#Wiegehtesuns? | Der Lokführer und Balletttänzer
Martino Jedrzejczak ist Lokführer und immer unterwegs, die ganze Woche. Bei seinem Job ergeben sich auch ohne Pandemie kaum persönliche Kontakte. Geselligkeit findet er stattdessen bei seinem Hobby - aber das liegt jetzt auf Eis. Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Martino Jedrzejczak, 59 Jahre, aus Großräschen, ist Lokführer bei der Firma Bahnlogistik24. Er ist es mit Leib und Seele. Früh aufstehen, die Woche über weg sein und abends im Hotel - all das macht ihm nichts aus. Es ist sein Job. Aber den großen Spaß, den Ausgleich beim Großräschener Karnevalsverein, gibt es jetzt schon seit einem Jahr nicht mehr. So geht es Martino Jedrzejczak:
Im Moment bin ich gerade im Hafen, in Wismar. Wir rangieren hier, führen Züge zu, die von Brandenburg und Hennigsdorf leer kommen. Die werden hier beladen mit Schrott und gehen zurück zu den Stahlwerken nach Brandenburg und Hennigsdorf. Dafür braucht man keine Maske. Nicht wenn man im Führerstand allein ist. Natürlich dann beim Personalwechsel. Wir wischen dann unsere Pulte ab, also alle Bedienelemente, das war's. Dann ab ins Hotel. Und da bin ich jetzt. Allein.
Als Lokführer ist man Alleinunterhalter: Manchmal hat man Kontakt zu Kollegen, persönlich aber wenig. Und in den Hotels dann - auch ohne Corona - ist immer kaum was los. Jetzt aber eben geht hier gar nichts mehr. Ruhe. Naja. Und an den Strecken oder an den Zügen hat Corona nichts verändert. Wie auch?
Viele gehen ja dann in ihrer Freizeit so ins Fitnessstudio, was aber nun durch Corona auch nicht geht. Ich bin da nicht so der Fitnessstudiotyp, ich bin beim Karneval: Männerballett. Das ist das einzige, was bei mir so sportlich los ist, aber da können wir leider im Moment eben auch nicht üben durch Corona. Die Hallen sind seit einem Jahr gesperrt. Da ist Ruhe eingetreten, also in dem Hobby, sage ich mal.
Unser Männerballett gehört zum GCC Rot-Weiß Großräschen, das ist der Großräschener Karnevalsverein. Immer im Februar - außer in diesem Jahr - wird durch den KVL, das ist der Karnevalsverein Lausitz, ein Männerballettturnier veranstaltet. Und da sind dann von zehn bis fünfzehn Karnevalsvereinen die Männerballetts vertreten: Schwarzheide, Welzow, Neupetershain und so. Da gibt es Turniere und es wird sich dann ein lustiger Abend gemacht. Es gibt da auch einen Wanderpokal. Und da tanzen wir dann.
Mit 59 bin ich da der Älteste, habe mehr so eine tragende Rolle. Wir üben immer montags für zwei Stunden. Die großen Auftritte sind Weiberfastnacht, der Samstag vor Rosenmontag und Rosenmontag selbst. Aber wir werden auch gern zu Geburtstagen, Jugendweihen oder Hochzeiten gebucht. Das finden manche Personen doch sehr lustig – kann man sagen. Vor allem in Großräschen und Umkreis.
Das große Turnier ist dann im Februar. Das ist dieses Jahr jetzt ausgefallen, voriges Jahr aber sind wir Lausitzmeister geworden, da haben wir den ersten Platz gewonnen. Dieses Jahr durch Corona nun eben nicht.
Und kein Training. Man sieht sich jetzt manchmal an den Wochenenden, auf der Straße natürlich. Dass das alles weg ist, finden alle nicht gerade prickelnd. Da ist schon – wie soll ich sagen – so ein Kribbeln drinne, so eine Spannung. Die Leute wollen alle, aber können nicht trainieren.
Kostüme und so, alles ist eingelagert im Kurmärker von Großräschen. Zu jedem entsprechenden Tanz werden bei uns nämlich immer auch die entsprechenden Kostüme dazugenommen. Der letzte Tanz war ein Indianertanz. Also waren das Indianerkostüme, dann auch Häuptlingskostüme und all sowas. Die wurden extra dafür kreiert. Aber jetzt eben nichts mehr - eingelagert.
Und beruflich - das ist schon kurios - sind wir alle weiter fest eingebunden: Viele haben Homeoffice, dann sind da Krankenpfleger, einige sind beim DRK, ein Ingenieur, dann ein Baggerfahrer, Lehrlinge, ein Schweißer, alles querbeet.
Einen Trost gab's dann letzte Woche: Da war der Spreewald zugefroren. Das war natürlich ein großes Begängnis. Ein schöner privater Ausgleich in der Coronazeit.
Naja, jetzt habe ich gar nicht so viel erzählt von Corona und meinem Job. Fast nur vom Karneval und vom Ballett, das ja nicht stattfindet. Jedenfalls geht's für mich am Montag wieder los. Mit Maske.
Gesprächsprotokoll: Stefan Ruwoldt
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