#Wiegehtesuns? | Jung-Schauspieler
Frisch von einer der besten Schauspielschulen sollte einem doch die ganze Welt offenstehen. Aber was, wenn Corona alles ausbremst, bevor es begonnen hat? Jakob D'Aprile aus Berlin schwebt derzeit zwischen Online-Proben und Unstrukturiertheit. Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Der 24-jährige Schauspieler Jakob D'Aprile hat schon beim Jugendensemble der Volksbühne gespielt und wurde mit 20 Jahren am renommierten Max-Reinhardt-Seminar in Wien angenommen. Nach seinem Abschluss war er voller Hoffnungen. So geht es Jakob:
Im Oktober 2020 habe ich meinen Abschluss am Max-Reinhardt-Seminar in Wien gemacht und vorher schon als Gast am Schauspielhaus Wien gearbeitet. Wir haben en suite gespielt, also jeden Tag. Nach zehn Vorstellungen, es war so Mitte März 2020, machte erst das Burgtheater zu und Corona legte ziemlich schnell in Österreich alles lahm. Wir waren noch eines der letzten Theater, die gespielt haben, weil das ein privates Theater ist und die extrem abhängig sind von dem Kartenverkauf. Aber irgendwann war klar, dass das jetzt die letzte Vorstellung ist und dann bin ich ganz schnell nach Berlin geflohen, weil ich Angst hatte, nicht mehr aus Wien rauszukommen.
Jetzt würde ich eigentlich gerade in Berlin proben - eine Diplom-Inszenierung an der Ernst-Busch-Schauspielschule. Wir wollten Anfang März 2021 die Premiere machen, aber das ist ja sehr unrealistisch. Die Regisseurin hatte sehr viel Zeit in Kontakte investiert, damit auch Leute kommen. Aber wenn die Situation so ist, dann kommt auch niemand angereist, um sich was anzugucken. Es macht also gerade alles wenig Sinn. Zum Glück gibt es trotzdem ein wenig Geld für uns von der Ernst-Busch.
Wir wollen uns jetzt zwei Mal die Woche online treffen und an den Texten arbeiten, aber ob das klappt - keine Ahnung. Und wenn ich mir vorstelle, dass es dann erst nächstes Jahr aufgeführt wird, muss man sich wieder von vorne damit beschäftigen. Es ist auch die Frage, ob die Gruppe dann in dieser Konstellation wieder zusammenkommen kann. Wir werden also sehen, wie lange wir Lust haben.
Aber das ist ja auch nicht das erste, was verschoben wurde. Ich fühle mich schon ganz schön ausgebremst. Ich weiß einfach überhaupt nicht, wie mein Jahr aussehen wird. Und auch alles, was ich so versucht habe, wie zum Beispiel in der Synchron-Branche, im Hörspiel, Fuß zu fassen, ist so schwer durch diese Umstände. Weil die auch alle sagen: Wir können gerade keine neuen Leute ins Studio einladen.
Hinzu kommt, dass ich natürlich gerade auch in einem schwierigen Alter für Rollen generell bin. Ich bin zu alt, um den Schüler zu spielen und zu jung, um jetzt so Typen, wie den jungen Lehrer oder den Familienvater, zu spielen. Deswegen gibt es da jetzt einfach nicht so viel. Während meiner Ausbildung hatte ich viel mehr Castings. Und von zehn Castings klappt eh im Schnitt nur eins.
Heute habe ich lange geschlafen. Ich finde, es ist extrem schwer, den Tag zu strukturieren. Dass ist es wahrscheinlich sowieso, wenn man frisch aus einer Uni kommt und dann freischaffend ist. Ich muss mir wirklich jetzt überlegen, was ich noch machen kann. Vielleicht einen Führerschein oder so.
Was einem natürlich auch immer hilft, ist der Gedanke, dass es allen so geht. Also, dass alle Theaterschaffende das Gleiche durchmachen, und dass man da jetzt nicht so alleine dasteht.
Ich hatte noch ein Vorsprechen an einem Berliner Theater für einen Ensemble-Platz. Da steht die Entscheidung noch aus. Im Kopf macht man davon soviel abhängig, das ist auch nicht gut. Und eigentlich wollte ich gar nicht gleich fest ans Theater, andererseits können Theater gerade auch keine Gäste engagieren, und wenn es wieder losgeht, gibt es eigentlich einen totalen Premierenstau.
Meine Wunschvorstellung fürs nächste Jahr wäre, dass ich an dem Theater, an dem ich gerade vorgesprochen habe, vor ausverkauftem Haus Premieren habe. Eigentlich kein so großer Wunsch - und nein, es muss kein großer Spielfilm sein. Theater macht mir mehr Spaß und man bekommt irgendwie mehr zurück als beim Film.
Es reicht jetzt auch einfach mit Corona. Beim ersten Lockdown haben wir noch selber ein Hörspiel gemacht und aufgenommen und hatten noch total den Elan, aber so langsam hört das auch auf. Man verliert einfach die Motivation.
Ich hab zu Kochen angefangen, das ist gut. Ältere Kollegen und Freunde von mir raten, eine Sprache zu lernen, einfach fürs Repertoire. Bis jetzt habe ich aber noch nicht angefangen. Aber ich lese viel. Ich habe auch schon überlegt, ob ich nicht irgendwie in einer Impfstation helfen kann, oder bei einem Sorgentelefon. Mal sehen.
Gesprächsprotokoll: Magdalena Bienert
Sendung: Inforadio, 28.01.2021, 09:55 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen