Frankfurt (Oder)
Einmal in der Woche organisiert die evangelische Kirchengemeinde St. Georg ein Begegnungscafé mit Geflüchteten im Frankfurter Gemeindehaus. Doch Integrationshelfer stehen zunehmend unter Druck. Sie fürchten sich vor Anfeindungen.
Einmal in der Woche öffnet die evangelische Kirche im Frankfurter Gemeindehaus St. Georg das Begegnungscafé. Hier treffen sich Geflüchtete aus Ländern wie dem Sudan, Afghanistan, Iran oder Syrien. Völlig unklar, wer von ihnen eine Bleibeperspektive hat. Trotzdem sollen sich die Menschen hier willkommen fühlen, sagt Pfarrerin Gabriele Neumann.
Sie möchte den Geflüchteten vermitteln: "Egal, ob ihr nur 14 Tage bleibt und dann vielleicht zurück müsst nach Polen und dann in Euer Heimatland oder ob Ihr eine Chance bekommt, hierzubleiben. Wir freuen uns erstmal, dass Ihr da seid".
Seit neun Jahren gibt es diese Nachmittage. Die Besucherinnen und Besucher treffen sich zum Kaffee, Spielen oder Singen. Freies WLAN gibt es auch. Solche Orte werden in Frankfurt (Oder) weniger.
Das bekommt auch der Verein Slubfurt zu spüren. Die Organisation hat in einer leerstehenden Turnhalle bislang Menschen aus Frankfurt und Slubice mit Geflüchteten zusammengebracht und gemeinsame Kunstprojekte organisiert. Nun soll die Halle abgerissen werden, bericht Slubfurt-Gründer Michael Kurzwelly dem rbb: "Wir werden damit aus der Innenstadt rausgedrängt und wenn nach dem Anschlag in Solingen plötzlich alle Geflüchteten unter Generalverdacht stehen, dann macht mich das noch unruhiger. Viele von unseren Leuten hier haben Angst, dass sie demnächst abgeschoben werden könnten."
Dass sich die Stimmung gegenüber Geflüchteten außerhalb der Kirchenmauern verändert hat, ist auch denen nicht entgangen, die sich im Gemeindehaus engagieren. Reinhard Schülzke, der hier regelmäßig mit den Gästen singt, berichtet von anderen Helfen, die nicht wollen, dass ihre Betriebe von ihrem Engagement im Begegnungscafé erfahren, weil sie "das nicht verstehen würden", zitiert Schülzke seine Kollegen. So ergeht es auch zwei Frauen im Café, die nicht gefilmt werden wollen, weil sie Schwierigkeiten im privaten und beruflichen Umfeld fürchten.
Integrationshelfer Jörg Siewert wurde selbst nocht nicht persönlich angefeindet. Er nimmt aber war, dass die Menschen Ängste vor Geflüchteten haben: "Aber ich empfinde es als hohes Gut, dass wir die aufnehmen. Wir können nicht alle aufnehmen, das muss politisch geklärt werden. Aber wir können uns um die kümmern, die hier sind", erklärt der Helfer.
Wichtige Integrationsarbeit leistet seit fünf Jahren auch das Kommunale Integrationszentrum in Frankurt. Die Einrichtung verfolgt das Ziel, zugewanderte Menschen langfristig und nachhaltig zu integrieren. "Integrationsarbeit ist essenziell für den sozialen Frieden in den Städten und den Regionen. Wenn es uns hier nicht gäbe, gäbe es 18.000 Anliegen, die vielleicht nicht rechtzeitig gelöst werden könnten", sagte die Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums, Izabella Bliss, im September dem rbb.
Sie sieht das Zentrum auch als Ort, um Vorurteilen und Desinformation vorzubeugen. So könnten sich auch deutsche Bürgerinnen und Bürger vor Ort über das Thema Migration und Asyl informieren. "Ich habe das Gefühl, dass rechtspopulistische Meinungen sehr oft darauf beruhen, dass die Menschen nicht informiert sind," sagte Bliss. Häufig würde Geflüchteten unterstellt werden, dass sie in goldenen Schlössern leben, erzählt die Leiterin, "aber die Wirklichkeit sieht anders aus." Integrationsarbeit sei kein Luxus, sondern ein Muss. "Denn ich wüsste nicht, was mit all den Menschen passiert, die zu uns kommen, wenn man da nicht ein bisschen lenken würde".
Sendung: Antenne Brandenburg, 04.10.2024, 16:10 Uhr
Mit Material von Fred Pilarski
Artikel im mobilen Angebot lesen