An der Tanke in Brandenburg
Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Rentner, der dem verlorenen Dorfzusammenhalt nachtrauert.
rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "An der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.
Momentan ist das Dorf ein bisschen zerstritten, in dem ich lebe. Es gibt mehrere Vereine, die gegeneinander arbeiten. Es gibt die Feuerwehr, einen Dorfklub und einen Verein Dorfleben. Die einen glauben von den anderen, sie würden übervorteilt. Jeder der Vereine macht jetzt seine eigene Veranstaltung. Ich bin in keinem Verein mehr. Ich war früher mal ehrenamtlicher Bürgermeister in Hohenbucko. Wir haben uns damals für ein gemeinsames großes Dorffest für die ganze Gemeinschaft eingesetzt. Das war eine Tradition, aber das ist alles so ziemlich zerbröselt jetzt. Erst durch Corona und jetzt durch die neuen Führer. Worum es den Vereinen geht, ist nichts Politisches. Das sind eher persönliche Dinge.
Die Freiwillige Feuerwehr ist ziemlich stark bei uns in der Gemeinde. Wir sind da ein ziemlicher Hotspot. Wir haben da ein paar Burschen, die das managen und die sind Feuer und Flamme. Wir haben auch 80 Kinder, die dabei sind. Wenn da Wettkämpfe stattfinden, dann treten zehn Mannschaften gegeneinander an. Das ist Wahnsinn.
Er gibt kurze Antworten. Dabei ist er aber nicht unfreundlich. Eher das Gegenteil. Er hat Zeit für dieses Gespräch, vielleicht macht es ihm sogar Spaß. Immer wieder lacht er.
Zuletzt habe ich vor meiner Rente beim Wasserverband Schlieben gearbeitet. Trockenheit war damals noch gar kein Thema. Das ist es heute - in unserer Gegend zumindest - auch nicht allzu sehr. Wir liegen auf 1,30 Meter über dem Meeresspiegel, auf dem Rücken so einer Endmoräne. Da gibt es wasserführende Schichten im Boden, also wirklich Lehm. Wenn ich im Garten grabe, kommt nach einem Meter Wasser. Das ist eigentlich total untypisch.
Der Wind weht stark und kalt über den Parkplatz, er lehnt entspannt an seinem Auto, Hände in den Taschen, seine dunkelblaue "Italia"- Cappy hat er gar nicht so tief ins Gesicht gezogen.
Wir waren mit unserem Enkel im Oktober mal in Rom. Und als wir ankamen, schneite es. Es war so kalt und windig, da musste ich mir die Mütze kaufen. Das war die Einzige, die es gab. Die anderen waren so verrückt bunt oder kariert. Das wollte ich nicht tragen.
Etwas unvermittelt erzählt er von den Wölfen, die in seiner Gegend leben. Da kommt er richtig ins Reden. Er jagt nicht, hat keine Schafe, ist nicht gegen sie. Es entsteht vielmehr der Eindruck, als würde er gern mal einen sehen.
Wölfe gibt es hier in der Region schon. Bei Rosenthal beginnt ein 30.000 Hektar großes Waldgebiet, da leben mehrere Rudel. Aber leider habe ich noch keinen gesehen. Hirsche habe ich letztens gesehen. Wir sind ein großes Stück in den Wald reingelaufen. Plötzlich höre ich es krachen und knistern, wie verrückt. Und ich dachte noch, was machst du jetzt? Stehst du an der falschen Stelle?
Und dann kamen 50 Meter entfernt drei Hirsche angepfeffert. Das waren solche Zweijährigen vielleicht, mit so kurzen Geweihen. Die sind wie die Irren über den Weg gerast. Das kann ja gefährlich sein, wenn Sie an der falschen Stelle stehen.
Es gibt aber einige Leute, die schon mal Wölfe gesehen haben. Zum Beispiel wie sie über die Straße rennen oder so. Man sieht manchmal auf dem Feld zerrupfte Rehe liegen. Bis jetzt sind sie hier aber noch nicht an die Nutztiere gegangen. Im Ort gibt es einen Alpaka-Hof. Der hat da so große, weiße Hirtenhunde herumlaufen. Wahrscheinlich kommen die schon mal dicht dran. Der Besitzer sagt, dass da nachts manchmal ein richtiges Spektakel ist.
Er ist ziemlich zufrieden, schimpft eigentlich auf nichts.
Ich kümmere mich selber nicht mehr so sehr um Politik. Ich kann mich nicht beschweren. Wenn ich mich beschwere, dann muss ich das wahrscheinlich auf hohem Niveau tun. Schlecht geht’s uns nicht. Wenn wir in Deutschland immer so viel klagen, dann sollten die Kläger mal woanders hinfahren, wo es nicht so ist.
Im Dorf bei mir gibt es eine ganze Menge Menschen, die vermutlich die AfD wählen wollen. Das macht mir schon irgendwie Sorgen. Ich bin eher so der Mann der Mitte. Aber ob die AfD überhaupt so viel umstülpen könnte, weiß ich gar nicht. Aber sie würden natürlich an die guten Posten kommen und Geld verdienen.
Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24
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