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Quelle: rbb/M. Behrendt

rbb|24-Adventskalender | Hochgestochen, tiefgestapelt

10. Tür: Ein Erbe für gute Aussichten

Diesmal: besonders sichtbar. Gebaut wird immer. Hoch auch. So richtig hoch gebaut aber wird dann, wenn man was zeigen will. Der Oderturm in Frankfurt verkündete einst eine Art Aufbruch - und wurde so selbst ein Geschichtsstück.

Großartig nennt dieses Haus hier keiner. Pompös ist es nicht. "Strahlend" war das Funktionärsattribut dafür: Der Oderturm in Frankfurt kann sich sehen lassen, wirklich - das ist die beste Formulierung. Unten Einkauf, oben runter kucken, in der Mitte wird gearbeitet.

Das Haus ist ein Erbe aus den späten 60ern. Vor Frankfurt hatten so etwas auch schon andere Städte im Osten. Es sollten Fahnenmasten der neuen Zeit sein für die wiederaufgebauten Zentren. Die DDR wollte wachsen, und Hochhäuser galten als eine Art Leuchtturm. Obendrauf 'ne Aufschrift und direkt darunter eine Gaststätte mit Ausblick. Die Leute standen auf der Straße mit dem Rücken zu ihren bröckelnden Fassaden und erblickten da oben gleich neben der Sonne die neue Zeit.

Irgendwas zwischen Potsdam und Jena

Frankfurt war eine von 14 Bezirksstädten und hatte schon allein deshalb so ein neues Leuchturmarchitekturprojekt verdient. Ab 1968 baute Frankfurt den Oderturm in die Höhe. Ebenfalls 1968 wurde in Leipzig der Grundstein für das Uni-Hochhaus (142 Meter) gelegt, ein bisschen höher wuchs Jenas Uni-Turm (144), wenige Jahre zuvor hatte das "Haus der Kultur und Bildung" in Neubrandenburg einen Turm (56 Meter) bekommen und Potsdam hatte 1967 beschlossen, sich die neue "Stadtkrone" auf ein 60 Meter hohes Interhotel zu setzen.

Frankfurts Oderturm markierte mit 89 Metern die gute Mitte.

Gesellt an die Seite der historischen Hochbauten

Mit diesem Hoch-hinaus-Drang unterschieden sich die Ost-Herrscher kaum von ihren feudalen und bürgerlichen Vorgängern: Von draußen sollte man hochkucken und die Häuser der tollen Männer bestaunen, drinnen wurde aufgetafelt.

Doch diese Häuser hatten es schwer nach der Wende. Zum Einkaufen wurden neue Tempel errichtet, und die Saalspeisung kam aus der Mode. Zwar sind die meisten dieser sozialistischen Leuchttürme geblieben. Doch sie wurden umfunktioniert. Der quasi sakrale Anspruch ihrer einst beeindruckenden Außenansicht war dahin.

An die Seite der mittelalterlichen Wachtürme, der Bismarcktürme und der Wassertürme gesellten sich die DDR-Gaststättentürme als Zeugnisse der Vergangenheit. Frankfurt schaffte es dabei am schnellsten - zwischen '92 und '94 - seinen Oderturm so umzubauen, dass er weiter gewollt und gebraucht wurde.

Einen Bestwert immerhin hat er gerettet in die die neue Zeit: höchstes Gebäude Brandenburgs. Einkaufen, Arbeiten und vielleicht bald wieder Essen mit Blick in die Weite.

Sendung:

Beitrag von Stefan Ruwoldt

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