#Wiegehtesuns? | Schauspielerin
Eigentlich ist Lena Baader Schauspielerin und Moderatorin. Seit der Corona-Pandemie hat sie ihr Leben komplett umgekrempelt und neu gestaltet, nicht nur beruflich. Ihre Hoffnungen will sie auf keinen Fall aufgeben. Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Lena Baader lebt in Berlin-Charlottenburg und ist Schauspielerin und Moderatorin. Seit der Pandemie kann sie nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten. Aber sie hat sich Alternativen überlegt. So geht es Lena Baader:
Es ist eine sehr bewegte Zeit, ein ständiges Auf und Ab. Ich würde gerne schimpfen, aber das wäre Jammern auf hohem Niveau. Es geht vielen Menschen deutlich schlechter als mir, deswegen reiße ich mich zusammen.
Ich bin Schauspielerin und Moderatorin. Aber seit dem ersten Lockdown im März 2020 durfte in dieser Branche kaum gearbeitet werden. Eine letzte große Rolle hatte ich vor über einem Jahr in "Letzte Spur Berlin“. Die meisten Film und TV-Projekte wurden verschoben. Auch Shows, Events und Theaterstücke wurden alle abgesagt. Mir war klar, dass ich mich beruflich neu orientieren muss.
Ich habe dann als Rettungsassistentin gearbeitet, mein zweites berufliches Standbein. Momentan arbeite ich bei der Corona-Impfhotline des Landes Brandenburg. Das ist kein einfacher Job, weil man sehr oft Leute am Telefon hat, die verzweifelt sind, weil sie unbedingt einen Impftermin möchten. Aber gerade für die älteren Menschen, die eigentlich höchste Prioritätsstufe haben, steht zurzeit nicht genug geeigneter Impfstoff zur Verfügung. Eine Tochter hat geweint am Telefon. Sie meinte, wenn sich ihr Vater infiziert, dann würde er sterben. Und ich muss die Leute dann um Geduld bitten, weil momentan keine Impftermine vergeben werden können. Doch sie appellieren an mich als Person: Helfen Sie mir bitte. Und ich kann nichts für sie tun. Das ist schwierig für mich.
Bald soll wieder Impfstoff geliefert werden, und dann dürfen wahrscheinlich auch Arztpraxen impfen. Das wäre eine große Erleichterung für alle Menschen, da auch der Buchungsprozess für die Impfzentren kompliziert ist. Für jüngere Menschen steht ein anderer Impfstoff zur Verfügung, aber auch dieser darf vorerst nur an bestimmte Personengruppen vergeben werden, was bei anderen auf Unverständnis stößt.
Im Moment habe ich den Eindruck, dass der zweite Lockdown noch mehr an uns allen zehrt. Auch in der Kulturszene geht es allen an die Existenz. Die Leute verdienen einfach seit einem kompletten Jahr kein Geld mehr. Viele Kollegen und Freunde sind komplett am Ende und verzweifelt. Ich habe mir überlegt, was ich tun kann, um zu helfen. Und so habe ich das letzte Jahr genutzt, um mein Leben neu zu gestalten. Ich habe mir verschiedene Aufgaben gesucht, um wieder Struktur in mein Leben zu bringen und meine Zeit sinnvoll zu nutzen.
Seither arbeite ich nebenbei als Coach bei "Traudich – jetzt" in Berlin. Das ist eine neue berufliche Perspektive, die mir viel Freude bereitet und Hoffnung gibt. Ich berate unter anderem in den Bereichen Ernährung und Sport, Selbsthilfe bei Depression, Sexualität und Missbrauch. Ich habe bei den Coachings bereits einigen Menschen sehr geholfen, und das ist wirklich erfüllend.
Zusätzlich engagiere ich mich für die Streunerhilfe Bulgarien eV. Der Verein hilft dabei, das große Problem mit den Straßenhunden in den Griff zu bekommen.
Und ein weiteres Hilfsprojekt habe ich selbst gegründet. Es heißt Power Girls und richtet sich an Mädchen und Frauen, die selbstbewusster werden wollen. Wir organisieren kostenlose Kurse für Selbstverteidigung, Selbstvertrauen und Selbstsicherheit. Im Moment läuft das alles natürlich nur Online. Wir finanzieren uns über Spenden und arbeiten alle ehrenamtlich. Gewalt gegen Frauen ist ein Tabu-Thema, das nicht totgeschwiegen werden darf. Die Zahlen sind im letzten Jahr extrem angestiegen, und wir müssen hier dringend was dagegen tun.
Natürlich hoffe ich, dass ich wieder als Schauspielerin arbeiten kann. Ich habe schon zwei Anfragen bekommen für Projekte, die unter Vorbehalt für den Sommer geplant sind. Und: Bei der diesjährigen Berlinale hat ein Film Premiere, bei dem ich mitgespielt habe. Er ist von meinem Lieblingsregisseur Dominik Graf, mit dem ich schon oft zusammengearbeitet habe. Es ist der historische Kinofilm "Fabian", nach einem Roman von Erich Kästner. Ich spiele eine lesbische Künstlerin, die sehr exzentrisch ist und durchgeknallt, eine sehr spannende Rolle. Natürlich ist es schade, dass die Berlinale hauptsächlich online stattfindet und nicht so, wie man sie kennt: mit vielen Events, rotem Teppich, Filmpremieren mit Presse und dem ganzen Team. Dennoch ist es ein Lichtblick am Horizont.
Ich werde auf jeden Fall meine Hoffnungen nicht aufgeben und mache das Beste aus den vielen Herausforderungen, die uns das Leben derzeit stellt.
Gesprächsprotokoll: Ula Brunner
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