Betreute Taubenschläge
Schön finden sie die wenigsten, aber sie gehören praktisch zu jeder Großstadt: Tauben. In Berlin könnte noch in diesem Jahr ein Pilotprojekt starten, das die Population der Vögel kontrollieren soll.
Im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf soll demnächst ein Pilotprojekt zum sogenannten Taubenmanagement angesiedelt werden. Das Projekt soll Teil eines berlinweiten Gesamtkonzepts zum Umgang mit Stadttauben sein, das die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz plant. Ziel sei die "Bestandskontrolle beziehungsweise Bestandsregulation".
Der Container für den Taubenschlag, wo unter anderem Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden, soll in der Nähe des Alice-Salomon-Platzes in Hellersdorf aufgestellt werden, der als Tauben-Hotspot identifiziert wurde. Im Umkreis soll nach dem Willen der Senatsverwaltung ein Fütterungsverbot gelten, der genaue Radius muss noch festgelegt werden.
Die Anschubfinanzierung von 18.000 Euro für den Container übernimmt die Verbraucherschutzverwaltung. Die Kosten für den Unterhalt werden auf jährlich 10.000 Euro geschätzt, wer sie trägt, muss noch entschieden werden.
Wie der rbb aus der Verwaltung erfuhr, geht Marzahn-Hellersdorf davon aus, dass die Anschaffung des Taubenschlags noch in diesem Jahr erfolgen kann. Die Berliner Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann hatte im April 2023 ein Konzept zum Taubenmanagement vorgelegt. Die Verbraucherschutzverwaltung hält es allerdings für zu eng gefasst und will es ausweiten.
Unter anderem möchte sie auch den Einsatz der "Taubenpille" - also einem Verhütungsmittel für die Tiere - und von Fressfeinden wie Greifvögeln prüfen. Herrmann hatte diese Überlegungen gegenüber dem rbb schon vor Wochen als "nicht zielführend" bezeichnet.
Die Senatsverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, bis Jahresende gemeinsam mit Bezirken und Stadtgesellschaft ein berlinweites Gesamtkonzept zum Taubenmanagement zu erarbeiten. Allerdings ist fraglich, ob dies gelingen kann.
Denn die Einladung, sich an verschiedenen Arbeitsgruppen zu beteiligen, stieß bei den Bezirken auf sehr verhaltene Resonanz. Weil die Verwaltung kaum positive Rückläufer bekam, sind bisher noch keine Termine für Arbeitsgruppen-Sitzungen angesetzt.
Experten schätzen, dass in Berlin bis zu 19.000 Stadttauben leben. Die Verwaltung betont, daraus ergäben sich verschiedene Probleme, so würden Gebäude und Plätze verschmutzt, Menschen von den Tieren belästigt und möglicherweise Krankheiten übertragen.
Laut einer genetischen Studie aus Italien [sciencedirect.com] haben Stadttauben denselben genetischen Fingerabdruck wie lokale Brieftauben. Sie haben sich über die Jahre durchmischt mit Brieftauben und Haustauben. Stadttauben gelten biologisch als verwilderte Haustiere. Anders als Wildtiere wie die Ringeltaube suchen sie die Nähe des Menschen.
Viele Stadttaubenschwärme bestehen nicht nur aus verwilderten Haustauben und deren Nachkommen, sondern auch aus Zuchttauben, die aus privaten Taubenschlägen entflogen sind. Außerdem vergrößert der Brieftaubensport die Population - gestrandete Brieftauben und ausgesetzte Hochzeitstauben oder Friedenstauben schließen sich den Stadttaubenschwärmen an.
Ein Gutachten der Berliner Landestierschutzbeauftragten von 2021 [berlin.de] ordnet Stadttauben juristisch als Haustiere ein. Daraus würden sich dann mögliche Verpflichtungen des Landes Berlin und der Bezirke ergeben. Allerdings ist die juristische Einordnung von Stadttauben gerichtlich nicht geklärt, es bestehen dazu verschiedene Ansichten.
Sendung: rbb 88.8, 05.10.2024, 11:30 Uhr
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