Interview | Podcast mit Klaus Wowereit und Kim Fisher
"Bei mir ist mal ein Staatsgast eingeschlafen"
Plaudern über Politik und Anekdoten aus dem politischen Alltag: Moderatorin Kim Fisher und der ehemalige Regierende Klaus Wowereit haben einen Podcast - und erzählen im Interview, wie es aus ihrer Sicht um die deutsche Einheit steht.
rbb: Woher kennen Sie sich? Wann sind Sie sich das erste Mal begegnet?
Klaus Wowereit: Das muss 2001 gewesen sein, auf einem rotem Teppich. Es war eine Aids-Gala im Theater des Westens.
Kim Fisher: Danach haben wir uns ganz oft gesehen und sind immer vertrauter miteinander geworden. Dann hatten wir die Idee, etwas gemeinsam machen, und daraus ist jetzt der Podcast Kim & Klaus geworden.
Zur Person
Worüber sprechen Sie?
Fisher: Das Motto ist: Rotes Rathaus trifft roter Teppich. Wir wollen in erster Linie unterhalten. Aber wir wollen auch über politische Themen sprechen, und Klaus kann mit seiner Erfahrung viele Themen gut einordnen. Es wird natürlich auch persönlich werden. In einem Podcast ist man intimer, geht noch tiefer in Themen rein, als man es vielleicht in einer Talkshow tun würde.
Wowereit: Und wir werden natürlich auch Backstage-Storys erzählen. Lustige Anekdoten aus meinem politischen Alltag, was so hinter den Kulissen passiert ist. In der ersten Folge erzähle ich zum Beispiel, wie bei mir mal ein Präsident beim Staatsbesuch eingeschlafen ist, mitten im Gespräch auf dem Sofa. Keiner seiner Mitarbeiter, nicht mal der Außenminister, traute sich, ihn anzustupsen. Ich habe erstmal weitergeredet. Dann war es mir aber zu bunt und ich bin aufgestanden. Dann mussten sie ihn aufwecken.
In der ersten Folge geht es auch um die US-Wahl. Wie würde das Duell zwischen Trump und Harris in Berlin Ihrer Einschätzung nach ausgehen?
Wowereit: Also 90 Prozent für Harris. Trump hätte keine Chance in Berlin. Was er sich alles leistet, ist aus deutscher Sicht ziemlich abstrus. Der hätte keine Chance hier.
Fisher: Wir sprechen auch über amerikanische Präsidenten, die in Berlin zu Besuch waren.
Wowereit: Sehr spannend war es mit Barack Obama, der 2013 zum Staatsbesuch bei uns war, am heißesten Tag des Jahres. Obama, Merkel und ich standen hinter dem Brandenburger Tor und es ging einfach nicht los. War zwar schön, konnten wir zu dritt da ein bisschen plaudern. Bis ich mitbekam: Der Teleprompter, von dem er seine Rede ablesen wollte, war kaputt. Deswegen mussten seine Mitarbeiter die Rede erst ausdrucken. Und das dauerte, weil die darauf gar nicht vorbereitet waren.
Und Obama fragt mich noch: Wollen wir nicht unsere Sakkos ausziehen? Und ich sagte: Nee, Herr Präsident. Fangen Sie doch erstmal Ihre Rede an und ziehen dann ihr Sakko aus, dann ziehe ich auch mein Sakko aus. Und das hat er dann auch so gemacht.
Sie sind beide überzeugte Berliner. Gibt es auch etwas, das Sie an Berlin nicht mögen?
Fisher: Mir geht die schlechte Laune auf die Nerven. Ich bin ja wirklich ein sehr herzlicher Mensch. Aber ich merke zunehmend, dass ich dann auch mal zurückblaffe, wenn ich angepampt werde. Das muss dann einfach raus.
Wowereit: Die Larmoyanz, das Meckern nervt mich, und manchmal hat Berlin zu wenig Selbstbewusstsein, wenn ein Angriff von außen kommt, wenn jemand Berlin-Bashing betreibt. In anderen Städten, wie in Hamburg, würden sich die Reihen schließen und die Hamburger würden sagen: Ihr Kritiker spinnt wohl.
Info
In Folge zwei geht es auch um den Mauerfall und die Einheit. Ist die Einheit in Berlin geschafft?
Wowereit: Berlin ist ja der einzige Ort in Deutschland, wo Ost und West von Anfang an zusammengekommen sind. Die Bayern waren immer noch in Bayern, die Sachsen in Sachsen. Nur bei uns war plötzlich alles anders. Ich kann mich noch genau dran erinnern, dass wir uns in den ersten Jahren nach dem Mauerfall vor allem um den Ostteil der Stadt gekümmert haben. Die Infrastruktur musste wieder aufgebaut werden. Das hat vielen Westberlinern nicht gefallen, aber das musste gemacht werden.
Und wie sieht es heute aus mit der Einheit?
Wowereit: Heute würde ich sagen, dass die Einheit im Großen und Ganzen geklappt hat. Klar, Berlin ist eine Stadt mit Kiezen. Ich kenne viele Leute, egal ob Ost oder West, die sind so verhaftet in ihrem Kiez, dass sie sich gar nicht vorstellen können, sich von dem zu trennen. Aber trotzdem glaube ich, dass wir uns insgesamt als eine große Stadt, als ein Berlin fühlen, und die Berliner gemeinsam stolz darauf sind, Berliner zu sein. Und wenn wir heute über Befindlichkeiten sprechen, sollten wir uns alle dran erinnern, wie glücklich wir alle am 9. November waren und sich diese Berlin zurückrufen.
Fisher: Wenn man als Westberliner auf der Straße Unter den Linden durchfährt, dann ist das für ihn doch auch seine Stadt. Ich glaube, wir sind viel mehr eins, als wir immer so tun.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Michael Handel, rbb88,8
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