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Quelle: Privat

#Wiegehtesuns | Der Weihnachtsmann

"Ich bemerke bei den Menschen eine neue Sehnsucht"

Weihnachtsmann Stippi hat schon im letzten Jahr wegen der Pandemie draußen beschert - eine neue Erfahrung. Jetzt ist er erneut mit Rauschebart und roter Mütze unterwegs - und begegnet einer ungewohnten Sorglosigkeit in vielen Familien. Ein Gesprächsprotokoll.

Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Stephan B. Antczack ist seit 19 Jahren als Weihnachtsmann in Berlin unterwegs - wegen der Pandemie ausschließlich draußen. Der Theaterpädagoge, Bezugsbegleiter und Künstler musste auch den Tod seiner Mutter verkraften, die an Covid-19 verstorben ist. Bereits im letzten Jahr hat er rbb|24 von sich erzählt. Nun überredet Stippi so manch sorglose Familie, zum Feiern wieder nach draußen zu gehen. So geht es dem Weihnachtsmann in diesem Jahr:

Im letzten Jahr haben wir Kinder und Familien beschert. Wegen Corona haben wir – mein Engel und ich - die Bescherungen nur draußen gemacht. Mit Abstand. Es war kalt, feucht und fröhlich, aber nicht feucht-fröhlich. Die Erwachsenen hatten Angst vor Ansteckungen und haben alles mitgemacht, und es war auf eigene Weise schön gewesen. Es ist eine neue Erfahrung, sich aufzumachen, gemeinsam rauszugehen, draußen in der Kälte an der frischen Luft zu singen. Manchmal auch mit heißem Kakao oder Glühwein.

Letztes Jahr war kurz vor Weihnachten meine Mutter an Corona gestorben. Sie fehlt mir. Kürzlich sah ich ihre letzte Nachricht: Ein großes rotes Herz. Das tut weh, aber der Schmerz gehört zum Leben.

#Wiegehtesuns | Seelsorgerin aus Cottbus

"Für die Patienten wird es zu Weihnachten ganz schwierig"

Wegen der Corona-Pandemie herrscht in vielen Krankenhäusern Besuchsverbot. Bekannte und Verwandte dürfen nicht zu den Patienten. Weil Pfleger und Ärzte kaum Zeit für längere Gespräche haben, sind Klinik-Seelsorger:innen wie Karen Martens sehr gefragt. Ein Gesprächsprotokoll.

Dieses Jahr gibt es wieder Veränderungen. Mein Weihnachtsmannkostüm passt mir wieder. Ich habe im letzten Jahr gut 40 Kilo verloren. Denn der Weihnachtsmann aß wirklich viel zu gerne Süßes und liebte süße Getränke - auch Cola. Deshalb war ich im Frühjahr zu einer Therapie in Oberstdorf, in Bayern. Jetzt isst der Weihnachtsmann vor allem Salat und Frischkornbrei.

Ich bemerke bei den Menschen eine neue Sehnsucht. Letztes Jahr hatten alle Angst vor Ansteckungen. Jetzt fühlen sie sich sicher, weil sie geimpft sind und wollen keine Bescherung außerhalb der Wohnung: "Komm doch zu uns herein - wir sind alle geimpft – bis auf die Kinder." Und Oma und Opa und Tanten und Onkels und alle sind da. Sie fragen gar nicht, ob denn der Weihnachtsmann geimpft ist, sie denken nun, sind sie sicher.

#Wiegehtesuns | Ungeimpfter aus Brandenburg

"Ich bin auf jeden Fall kein Impfgegner. Ich bin Impfskeptiker."

Immer wieder wurde Gerd Schulz mit der Frage konfrontiert, ob er sich gegen Corona impfen lassen will: auf der Arbeit, in der Familie, bei seiner Ärztin. Seine Antwort war stets Nein. Doch Infektionsfälle in seiner Familie haben ihn umdenken lassen. Ein Gesprächsprotokoll.

Das stimmt nicht.

Wenn Geimpfte singen, fliegen die Aerosole mit Viren durch die Gegend und selbst Geimpfte können ansteckend sein, wie wir wissen. Deshalb sagen wir "Zieht euch warm an! Wir bescheren in kalten Zeiten unter freiem Himmel! Eine Bescherung an der frischen Luft, macht das Fest gemütlicher."

Gegen Tröpfcheninfektion hilft vor allem Abstand, ob geimpft oder nicht. Ich habe keine Lust, beim Eintritt in eine Wohnung von jedem den Impfpass oder die Corona-App zu kontrollieren. Draußen kann ich mit Blick auf das Infektionsgeschehen auch keine Unterschiede machen. Ich komme, treffe jede Familie, die mich bestellt an der frischen Luft, im Garten, auf der Terrasse oder im Park.

Ein schönes Weihnachtsfest - das geht draußen genauso gut, wie drinnen. Und die Kinder haben ein Weihnachtsfest mehr als verdient nach dem letzten Jahr.

Ich habe in meiner anderen Tätigkeit als Theatertherapeut an einer Schule Überraschendes wahrgenommen. Die Kinder haben sich nach dem Lockdown regelrecht auf Ihre Lehrer:innen gefreut. Eigentlich wäre das eine Lehre aus Corona: die Schulpflicht auf zwei oder drei Tage in der Woche reduzieren. Ein Tag davon für außerschulische Lernorte, wie praxisangeleitetes Lernen bei Mama im Büro oder Papa auf Arbeit, Besuch im Theater, Kino, Museum. Zwei Tage dürften die Kinder zu Hause chillen und duddlen - so lernen sie heutzutage …

Alle wären entspannter: Lehrer:innen, Eltern und die Kinder. Wenn wir uns dann noch zuhören und unsere Wünsche ernst nehmen würden, könnten wir eine glückliche, kinderfreundliche Gesellschaft erleben.

Gesprächsprotokoll: Cosima Jagow-Duda

Sendung: Abendschau, 24.12.21, 19:30 Uhr

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