Transport aus Elbe-Elster
An der bulgarisch-türkischen Grenze ist ein Tiertransport aus dem Elbe-Elster-Kreis wochenlang festgehalten worden, offenbar wegen Missverständnissen zwischen Behörden. Nun sind die 69 Rinder teils verendet. Das zuständige Veterinäramt verteidigt sich.
Bei einem Tiertransport aus dem Landkreis Elbe-Elster in die Türkei ist es zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Nachdem die beiden Lkw wochenlang an der Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei festgehalten worden war, sind die insgesamt 69 Rinder verendet oder mussten geschlachtet werden. Das berichten mehrere Medien übereinstimmend am Mittwoch beziehungsweise Donnerstag. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat eine Stellungnahme abgegeben, in der dem Veterinäramt Elbe-Elster schwere Vorwürfe gemacht werden.
Der Transport war demnach Mitte September aus dem Elbe-Elster-Kreis aufgebrochen und hatte Rinder aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen geladen. Die Tiere waren zudem laut den Berichten trächtig. An der türkischen Grenze sei der Transport schließlich gestoppt worden, weil in Brandenburg die Blauzungenkrankheit ausgebrochen ist, eine Tierseuche, die unter anderem Rinder befällt. Weil die Tiere damit aus einem Tierseuchengebiet kamen, verweigerten die türkischen Behörden die Einreise.
Laut Landwirtschaftsministerium liegt die Schuld beim Veterinäramt Elbe-Elster. "Deutschland gilt nicht mehr als frei von der Blauzungenkrankheit (BTV), was jedoch unter Seuchenschutz-Aspekten Voraussetzung für die Einfuhr in andere Länder ist. Das Brandenburger Veterinäramt hatte sich auf Angaben des Importeurs verlassen, wonach Veterinärbescheinigungen auch mit aberkanntem Status der BTV-Freiheit von Seiten der Türkei akzeptiert würden. Dies war aber nicht der Fall", heißt es vom Ministerium.
"Die nicht durch das Veterinäramt überprüfte Aussage hat in diesem Fall zu einer Entscheidung mit enormen Tierleid geführt. Die Tiere wurden zeitweise vor Ort außerhalb der LKW notdürftig mit Futter und Wasser versorgt, zuletzt aber wieder unter schwierigsten Bedingungen in den beiden LKW gehalten", so die Mitteilung weiter.
"Mich schockiert dieser Fall! Mein Ministerium hat nach Bekanntwerden der Problematik alles darangesetzt, um eine möglichst tierschutzgerechte und schnelle Lösung für die Tiere zu finden. Ich erwarte, dass die zuständigen Behörden in Brandenburg nun aufarbeiten, wie es dazu kommen konnte und – noch wichtiger – Sorge dafür tragen, dass sich so etwas nicht wiederholt", erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.
Nach etwa einer Woche im Transporter sollen die Tiere zwar in einen Stall gebracht, kurz darauf aber erneut verladen worden sein. Im Transporter seien schließlich die ersten Tiere verendet, während andere bereits gekalbt hatten. Erst Anfang dieser Woche habe der Transport in die Türkei einreisen dürfen. Die überlebenden Tiere seien anschließend in einem Schlachthof in Grenznähe getötet worden.
Am Donnerstag veröffentlichte das verantwortliche Veterinäramt Elbe-Elster schließlich eine Stellungnahme zu dem Fall.
Die Bedingungen für die Genehmigung des Transportes waren laut Landkreis alle erfüllt. "Die Einhaltung sämtlicher nationaler- und unionsrechtlicher Bestimmungen, unter anderem die Einhaltung der Transportdauer, der Ruhepausen, der Wartezeiten an der Grenze, der trächtigkeitsbedingten Transportfähigkeit der Tiere sowie der Temperaturvorgaben, wurden durch den Exporteur glaubhaft gemacht und vom Amt auf Plausibilität geprüft", so die Mitteilung des Landkreises. Der Transport war demnach bereits für den Frühsommer geplant, war aber wegen einer Hitzewelle in der Türkei aufgeschoben worden.
Rechtlich belastbare Gründe, den Transport nicht zu genehmigen, hätten dagegen nicht vorgelegen. "Es bestand insofern ein zwingender Rechtsanspruch des Exporteurs auf Abfertigung des von ihm zur Ausfuhr vorgesehenen Tiertransports", so das Veterinäramt.
Laut Veterinäramt sehen die tierseuchenrechtlichen Bestimmungen der Türkei derzeit kein Einfuhrverbot für Tiertransporte aus Brandenburg vor. Dieses gelte nur für Transporte aus Niedersachsen, Nordrhein-Westphalen, Rheinland-Pfalz und Hessen.
In den Transportdokumenten sei angegeben worden, dass es in einem 150-Kilometer-Umkreis um die Sammelstelle im Elbe-Elster-Kreis einen Ausbruch der Blauzungenkrankheit gegeben habe. Das Veterinäramt habe sich deshalb eine Bestätigung aus der Türkei angefordert, dass die Rinder mit der entsprechenden Attestierung trotzdem eingeführt werden können. "Aufgrund dieser Dokumente musste das Veterinäramt davon ausgehen, dass die Türkei die Annahme der Tiere nicht verweigern würde", so die Mitteilung.
Als die Situation des Tiertransportes an der Grenze zu eskalieren drohte, habe sich der Landkreis wiederum um eine Lösung bemüht, "gemeinsam mit dem Exporteur, den beauftragten Speditionen und auch im direkten Kontakt mit den Fahrern selbst, sowie mit Unterstützung des Landes und des Bundes".
Als Konsequenz aus dem Vorfall fordert das Veterinäramt Elbe-Elster in seiner Stellungnahme nun, dass Tiertransporte in Drittländer von den Landkreisen nicht mehr abgefertigt werden dürfen. "Aus Sicht des Veterinäramtes kann solches Tierleid durch überlange Transporte und nicht tierschutzgerechte Haltungsbedingungen und Schlachtmethoden nur durch ein generelles Verbot von Lebendtiertransporten in Drittländer außerhalb der EU verhindert werden", so das Amt.
Dies liege allerdings nicht in der Macht der Landkreise, es müsse dafür eine Regelung auf Bundesebene gefunden werden. "Der Schutz der Tiere sollte ein höheres Gut darstellen als wirtschaftliche Interessen", so das Veterinäramt.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.10.2024, 15:30 Uhr
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