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Gemeinsames Statement
Auf Twitter sollte der Hochschul-Diskurs in die Gesellschaft getragen werden. Mittlerweile heißt die Plattform X und es herrschen Hass und Hetze. Für viele Hochschulen ein Grund, zu gehen.
Acht Universitäten und Hochschulen aus Berlin und Brandenburg verlassen gemeinsam mit mehr als 60 weiteren Hochschulen und Forschungseinrichtungen bundesweit die Social-Media-Plattform X. Die konzertierte Aktion wurde am Freitag von der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität [idw-online.de] bekannt gegeben. Damit protestieren die Wissenschaftseinrichtungen gegen die zunehmende Radikalisierung des Diskurses auf X, vormals Twitter.
In Berlin ziehen sich demnach die Freie Universität (FU), die Humboldt-Universität, die Universität der Künste (UdK) und die Berliner Hochschule für Technik von der Plattform des Milliardärs Elon Musk zurück. In Brandenburg sind es neben der Universität Potsdam und der Viadrina in Frankfurt (Oder) die Brandenburgisch Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) und die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.
Die Bedingungen für einen offenen Austausch seien nicht mehr gegeben, hieß es in einem gemeinesamen Statement zur Begründung. Hass, Desinformation und Manipulation seien unter dem Denkmantel vermeintlicher Meinungsfreiheit Tür und Tor geöffnet worden. Die aktuelle Ausrichtung der Plattform sei nicht vereinbar mit den Grundwerten der beteiligten Institutionen wie Weltoffenheit, Transparenz und demokratischer Diskurs.
Silke Engel, Sprecherin der Universität Potsdam, erläuterte dem rbb, im Vorfeld habe es einen Beschluss der Hochschulleitung gegeben: Die Universität wollte am Freitag nach mehr als 13 Jahren ihren Account auf der Social-Media-Plattform X, früher Twitter, stilllegen.
"Wir haben X schon lange beobachtet und waren da schon seit einigen Monaten nicht mehr so aktiv, wie wir es einst dort waren - wegen der politischen Entwicklungen, aber auch weil der Algorithmus sich verändert hat", so Engel: "Der Algorithmus greift umfassend in die Verteilung von Informationen ein, lenkt Diskussionen und verhindert einen freien Austausch. Außerdem hat - unter dem Deckmantel vermeintlicher Meinungsfreiheit - der Verzicht auf jede Moderation Hass, Desinformation und Manipulation Tür und Tor geöffnet", erklärte Engel.
"Insofern haben wir uns gesagt, wir sind ein Ort für faktenbasierten Austausch, offenen Diskurs und Transparenz - das ist da jetzt nicht mehr gegeben", erläuterte die Sprecherin der Potsdamer Universität. Daher habe die Hochschule nun die Reißleine gezogen.
Vor allem im Rahmen emotionaler, politisch-ideologisierender Debatten seien die Kommentare zuletzt "unterirdisch" gewesen. Es habe Beleidigungen gegeben, aber auch ganz üble Nachrede. Es seien aber auch kleinere Fakten verdreht worden. Daraufhin hätten sich auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die Uni gewandt. "Das ist stärker geworden in der Vergangenheit", so Engel.
"Die Reichweite, auch die Internationalität haben Forschende nach wie vor geschätzt. Sie hatten gehofft, dass sie den Diskurs dort mit Fakten prägen können. Aber die jüngsten Entwicklungen haben uns da desillusioniert", erläuterte Engel weiter. Der Ausstieg sei auch schon länger diskutiert worden. Dem Hauptaccount der Potsdamer Universität folgen auf X mehr als 10.000 Menschen.
Am Donnerstag hatten bereits die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Plattform nach rund 15 Jahren verlassen. Beide Arbeitnehmerorganisationen kritisierten die Plattform als "Forum für die Verbreitung von rechtsextremistischen Positionen, von Hass und Hetze, von Demokratiefeindlichkeit und Desinformation". Es werde immer offensichtlicher, dass die Algorithmen der Plattform "demokratiefeindliche Narrative bevorzugt behandeln".
Tesla-Chef und Tech-Milliardär Elon Musk hatte Ende 2022 den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen und die Plattform in X umbenannt. Seither haben sich zahlreiche Einrichtungen und Prominente aus dem Netzwerk verabschiedet. Hauptkritik ist, dass nicht mehr gegen Desinformation und Hassrede vorgegangen werde. Musk, der auf X mehr als 200 Millionen Follower hat, ist mittlerweile auch ein Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Am Donnerstag hatte er sich erneut in den deutschen Wahlkampf eingemischt und für die AfD geworben. Auf seiner Plattform hat er ein rund einstündiges Online-Gespräch mit AfD-Chefin Alice Weidel geführt [tagesschau.de]. Dabei ging es um Themen wie Atomkraft, Migration und die Bürokratie in Deutschland.
Sendung: Antenne Brandenburg, 10.1.2025, 10 Uhr
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