen, wie wir Elemente aus dem SEZ in die neue Bebauung integrieren können", so Gaebler. "Aber es wird sicherlich nicht das SEZ so erhalten werden können, wie es jetzt dasteht." In der heutigen Zeit sei ein kommunales Bad nicht wirtschaftlich zu betreiben, betonte der Bausenator, außerdem brauche Friedrichshain Wohnraum und Schulplätze.
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